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Deutsch · Neuguinea.
Bericht der medizinisch-demographischen Südsee-
Sxpedition über die Gazelleholbinsel.
Von Prof. Dr. Külz und Prof. Dr. Leber.
(Hierzu eine Kartenskizze.)
I. Außerer Verlauf der Expedition. Bis
Mitte Januar war Külz auf der Karolineninsel Jap
beschäftigt. Vor seiner Abreise dorthin hatte er in
Rabaul mit dem Studium einer masernähnlichen, seit
einer Reihe von Jahren in verschiedenen Teilen des
Schutzgebietes epidemisch beobachteten Krankheit be-
gonnen und im Konjunktival-Epithel sowie den Hant-
effloreszenzen chlamydozoenartige, spezifische Gebilde
gefunden. Leber nahm nach seinem Eintreffen in Ra-
baul bis zur Rückkehr von Külz diese Studien auf,
bestätigte und erweiterte die Befunde. Eine abschließende
Arbeit über aunsere Beobachtungen wird demnächst vor-
gelegt w
Als hchsies Arbeitsfeld war eigentlich Nord= und
Süd-Neumecklenburg vorgesehen. Indessen ließen die
dort im Anschluß an die Expedition Deininger ent-
standenen Schwierigkeiten einen Aufschub unseres Be-
suches ratsam erscheinen. Dafür wurde die Gazelle-
halbinsel aufs Programm gesetzt. Nach ihrer Vereisung
sind für Leber die Salomoinseln, für Külz der Morobe-
bezirk im Süden von Kaiser-Wilhelmsland vorgesehen:
danach gemeinsame Arbeit in Neumecklenburg. Der
Rest der verbleibenden Zeit entfällt für beide auf den
mittleren und nördlichen Teil von Kaiser-Wilhelms-
land. Bei diesem Arrangement war die Ausnutzung
der vorhandenen Schiffsverbindungen, das Bestreben,
unsere Zeit zwischen Bidnatargive und Neuguinea
zu teilen, und der Wunsch, den Besuch der einzelnen
Landesteile in eine möglichst günstige Jahreszeit zu
verlegen, maßgebend.
Leider waren wir gleich im Beginn unserer Ex-
pedition auf der Gazellehalbinsel mehrfach von äußerem
Mißgeschick verfolgt, das uns jedoch die Lösung unserer
Aufgaben nicht unmöglich machte. Gleich am ersten
gemeinsamen Reisetage zog sich Leber durch Sturz
vom Pferde einen linksseitigen Schlüsselbeinbruch zu,
der seine Einquartierung im Hospital von Herberts-
höhe wünschenswert machte. Die Bereisung der in
Aussicht genommenen Bezirke wurde von Külz in Be-
gleitung des Stationsleiters Adelmann, Fräulein
Arnthal und Herrn und Frau Nolde begonnen. Am
28. Jannar erkrankte Herr Nolde an Amöbenruhr und
suchte nach Abklingen des fieberhaften Anfangsstadiums
mit seiner Frau gleichfalls das Hospital in Herberts-
höhe auf, von wo er nach drei Wochen in das Er-
bolungsheim in Toma übersiedelte. Leber war sehr
bald so weit hergestellt, daß er sich in Herbertshöhe
der Bearbeitung der unterwegs angefertigten Präpa-
rate und der lUntersuchung einer stgttlichen Zahl von
Augenkranken, die ihm aus den bereisten Dörfern
zugesandt werden konnten, widmete. Am 18. Februar
haben er und Fräulein Arnthal die mit S. M. S.
„Cormoran“ nach den Salomoinseln gegebene Ver-
bindung benutzt. während Külz, stets begleitet von
Adelmann, bis Ende des Monats die sachforschungen
auf der Engellehalbinfel weiter durchfü
luf ihr sind vier sprachlich und brte pologis•h
verschiedene Eingeborenenstämme vertreten: 1. die
Livuan, für die sich unter den Europäern und teil-
weise auch den Farbigen der Name Kanaken ein-
gebürgert hat, ein Wort, das von Fidji stammend,
außerdem für jeden Eingeborenen der Südsee schlecht-
bin gebraucht wird: 2. die Sulka; 3. die Taulil;
die Baininger. Alle vier sind aufgesucht worden.
