Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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Was den zur Zeit in französischen Händen 
befindlichen Teil Togos anlangt, so ist in dem 
Geheimbericht über die Besetzung Togos, den die 
englische Regierung Mitte März d. Is. dem Unter- 
haus vorgelegt hat, davon die Rede, „daß der 
Norden der deutschen Togokolonie sich bis jetzt 
noch nicht unterworfen habe“. Diese englische 
Mitteilung ist nach Privatnachrichten insoweit zu- 
treffend, als in Nordtogo, und zwar in gewissen, 
mit mohammedanischen Elementen durchsetzten 
Teilen des Sokodebezirks, die Eingeborenen sich 
geweigert haben, die französische Herrschaft anzu- 
erkennen: sie seien nur den Deutschen untertan. 
Inwieweit diese Auflehnung etwa auf Bewegungen 
zurückgeführt werden kann, die aus der Verkündung 
des „heiligen Krieges“ hervorgehen, entzieht sich 
vorläufig der Beurteilung. Hierbei ist es an- 
scheinend zu einzelnen blutigen Zusammenstößen 
mit den Eingeborenen gekommen, ohne daß aber 
diese durch Deutsche geführt oder sonst unterstützt 
worden wären. 
Dieser Widerstand hat naturgemäß auf die 
militärische und politische Besitzergreifung des öst- 
lichen Teils von Togo durch die Franzosen keinen 
dauernden Einfluß ausüben können. Dagegen 
hat die von der französischen Regierung angeordnete 
Schließung der deutschen Faktoreibetriebe und die 
dadurch hervorgerufene Unterbindung des Handels- 
verkehrs zu einer solchen Unzufriedenheit der Ein- 
geborenen geführt, daß sich die französische Ver- 
waltung veranlaßt sah, für die Läden deutscher 
Firmen im Anecho= und Atakpamebezirk und 
wahrscheinlich auch im Sokodebezirk seit Januar 
d. Js. die Wiedereröffnung zuzulassen. Bezeich- 
nenderweise hatte sie aber in der vorhergegan- 
genen Zeit aus den von ihr geschlossen ge- 
haltenen deutschen Faktoreien nach Belieben Waren 
entnommen, ohne den schwarzen Angestellten 
irgendwelche Empfangsbescheinigungen dafür aus- 
zuhändigen. Der Handelsbetrieb wird ausschließ- 
lich durch Schwarze geführt, weil es nach wie 
vor keinem Deutschen erlaubt ist, in das von den 
Franzosen besetzte Gebiet hinüberzugehen. Der 
Betrieb beschränkt sich, wie in dem englischerseits 
besetzten Teil Togos, wohl in der Hauptsache auf 
den Ausverkauf der vorhandenen Warenbestände. 
Dagegen ist der Abtransport von Bargeld seitens 
der französischen Verwaltung in Togo bisher nicht 
zugelassen worden. 
(Abgeschlossen am 7. Mai 1915.) 
MO 
  
IV. Deutsch= Südwestafrika. 
Über die nach Abschluß der letzten Mitteilung in 
Südwestafrika stattgehabten kriegerischen Ereignisse 
liegen noch keine amtlichen deutschen Meldungen 
vor. Wir sind vielmehr für die folgenden Dar- 
legungen gänzlich auf ausländische, in erster Linie 
englische, durch Reuter verbreitete Berichte an- 
gewiesen. Da letztere erfahrungsgemäß fast durch- 
weg eine einseitige Darstellung geben, so läßt 
sich daraus ein einwandfreies Bild der Lage natür- 
lich nicht gewinnen. Aus der vielfach gewundenen 
und verschleiernden Art der Berichterstattung ist 
insbesondere nicht zu entnehmen, wie hoch die 
Erfolge der englisch-südafrikanischen Streitkräfte 
im Einzelnen einzuwerten sind. 
Immerhin ist die Tatsache nicht zu leugnen, 
daß die feindlichen Truppen bereits weit ins 
Innere des Schutzgebiets vorgedrungen sind. 
Dies gilt besonders vom Süden, dessen Besetzung 
aus drei Richtungen, anscheinend ohne größeren 
Widerstand von deutscher Seite, erfolgt ist. Da- 
gegen scheinen die von Swakopmund aus in 
Richtung Windhuk unter persönlicher Führung 
Bothas vorgehenden Truppen erheblicheren Wider- 
stand gefunden zu haben. 
Im einzelnen wäre über die neueren Be- 
wegungen in Südwestafrika folgendes zu sagen: 
Nachdem es den nur schwachen deutschen 
Abteilungen gelungen war, im Laufe des Februar 
und in der ersten Hälfte des März die aus der 
Richtung Lüderitzbucht, vom Oranje über Warmbad 
und ferner über die Südostgrenze vorrückenden 
feindlichen Streitkräfte aufzuhalten, mußten sie in 
der zweiten Märzhälfte beginnen, sich vor der 
andringenden Ubermacht allmählich nach Norden 
zurückzuziehen. 
So gelang es der von Südosten über Hasunr, 
Plattbeen und Ukamas vorgehenden feindlichen 
Kolonne, in den Besitz der Gegend östlich der 
Karasberge zu gelangen, von wo aus sie dann 
den Vormarsch in Richtung Kabus, etwa 30 km 
nördlich Keetmanshoop, fortsetzte. Die vom Süden 
anrückende Kolonne gelangte über Warmbad nach 
Kalkfontein, dem Endpunkt der Südbahn, von 
wo sie weiter über Seeheim auf Keetmanshoop 
vorstieß, das sie am 20. April besetzte, nachdem 
der Ort angeblich am 19. von den Deutschen 
bis auf 100 weiße Bewohner geräumt worden 
war. Die Stadt soll unbeschädigt sein; nur 
wurden Telephon= und Telegraphenämter zerstört. 
Die dritte, von Lüderitzbucht seinerzeit bis 
Garub gelangte Kolonne hatte nach dem miß- 
glückten Vorstoß vom 22. Februar am 2. April 
Aus erreicht und war von dort, ohne auf Wider- 
stand zu stoßen, über Schakalskuppe und Knuibis 
auf Brackwasser und Bethanien vorgerüdkt,
	        
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