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Leutnant d. Res. Feldmann und Leutnant d. Res.
Baerensprung) sowie ich und die Frauen und Kinder
bekamen durch die Liebenswürdigkeit eines englischen
Offiziers zu essen, wie wir überhaupt im allgemeinen
besser behandelt wurden. Die übrigen Gefangenen,
die im Salon der 2. KRlasse zusammengepfercht waren,
haben während der Überfahrt von Victoria nach Duala
meines Wissens nichts zu essen bekommen, auch die
Nacht über nicht, während der Dampfer vor Duala
lag. Vor der Tür des Salons standen zwei weiße
Soldaten mit aufgepflanztem Seitengewehr. In Duala
angekommen, mußten wir uns in den Hof der Baseler
Missiond-Oandlungsgesellschaft begeben, der als Kriegs=
gefangenenlager eingerichtet war. Unuser Gepäck wurde
genau untersucht. Vor allem wurden alle Papiere
durchgesehen und zum größten Teil zurückbehalten.
Dann wurde uns das Geld bis auf 100 Mark ab-
genommen. Ich habe hierfür eine Inittung erhalten
und, soviel ich weisz, auch die anderen Gefangenen. Die
Verpflegung während des Aufenthalts im Gefangenen-
lager war, wenn auch nicht gut, so doch auoreichend.
Nach dem 22. November wurden sämtliche Männer und
die meisten Frauen des ersten Transports auf den
vor Duala liegenden englischen Dampfer „Appam“
gebracht.“
Eine in Deutschland eidlich vernommene
Zeugin aus Buca gibt über das Auftreten der
Engländer dort noch folgendes an:
„Die Häuser wurden mit Eingquartierung belegt,
aber nur von Weißen; dagegen wurden die Schwarzen
massenhaft in den Hausgärten untergebracht. Mein
Haus blicb frei; es ist mir auch, solange ich in meinem
Hause war, kein Schaden an meinen Sachen zugefügt
worden. Dagegen habe ich von anderen gehort, daß
zahlreiche Sachbeschädigungen und Diebstähle
durch die Truppen unter den Augen der Offi-
ziere begangen worden sind. Juobesondere habe
ich erfahren, daß einem Oberbeamten aus einem ver-
schlossenen Roffer sehr viel Wäsche, Bilder und andere
wertvolle Sachen gestohlen worden sind. daß im
Missionsgebande Tische und Bänke zertrümmert und
als Feuerholz verwandt worden sind, ebenso, wie die
Vorräte der Gouvernementotischlerei. Ich habe selbst
gesehen, daß der Garten der Mission ausgeraubt
und zertrampelt worden ist. Auch das Vich
der Mission ist weggenommen worden. Alle
Zivilpersonen, einschließlich der Frauen, mußten ihr
Ehrenwort dahin abgeben, daß sie nichts gegen die
Engländer und Frangosen unternehmen und nicht
fliehen würden.
In der zeit vom 21. November ab wurden alle
Deutschen in verschiedenen Transporten und unter dem
(Geleit schwarzer Soldaten auf ein Schiff gebracht.
An (Kcpäck durften wir drei Lasten zu je 30 ku mit-
nehmen. Unser übriges Eigentum mußten wir zurück-
lassen. Die Verpflegung auf dem Schiff war der
Menge nach ungeniugend, der Beschaffenheit nach sehr
schlecht. Das Es#geschirr war äußerst unsauber; man
ekelte sich, es zu benutzen. Die Männer mußten ihr
Essen in einem anderen Raume stehend einnehmen.
Es war noch mehr ungenügend in der Menge als
unseres. Alle Frauen waren in MNabinen untergebracht,
ebenso die Eheraare und einige Offizgiere und Beamte.
Die anderen Männer, anfangs übrigens auch Beamte,
waren in einem einzigen Raum, Eßsaal 2. RKlasse,
untergebracht, und zwar auch die Krankent.). An-
fangs hatten sie keine Betten. Später erhielten sie
Matratzen und Decken.
Die Offiziere, namentlich einer, die uus auf dem
Schiff mit ihren Leuten bewachten, benahmen sich auch
gegen uns Frauen höchst unritterlich. Einer zeigte
uns öfter englische Zeitungen mit Lügennachrichten
und Beschimpfungen unseres Kaisers, wobei er
triumphierend lächelte. Er riß auch einmal einer
Dame, die Wintersachen in Empfang nehmen wollte
und eine zeitung in der Hand trug, diese aus der
Oand mit den Worten: „Das sind keine Wintersachen.“
Mir gegenüber erging sich einer der Offiziere in be-
leidigenden Außerungen über unsere Schutztruppe,
obwohl er wußte, daß mein Mann als Offizier bei
dieser stand.
Ehe der Dampfer abging, wurde sämtlichen
Deutschen ihr Geld bis auf einen Betrag von je
100 . von Offizieren abgenommen. UÜber die ab-
genommenen, teilweise sehr bohen Summen erhielten
wir Bescheinigungen in Gestalt von kleinen, mit
Bleistift beschriebenen getteln, auf welchen Geldsummen
in englischer Währung zu einem auffällig niedrigen.
für die Deutschen nachteiligen Kurs verzeichnet waren.
Die schlechte Ernährung und der Mangel an Suß-
wasser, der tägliches Baden und häufiges Recinigen
der Leibwäsche nicht gestattete, hatte zur Folge, daß
bei den Kindern sich Krankheiten einstellten, insbesondere
Roter Hund, Brechdurchfall, Furunkulose."
Hiernach haben also auch die aus Buea in
die Kriegsgefangenschaft weggeführten Deutschen
sowohl noch in Kamerun selbst als auch auf der
Fahrt nach England ähnliche Leiden erdulden
müssen, wie die aus Duala abgeführten Deutschen.
Die Besetzung Edeas war den vereinigten
Engländern und Franzosen nur nach dem hart-
näckigsten Widerstand gelungen. Unser Rückzug
aus Duala über Japoma nach dem Dibamba=
Abschnitt — zwischen dem Dibamba-Fluß und
Edea — ist unter heftigen Känipfen erfolgt. Ein
französischer Offizier berichtet darüber folgendes:
„Japoma wurde nach zwei heftigen Ge-
fechten eingenommen; die Brücke über den
Dibamba-Fluß war unterminiert; um sie über-
schreiten zu können, mußten acht Kanonen in
Aktion treten. Die deutschen Maschinengewehre
sind ausgezeichnet und richteten schweren Schaden
an. Nach Uberschreiten der Brücke war das
Vorrücken womöglich noch schwieriger; denn die
Deutschen besaßen einen gepanzerten Wagen.
Schließlich brachten wir Marinegeschütz 75 in
Stellung und zerstörten den Panzerwagen mit
fünf bis sechs Schüssen. Unsere Tirailleurs ver-
folgten den Feind 40 km weit.“
Nachdem bis zum 21. Oktober 1914 der
Dibamba-Abschnitt gehalten worden war, mußte
sich unsere Truppe nach Edea zurückziehen.
Gegen diese rückte der Feind von drei Seiten
heran: von der Landseite über den Dibamba-
Abschnitt, dann vom Sanaga-Strom her aufwärts
und zuletzt von der Seeseite den Njong-Fluß
aufwärts. Der Angriff vom Sanaga her ist
durch den ungewöhnlich hohen Wasserstand und
durch die verräterischen Malimba und
Batanga begünstigt worden. Die dritte feind-
liche Kolonne, welche auf dem Njong herankam,