55 Wohnsitze sind aus der beigegebenen Karten-
skizze ersichtlich. Schwierigkeiten haben wir nirgends
gehabt. Die Leute fanden sich überall zur Besprechung
und Untersuchung ein, bald mehr, bald weniger voll-
zählig. Aber überall war das Material hinreichend,
um durch genaue statistische Aufnahmen namentlich der
Weiber und ihrer Kinder einen Einblick in den Aufbau
der Bevölkerung ** ihre Aussichten zu gewinnen, und
groß genug, um über ihre Lebensbedingungen und
ihre Pathologie Ausschlüsse zu erhalten. Unser Tage-
werk verlief gewöhnlich so, daß wir nach vorheriger
Ankündigung das betreffende Dorf selbst aufsuchten,
nur ausnahmsweise die Leute nach unserem Stand-
qnartier bestellten. Meist waren die Bewohner bei
unserem Kommen bereits versammelt. Zunächst wurden
die verheirateten Frauen einzeln einem oft harte Ge-
duldsproben stellenden Examen über ihre Geburten,
Krankheiten und Todesfälle ihrer Kinder unterzogen.
Als Dolwmetscher diente der die Landessprache be-
herrschende Adelmann. Ihre Angaben wurden auf-
gezeichnet, ebenso kranthafte bei ihnen erhobene
Befunde. Die Listen sind überall dorfweise und
namentlich geführt worden, damit in späteren Jahren
vergleichende oder ergänzende Beobachtungen möglich
sind. Nach beendeter Einzelbesprechung wurden ihre
Kinder auf Frambösie, Fußwunden, Hautkrankheiten,
Milztumor usw. Kurchmustert. Zum Schlusse traten
zu gleichem Zwecke die Männer an. Wo es angebracht
schien, wurden hygienische Nasschläge erteilt. Obwohl
die Krankenbehandlung nicht so sehr für uns in Frage
steht wie die Krankheitserforschung, so muß ihr doch
schon im Interesse der besseren Fühlung mit den
Lenten ein Teil unserer Zeit eingeräumt werden. Bei
besonders dringlichen Fällen wurde gleich an Ort und
Stelle therapentisch eingegriffen, ein Verband angelegt
bzw. eine Arzgnei gegeben oder es wurde ihnen das
Aufsuchen der Poliklinik in Herbertshöhe angeraten.
Vielfach ist der Rat, selbst auf weite Entfernung hin,
befolgt worden. Vereinzelt wurden Schwerkranke auch
in ihren Hütten aufgesucht. Oft schlossen sich an die
allgemeinen Ermittlungen noch spezielle Untersuchungen
an. Wo die katholische Mission stationiert war, wurde
unsere Arbeit durch die verständnisvolle Unterstüthung
der Patres sehr erleichtert und gefördert, so daß uns
an solchen Orten immer besonders reiches und zu-
gängliches Material geboten war und wir unsere
Forschungen auf die Eutnahme von Blutproben,
Hämoglobinbestimmungen, Tuberkulinimpfungen, Unter-
suchung von Stuhlproben und mancherlei andere
Punkte ausdehnen konnten.
Den Hauptanteil unserer Zeit hatten wir dem
weitaus stärksten und am besten erschlossenen Stamme
der Halbinsel, den Kanaken, zu widmen. Danach sind
wir zu den Sulkas gegangen, von ihnen zu den Tankis
und schließlich zu den Bainingern. Da letztere allge-
mein als sehr unzugänglich galten und noch in keine
Verwaltungsorganisation einbezogen sind, hatten wir
nur einen kurzen Abstecher zu ihnen angesetzt. Wir
haben aber eine Enttäuschung zum Guten erlebt. Wir
besuchten von der Taulil-Ebene aus den Unterstamm
er Wirs nach vorheriger Ankündigung, ohne jede
Bewaffnung oder bewaffnete Begleitung. (Die einzige
Unannehmlichkeit, die wir hatten, wurde uns durch die
gahlreichen Landblutegel verursacht, die uns befielen.)