Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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diesen Platz am 15. November ein. Der amt- 
liche englische Bericht sagt, daß von den hier 
vorgegangenen britischen Truppen keine Europäer 
gefallen seien, und der Feind sich nach allen 
Seiten zerstreut habe. Hiernach ist anzunehmen, 
daß die Besetzung Victorias und Bueas ohne 
ernstlichen Kampf vor sich gegangen ist. Victoria 
war als offener Küstenplatz und in dem Bereiche 
der Schiffskanonen liegend auf die Dauer nicht 
zu verteidigen. 
Nach Buea hatte man, wie nach Privatnach= 
richten anzunehmen ist, zur Zeit der Besetzung 
wohl in der Hauptsache die Frauen und Kinder 
aus den offenen Küstenplätzen und Niederlassungen 
am Kamerunberg unter Bewachung von einzelnen 
wenigen Beamten in Sicherheit gebracht. Diese 
Frauen und Kinder sollen auf englischen Dampfern 
nach Europa gebracht werden. 
Wenn die Feinde erst im November die 
Besetzung von Victoria und Buea durchge- 
führt haben, so war dafür wohl die Erwägung 
maßgebend, daß ihnen in erster Linie daran 
gelegen sein mußte, die Hauptstadt und den 
Haupthafen des Schutzgebietes, nämlich die Stadt 
Duala, wo der Hauptwiderstand an der Küste 
organisiert wurde, und von wo zwei Bahnen ins 
Innere nach Süden und Norden führten, zu 
nehmen. 
Das Schicksal Victorias bei der ersten Be- 
setung Anfang September schildert ein Privat- 
bericht eines Pflanzers aus Victoria, der am 
29. September Kamerun verlassen hat. Der 
wesentliche Inhalt des Berichtes wird nachfolgend 
wiedergegeben: 
Am 5. September erschienen im Hafen vor 
Victoria der englische geschützte Kreuzer „Cumber= 
land“ sowie das englische Kanonenboot „Dwarf“ 
und landeten daselbst Truppen. Darauf wurden 
die Telephonleitungen zerstört und die Apparate 
weggenommen sowie in einigen Faktoreien Waren 
und Getränke vernichtet. In dem unmittelbar 
an Victoria anschließenden Kakaohafen ging 
ebenfalls eine Abteilung an Land, besichtigte das 
Magazin, die Bahnanlagen sowie verschiedene 
andere Gebäude, umstellte das Haus des Direktors 
der Westafrikanischen Pflanzungsgesellschaft und 
zerstörte dort ebenfalls die Telephonanlagen. 
Eine nochmalige Besichtigung des Magazins endete 
mit dem Ersuchen, Waren zur Verpflegung im 
BVerte von 10 000 . zu liefern, was auch gegen 
Quittung geschah. 
Mittlerweile war von unserer Truppe, die 
einige Stunden hinter Victoria in besfestigter 
Stellung Lager bezogen hatte, den Engländern 
das Ultimatum gestellt worden, Victoria sofort 
zu räumen, widrigenfalls der Angriff unmittelbar 
erfolgen würde. In wilder Flucht stürzte nun 
  
alles in die Boote, um sich an Bord der beiden 
Schiffe zu begeben. In Kakaohafen zog sich eben- 
falls alles sofort zurück, und die Lebensmittel, 
die schon teilweise ausgeladen waren, wurden im 
Stiche gelassen. 
Unmittelbar darauf sandte die „Cumberland“ 
einen Parlamentär an Land zu dem Direktor 
der Westafrikanischen Pflanzungsgesellschaft mit 
dem Ersuchen, sämtliche Bewohner von Kakao- 
hafen zu entfernen, da in 30 Minuten der Ort 
beschossen werden sollte. Die „Cumberland“, die 
zuerst an der Ambas-Insel geankert hatte, fuhr 
nun in den Hafen hinein, der einige Tage vorher 
genau ausgelotet worden war, legte sich bis 
auf etwa 800 bis 1000 m vor das Magazin der 
Westafrikanischen Pflan zungsgesellschaft und nahm 
dieses unter Feuer. Im Augenblick stand das 
Magazin in Flammen, und bei Anfang der Nacht 
war es nur noch ein großer Schutthaufen bis 
auf die Umfassungsmauern. Sämtliche Vorräte 
an Lebensmitteln und Material sowie die auf- 
gestapelte Kakaoernte, 2800 Sack, sind total ver- 
nichtet worden. Auch die Bahnanlage wurde 
beschossen, jedoch ohne jeden Erfolg und Schaden. 
Kohlen und Lokomotiven waren schon vorher 
fortgeschafft und in der Pflanzung verteilt worden. 
Die große neue Lokomotive stand der Schugtruppe, 
die in Bonadikombo Stellung genommen hatte, 
zur Verfügung. 
Einige Granaten, die das Magazin durch- 
schlagen hatten, haben auch an dem Kakaohaus 
gewaltigen Schaden angerichtet. Dieser ist aber 
wieder repariert, und der Betrieb sofort wieder 
aufgenommen worden, desgleichen in der Faktorei 
in Kakaohafen. Auch alle anderen Faktoreien 
find, außer Tiko, geöffnet. Von dort wurden 
die Waren nach Missellele geschafft, da in Tiko 
eine Landung der Engländer erwartet wurde. — 
Auch über die Ereignisse in Duala sowohl 
vor als nach der feindlichen Besetzung find Privat- 
nachrichten vorhanden. Aus diesen ergibt sich 
etwa folgendes Bild: 
Mit Kriegsausbruch haben sich der Gouverneur 
und der Kommandeur der Schutztruppe nach 
Duala begeben, um die erforderlichen Verteidi- 
gungsmaßnahmen zu treffen. Es waren seit dem 
6. August Verteidigungsarbeiten vorn auf dem 
gegen den Kamerunfluß gelegenen Höhenrand der 
Joßplatte von dem dort stehenden Flaggenmast 
durch den Bezirksamtsgarten hindurch bis hinter 
das Schutztruppengelände im Gange. Schützen- 
gräben wurden ausgehoben und die vier vor- 
handenen Geschütze, zwei am Hoffmannsweg in 
der Nähe des Flußufers auf der Höhe des Renn- 
platzes und zwei im Bezirksamtsgarten, kugelsicher 
aufgestellt. Es wurden Minen fabriziert und in
	        
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