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den Motorschoner „Delphin“, der im Hafen lag,
beschlagnahmt und auch dort die japanische Flagge
hochgezogen. Ein Offizier mit einer Anzahl
Soldaten stürmte dann ins Privatkontor des Ver-
treters der Jaluit-Gesellschaft, Petersen,
und forderte diesen auf, zu dem Kapitän der
Landungstruppe, Kapitän Matsuoka, zu kommen.
Dieser erklärte Petersen, es sei ihm jedenfalls
bekannt, daß Deutschland sich mit Japan im
Kriege befände. Petersen verneinte dies. Darauf
teilte ihm der Kapitän mit, daß seit dem 23. August
Krieg zwischen Deutschland und Japan sei, und
daß er den Auftrag habe, die Ostkarolinen
und Ponape in Besitz zu nehmen. Wenn kein
Widerstand geleistet würde, seien Privateigentum
und Leben geschützt. Petersen erklärte, daß sie
Widerstand gar nicht leisten könnten. Er wurde dann
von dem japanischen Befehlshaber ersucht, dem
höchsten Beamten am Platze, stellvertretenden Be-
zirksamtmann Köhler, ein Schreiben zu über-
bringen, in dem dieser aufgefordert wurde, sich zu
ergeben, da Widerstand nutzlos sei und nur unnützes
Blutvergießen kosten würde. Der Bezirksamtmann,
Assessor Köhler, hatte sich mit den beiden Polizei-
meistern und der größten Anzahl Soldaten mit
der Kasse in den Busch begeben. Am Abend des
nächsten Tages stellte er sich aber dann allein
dem japanischen Befehlshaber. Er wurde nach
kurzem Verhör als Gefangener erklärt, ihm aber
später Bewegungsfreiheit auf Ponape selbst ge-
stattet, jedoch mit dem Hinweis, daß er mit der
nächsten Gelegenheit nach Japan gebracht werde.
Die beiden Polizeimeister kamen am 9. Oktober
mit den Polizeisoldaten an, wurden aber nach
kurzem Berhör freigegeben. Alle Beamten, außer
dem Bezirksamtmann Köhler, wurden sofort ge-
fragt, ob sie in japanische Dienste treten wollten.
Außer dem Regierungsarzt Dr. Girschner und
einem gewissen Sekine sowie dem spanischen
Staatsangehörigen Villazon weigerten sich sämt-
liche Beamten und Angestellten, bei den Japanern
Dienste zu nehmen, worauf ihnen gleichfalls er-
öffnet wurde, daß sie mit nächster Gelegen-
heit die Jusel zu verlassen hätten. In der
Nacht vom 8. zum 9. Oktober fuhren die Schiffe
ab. Als Vertreter der japanischen Gewalt blieb
Fregattenkapitän Matsuoka mit seinem Stab und
über 100 Soldaten zurück. Den beschlagnahmten
Motorschoner „Delphin“ überließ er der Jalüuit-
Gesellschaft weiter zur Benutzung. Später wurde
die Beschlagnahme wieder zurückgezogen. Die
Kohlenlager der Jaluit-Gesellschaft wurden nicht
berührt. Der Fregattenkapitän erkundigte sich
zwar, wem die Kohlen gehörten, erklärte aber
nachher, er brauche sie nicht. Am 21. Oktober
kam das japanische Geschwader, wohl von Truk
kommend, wieder vor Ponape an. Der Admiral ließ
dem Bertreter der Jaluit-Gesellschaft, Petersen,
sagen, daß die Firma ihren Handel wie bisher
weiter betreiben könne, und ihr keinerlei Hinder-
nisse in den Weg gelegt werden sollten. Dies
scheint auch, soweit der Bericht reicht, nicht ge-
schehen zu sein. Am 13. November traf ein
japanischer Dampfer ein, der Proviant an Bord
hatte. Das Schiff ließ von diesem Proviant, so-
viel als gebraucht wurde, ab, allerdings zu einem
Preise, der um 50 v. H. höher war als der
sonstige Einstandspreis. Am 21. November kam
dann ein japanischer Transportdampfer an und
nahm von dort folgende Personen an Bord:
Assessor Köhler, Sekretär Gentner mit Frau
und Kind, die Polizeimeister Kammerich und
Ludwig, die Kaufleute Hopp, Schumacher
und Hammann (Jaluit-Gesellschaft), Kapitän
Hellvoigt, den Maschinisten des Motorschoners
„Delphin“, 2 weitere in dem betreffenden Bericht
nicht mit Namen genannte Herren und 2 Matrosen
von S. M. S. „Gneisenau“, die seiner Zeit von
diesem Kreuzer wegen schwerer Erkrankung auf
Ponape zurückgelassen worden waren. Medizinalrat
Dr. Girschner blieb der abgegebenen Erklärung
entsprechend auf Ponape zurück. Am 1. Dezember
kamen die Genannten in Japan an und wurden dann
nach den üblichen Formalitäten freigelassen. Die
Beamten verließen am 13. Dezember mit dem
Dampfer „Mongolia“ Yokohama mit der Be-
stimmung nach S. Franzisko, während die anderen
Herren noch einige Zeit dort verbleiben mußten.
Die beiden Matrosen von S. M. S. „Gneisenau“
waren in ein Gefangenlager gebracht worden.
Weitere Nachrichten als der bis zum 20. No-
vember reichends Bericht des Vertreters der
Jaluit-Gesellschaft Petersen liegen zur Zeit hier
nicht vor.
5. Truk. Diese Inselgruppe wurde am
12. Oktober 1914 von dem gleichen Geschwader,
das in Ponape war, militärisch besetzt. Die Über-
gabe der Station erfolgte am gleichen Tage durch
den Stationsvorsteher Ueberhorst im Beisein des
Regierungsarztes Dr. Mayer, des Paters Su-
perior Ignatius und des Sanitätsgehilfen
Nusser. Als Dolmetscher fungierten der Leiter
der japanischen Gesellschaft Nakamoto und Pater
Siegbert. Der Stationsleiter und der Regierungs-
arzt erklärten sich auf Befragen zunächst bereit,
die Geschäfte weiter zu führen, da die Japaner
ausdrücklich versichert hatten, daß an dem bis-
herigen Zustande nichts geändert werden solle;
denn es handle sich nur um eine militärische
Okkupation. Schutz des Privateigentums wurde
ausdrücklich zugestanden. Gleich in den ersten
Tagen wurden dann sämtliche Regierungsboote
beschlagnahmt und äußerlich durch die aufgemalte
japanische Flagge am Bug als solche gekenn-