Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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unter Major v. Stümer aus deutschem Gebiet 
herausgeworfen und englisch Kisiba besetzt.“ 
Wie erinnerlich, hatten die Engländer am 
14. September v. Is. die Nordgrenze des Bezirks 
Bukoba überschritten und das Gebiet bis zum 
Kagera besetzt. Später verbreitete das englische 
Pressebureau die Meldung, daß am 20. November 
eine starke deutsche Abteilung westlich des Victoria- 
sees in Uganda eingefallen, aber unter Verlust 
von 60 Mann zurückgeschlagen worden sei, wäh- 
rend die englischen Verluste nur sechs Verwundete 
betragen hätten. Jetzt zeigt sich, daß auch 
diese englische Meldung falsch war. 
Zu einem schönen Erfolg führte ein Vorstoß 
einer Abteilung unserer Schutztruppe in englisches 
Gebiet am Südende des Tanganjikasees, 
unterstützt durch die beiden Dampfer „Hedwig 
von Wissmann“ und „Kingani“. Der amtliche 
Bericht vom 20. November sagt hierüber folgendes: 
„Belgische Kompagnie mit zwei Maschinen- 
gewehren angriff deutsche Stellung unter Leutnant 
Hasselbacher bei Pambete und Kasakalawe 
auf britischem Gebiet am Tanganjikasee, während 
„Kingani“ und „Hedwig von Wissmann“ auf Ab- 
wansport erbeuteten Telegraphenmaterials ab- 
wesend. „Hedwig von Wissmann“ kehrte zurück 
und teilnahm am Kampfe. Nach fünfstündigem 
Gefecht zurückging Gegner unter Zurücklassung von 
fünf toten Askari und unter Mitnahme von 
mehreren toten und verwundeten Europäern und 
Askari. Auf Land liegender englischer Dampfer 
„Cecil Rhodes“ wurde gesprengt. Englischer 
Dampfer von „Kingani“-Größe bei Kituta am 
Tanganjikasee von „Hedwig von Wissmann“ und 
„Kingani“ unter Kapitänleutnant Hendrick zer- 
stört. Ferner englisches Stahlboot genommen.“ 
Interessante Einzelheiten über den Vorfall bei 
Kituta liefert der nachstehend wiedergegebene 
Privatbrief eines Engländers aus Abercorn in 
Nordwest-Rhodefia, der anfangs Februar aus der 
„Morning Post“ in die deutsche Presse über- 
nommen wurde. 
In dem englischen Brief vom 3. Dezember 
heißt es: „Nachdem ich Euch letzte Woche ge- 
schrieben hatte, kam hier eine große Erregung. 
Der belgische Major, der das Kommando über 
die Truppen hatte, die herunter nach Kituta ge- 
sandt wurden, gab Nachricht, daß die Deutschen 
eine Streitmacht von 1000(!) Mann gelandet hätten, 
und alles sich nach Abercorn zurückgezogen habe. 
Mir gingen auf einen Abstand von 10 Meilen 
heraus und hörten das Feuer. Die Mannschaften 
kamen dann zurück. In der Tat war die An- 
gelegenheit ein Fiasko. Die Deutschen hatten 
eine kleine Streitkraft gesandt und unter Deckung 
ihrer beiden Dampfer (auf dem Tanganzjikasee), 
welche Zehnpfünder-Schrapnells abgeschossen hatten, 
  
hielten sie uns sern und wurden uns unbequem. 
Der Oberst, ein Engländer, war wütend, und wir 
marschierten alle am nächsten Tage zurück und 
fanden dann, daß die Deutschen Telegraphen- 
material im Werte von 30 000 Pfund mitge- 
nommen hatten. Es war in der Tat ein großer 
Coup für die Deutschen. Hätten wir nur unseren 
Siebenpfünder hier gehabt, dann würden wir 
ihre Schiffe zum Sinken gebracht haben. Wir 
waren 800 Mann.“ 
Erläuternd sei hierzu noch folgendes bemerkt: 
Kituta und Kasakalawe sind Hafenplätze 
mit kleinen Dörfern am Südende des Tanganjika. 
Ersteres gilt als Hafenplatz für den auf dem 
Tanganjikaplateau liegenden Ort Abercorn, dem 
Sitz der Verwaltung von Nordost-Rhodesia; Kasa- 
kalawe, westlich von Kituta, war Stapelplatz für 
das noch in großen Mengen vorhandene Tele- 
graphenmaterial, das seinerzeit für den Weiterbau 
der Cecil-Rhodes'schen Transkontinental-Tele- 
graphenlinie Kap-Kairo (die aber 1902 nur bis 
Udjidji gelangte) dort niedergelegt worden war. 
Kasakalawe war auch der Liegeplatz für den im 
Jahre 1901 zum Weitertransport des Materials 
auf den See gebrachten kleinen Dampfer „Cecil 
Rhodes“, von der Größe der „Hedwig von Wiss- 
mann“. Dieser erlitt dort 1903 infolge Auf- 
laufens auf einen Felsen Havarie und wurde, da 
vorläufig nicht mehr benötigt, auf Strand ge- 
zogen. Der andere englische Dampfer (von 
„Kingani“-Größe"“) ist die „Good-News“. Sie 
war der älteste der den Tanganjika befahrenden 
Dampfer. — Nachdem am 22. August v. J. auch 
der belgische Dampfer am Lukuga-Ausfluß von 
„Hedwig von Wissmann“ schwer beschädigt worden 
ist, befindet sich nunmehr kein fremdes 
Fahrzeug mehr auf dem Tanganjika. Der 
deutsche Dampfer „Hedwig von Wissmann“ befährt 
den See seit 1900, „Kingani“ diente früher an der 
ostafrikanischen Küste als sogenannter Zollkreuzer 
und war jetzt wohl nach Kriegsausbruch mit der 
Bahn von Daressalam nach dem Tanganjika ge- 
bracht worden. Es handelt sich um zwei win- 
zige Schiffe. 
Über eine, angeblich am 15. Dezember v. J. 
erfolgte Beschießung von Daressalam er- 
fuhren wir zuerst Anfang Januar d. J. durch 
eine von Reuter verbreitete, aus Nairobi, der 
Hauptstand Britisch-Ostafrikas, stammende Mit- 
teilung. 
Danach machten die englischen Kriegsschiffe 
„Goliath“ und „Fox“ am 15. Dezember einen 
erfolgreichen Vorstoß auf Daressalam. Sie 
näherten sich dem Ort bei völlig undurchsichtigem 
Regenwetter, lagen mehrere Stunden in Schuß- 
weite auf dem hohen Meere, ohne vom Feinde
	        
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