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Notariatsprahtihant Geistler .
Der Notariatspraktikant «
Herr Paul Geißler
ist am 15. November 1914 im Kriegslazarett in Grand-Pré seinen auf dem Schlachtfelde erhaltenen
Wunden erlegen.
Der Berstorbene war dem Hamburgischen Kolonial-Institut zur Vorbildung für den Kolonial=
dienst überwiesen und hat sich als sehr fleißiger und pflichttreuer Beamter bewährt.
Ein ehrendes Andenken ist ihm gewiß.
Berlin, den 27. März 1915.
Der Staatssekretär des Reichs-Kolonialamts.
Solf.
uchtamtlicher Teil Gece
Denkschrikt über die Verhandlungen, betreffend die Neutralisierung
des Ronventionellen Kongobeckhens.
Der Artikel 11 der Kongoakte vom 26. Februar 1885) fieht vor, daß die in der konventio-
nellen Freihandelszone liegenden Besitzungen der Signatarmächte neutralisiert werden sollen, wenn
das betreffende Mutterland in einen Krieg verwickelt wird; und zwar verpflichten sich die die Akte
unterzeichnenden Mächte, ihre guten Dienste zu leihen, damit im Einverständnis mit den krieg-
führenden Teilen die Neutralität der betroffenen Gebiete erklärt wird. Die zur Zeit im Kriege be-
findlichen europäischen Staaten besitzen in der freien Handelszone folgende Gebiete:
Deutschland: Ganz Deutsch-Ostafrika, etwa ein Drittel von Kamerun;
England: Ganz Britisch-Ostafrika, das ganze Uganda-Protektorat, das ganze
Nyassaland-Protektorat, einen kleinen Teil von Nord-Rhodesien;
Frankreich: Etwa die Hälfte von Französisch-Aquatorial-Afrika;
Belgien: Den ganzen Belgischen Kongo.
Wie das gegen Ende vorigen Jahres erschienene belgische Graubuch (Correspondance
diplomatique relative à la Guerre de 1914) ergibt, haben zwischen den verbündeten Mächten
Belgien, Frankreich und England auf Anregung der belgischen Regierung alsbald nach Ausbruch
des Krieges Verhandlungen stattgefunden, welche die Neutralisierung des konventionellen Kongobeckens
zum Gegenstand hatten. Der zwischen den genannten Regierungen geführte Schriftwechsel kann
um so mehr ein allgemeineres Interesse beanspruchen, als er auf die Beweggründe ein bezeichnendes
Licht wirft, die letzten Endes für die ablehnende Haltung der verbündeten Mächte in der vorliegenden
Frage maßgebend gewesen sind.
Die betreffeuden Schriftstücke werden daher nachstehend im Urtext und in deutscher über-
setzung wiedergegeben.
*) Der Artikel 11 der Kongo-Akte hat folgenden Wortlaut:
Article 11.
Dans le cas on une Prissance exercçant des droits
de souverainete ou de potcctorat dans les contrées
mentionnées à P’amicle 1 et placé# sous le regime de
la libertd commerciale sernit impliqnée dans une
kuerre. len Haute, Parties sighataire“ du prérent Acte
et celles qui y adlreront par la suite siengagen à
preter leurs bons offices pour qdue les territoires appar-
tenant à ceite Puissance et compris dans la zone
vronventionnelle de la lillerté commerciale soient, du
consentement commun de ceite Puissance et de lautre
ou des autres parties belligérantes. plucés pour la
durée de ln guerre sous le regime de In neutralité et
considérés comme anspertenant a un Etat non- belli-
gérant; les parties belligérantes renoncernient, d##4
lors, à Ctendre les hostiliés aux territoires niunsi neu-
tralisés, aussi bien qu'à les faire ser#ir de hase à des
Oérations de guerrc.
Artikel 11.
Falls eine Macht. welche Souverünitäts= oder
Protektoratsrechte in den im Artikel 1 erwähnten und
dem Freihandelosystem unterstellten Ländern ausübt,
in einen Krieg verwickelt werden sollte, verpflichten
sich die Hohen Teile, welche die gegenwärtige Akte
untergeichnen, sowie diejenigen, welche ihr in der Folge
beitreten, ihre guten Dienste zu leihen, damit die dieser
Macht gehörigen und in der konventionellen Frei-
handelszone einbegriffenen Gebicte, im gemeinsamen
Einverständnis dieser Macht und des anderen oder der
anderen der kriegführenden Teile, für die Dauer deds
Krieges den Geseten der Neutralität unterstellt und
so betrachtet werden, als ob sie einem nicht krieg-
führenden Staate angehörten. Die kriegführenden
Teile würden von dem geitpunkt an darauf VDerzicht
zu leisten haben, ihre Feindseligkeiten auf die also
neutralisierten Gebiete zu erstrecken oder diesc als
Basis für kriegerische Operationen zu bennzen.