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der verschiedenen, mehr oder weniger entfernten
Außenstationen — in Australien eintrafen, mit
den Dampfern der amerikanischen Oceanie Steam
Ship Co. zunächst nach S. Franzisko, dann über
Land nach New York und von da mit Dampfern
skandinavischer Linien über Kopenhagen nach
Deutschland gereist. Die skandinavischen Dampfer
sind von britischen Hilfskreuzern bei den Shetland-
Inseln revidiert worden. Indessen wurden die
australischen Pässe anstandslos respektiert.
In Deutschland sind die Schutzgebietsbeamten,
soweit zum Militärdienst geeignet, sofort bei ihren
Truppenteilen oder als Kriegsfreiwillige einge-
treten. Die Militärdienstuntauglichen haben im
Reichs-Kolonialamt oder bei anderen Behörden
eine interimistische Verwendung gefunden.
Die deutschen wirtschaftlichen Unternehmungen
im Schutzgebiet scheinen, soweit die spärlich ein-
gehenden Nachrichten einen Rückschluß zulassen,
ungestört ihren Gang zu gehen. Die Pflanzungen,
bekanntlich ausschließlich Kokospalmenpflanzungen
an den Küstensäumen der zahlreichen größeren
und kleineren Inseln, leiden allerdings unter Ar-
beitermangel. Die Arbeitergesetzgebung des Schutz-
gebiets ist bekanntlich recht kompliziert, und es
erscheint erklärlich, wenn die australische militä-
rische Verwaltung den WMünschen der Pflanzer
und sonstigen Arbeitgeber nicht so umfassend ent-
gegenkommt, wie die deutsche Schutzgebietsver-
waltung es zu tun pflegte. Auch ist der Absatz
der Pflanzungsprodukte, fast ausschließlich Kopra,
mehr oder weniger behindert. Die Marktpreise
waren nach Kriegsausbruch für längere Zeit sehr
gedrückt. Und nach Einstellung des Betriebes der
Dampferlinien, welche das Schutzgebiet zu bedienen
pflegten, muß die Abfuhr der Produkte unter Auf-
wendung entsprechender Mehrkosten über Anstralien
gehen. In Australien hatten die Behörden anfäng-
lich die Kopra unter dem - Trading with the enemy
actbeschlagnahmt. Es ist indessen dem stellvertreten-
den Gouverneur durch längere, unter Vermittlung
des Generalkonsuls für die Vereinigten Staaten
geführte Verhandlungen gelungen, zu erreichen,
daß die australischen Behörden den Verkauf der
aus dem Schutzgebiet stammenden Kopra zugelassen
haben. Hiernach darf angenommen werden, daß
es den deutschen wirtschaftlichen Unternehmungen
im Schutzgebiet gelingen dürfte, sich bis zum
Friedensschlusse zu erhalten.
Der zum militärischen Administrator von
Deutsch-Neuguinea ernannte Oberst Holmes, vor
Kriegsausbruch Kommandeur der 6. Australischen
Infanterie-Brigade, ist im Januar 1915 nach
Australien zurückgekehrt und dem Vernehmen nach
in das Zivilleben getreten. Der General-Gou-
verneur der Commonwealth hat an dessen Stelle
den Commander Pethebridge unter Ernennung zum
Obersten mit der militärischen Administration von
Deutsch-Neuguinea betraut.
B. Inselgebiet. Wie aus den übrigen
Teilen der Südsee, so find auch aus dem Insel-
gebiet seit der letzten (dritten) Mitteilung Nach-
richten nur sehr spärlich eingegangen. Dies er-
klärt sich daraus, daß nahezu sämtliche deutsche
Ansiedler von der Erlaubnis der Japaner, die
besetzten Gebietsteile zu verlassen, Gebrauch ge-
macht haben. Von ganz wenigen Ausnahmen
abgesehen, sind nur die Angehörigen der ver-
schiedenen Missionen im Inselgebiet zurückgeblieben.
Die kurzen Mitteilungen, die sie hierher gelangen
lassen konnten, zeigen aber, daß die Japaner
den Missionsgesellschaften bei der Ausübung ihrer
Tätigkeit offenbar keinerlei Hindernisse in den
Weg legen. So schreibt ein Mitglied der Kapu-
ziner-Mission von den Trukinseln unter dem
2. Dezember:
„Wir sind nun allein unter den Japanern.
Bis jetzt läßt es sich unter ihnen ganz frank und
frei leben. Sie sind überaus zuvorkommend und
freundlich, und ich hoffe, daß sie es auch bleiben.
Sonst geht es uns allen gut hier."“
Ahnlich sprechen sich auch die Missionare der
protestantischen Liebenzeller Mission aus. Es
liegen zwei Briefe vom 17. und 19./20. Oktober
aus Ponape vor, die gleichfalls bezeugen, daß
es den dortigen Missionaren gut gehe und daß
sie ungehindert arbeiten konnten. Nur würden
sie keinen deutschen Unterricht mehr geben, was
ihnen jedenfalls verboten worden sei.
Uber die Besetzung der Palau-Gruppe (West-
Karolinen) sowie von Saipan (Marianen), über
die in der letzten Mitteilung noch nichts Näheres
gesagt werden konnte, sind inzwischen Nachrichten
eingegangen. So berichtet der Stationsleiter der
Palau-Inseln, Winkler, daß am 8. Oktober v. Is.
zwei japanische Kriegsschiffe und zwei Transport-
schiffe vor dem Malakal-Hafen erschienen sind und
dort nach den üblichen Verhandlungen mit dem
Stationsleiter die japanische Flagge gehißt haben.
lber das Benehmen der Japaner bei der Be-
setzung der Palau-Gruppe war nach dem Bericht
des Stationsleiters im allgemeinen keine Klage
zu führen. Daß die Privatsachen unberührt
blieben, sei bei jeder Gelegenheit betont und von
den Offizieren auch strengstens befolgt worden,
nicht aber immer von den Soldaten. Eine große
Enttäuschung bereitete es den Japanern, daß sie
hier so wenig Geld vorfanden. Sie glaubten,
daß die sämtlichen Abgaben, welche die Südsee-
Phosphat-Gesellschaft in Angaur an Gebühren
und Ausfuhrzöllen entrichtet, sich in der Stations-
kasse befänden.