Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

G 305 20 
sowie auch von Norden her die Quellflüsse münden. 
Der Kessel liegt westsüdwestlich vom Fuße des 
auf den Karten jetzt gewöhnlich als Victor- 
Emanuel-Gebirge bezeichneten Bergstocks. Das 
Victor-Emanuel-Gebirge aber, das d'Albertis 
als solches bezeichnete, muß der höhere südliche 
Gebirgsstock sein, der höher als das Gebirge ist, 
das jetzt als Victor-Emanuel-Gebirge gilt. Der 
1500 bis 2000 m hohe Gebirgskessel ist verhält- 
nismäßig stark bevölkert; ich schätze die Seelen- 
zahl dort auf etwa 2000. Der Weg bis zum 
Kessel hin dagegen ist sehr schwach bewohnt, die 
lange Strecke von der oberen Bergpforte abwärts 
bis zur Vereinigung des veräderten Laufs in ein 
Bett völlig unbewohnt. Ende September war 
ich am Kanulager zurück, Mitte Oktober am 
Mäanderberg. Unterwegs befuhr ich einen Fluß, 
der aus dem Holländischen unterhalb der Berg- 
pforte mündet. Auf dem Mäanderberg-Lager 
erfuhr ich erst vom Ausbruch des Krieges. 
Ich unternahm im November die Befahrung 
des „Sandflusses“, eines Nebenflusses des Gelb- 
flusses, der fast völlig gerade nordwärts verläuft. 
Er ist im unteren und mittleren Teile wenig be- 
völkert. Oben traf ich Eingeborene mit einer 
Art geknoteter Panzerhemden. 
Im Dezember machte ich mich an die Be- 
fahrung des Nordflusses, den ich vierzehn Tage 
lang aufwärts bis auf die Höhen des Küsten- 
gebirges verfolgte. Ich konnte von diesen Höhen 
weit in das Tal einsehen, das sich ostwestlich in 
das holländische Gebiet hinein erstreckt. Der 
Nordfluß ist im mittleren Teile gut, im oberen 
Teile stark, im unteren Gebiete dagegen schwach 
bevölkert. Auch hier Panzerhemden, wie Netz- 
beutel geknüpft, aber auch geflochtene Kürasse. 
Uberall Penisfutteral, großer Reichtum an Kokos- 
nüssen. 
Ich hatte eine abermalige Befahrung des 
Häuserflusses vor, kam aber nicht mehr dazu 
  
aus den unten folgenden Gründen. Ich vermute, 
daß Häuserfluß und Keerom dasselbe Ge- 
wässer ist. 
Als ich am 7. Januar 1915 auf dem Stand- 
lager am Mäanderberg eintraf, wurde ich un- 
angenehm überrascht. Ich fand das ganze Lager 
vollständig ausgeplündert, die gesamten 
Vorräte verschwunden, Boote und Pinasse weg, 
keine Nachricht hinterlassen. Auch mein Maschinist, 
den ich auf dem Standlager zurückzulassen pflegte, 
war nicht da. Es blieb mir nun nichts übrig, 
als auf den Kanus die etwa 800 Seemeilen 
lange Strecke stromabwärts zu fahren, obgleich 
meine mitgenommenen Vorräte auf dem Nordfluß 
unterwegs aufgezehrt waren. Am zweiten Tag 
meiner Kanureise auf dem Strom abwärts wurde 
ich von dreißig Eingeborenen = Kanus angegriffen 
und mußte schießen. Die Stimmung unter 
meinen eigenen Jungen wurde durch die gemel- 
deten Vorfälle unerfreulich. Nach elfstündiger 
Fahrt erreichte ich Angorum, wo sich eine eng- 
lische Besatzung befand, der ich Flinten und Mu- 
nition übergeben mußte. Es wurde mir gestattet, 
nach der Missionsstation Param (Marienberg) 
weiterzufahren. Dort verblieb ich zunächst, bis 
mich der „Gabriel“ (Missionsdampfer) hierher- 
brachte. Ich habe so ungefähr die ganze Aus- 
rüstung und auch meine persönlichen Vorräte und 
Kleidung, Karten, Bücher, kurz alles verloren. 
Aufzeichnungen wurden mir hier in Madang 
nun zum größten Teil zurückgegeben, ebenso auch 
die belichteten, aber noch nicht entwickelten 
Platten. Die Sammlungen dagegen sind nicht 
mehr zurück zu bekommen. Pinasse und Boote, 
Zelte und dergleichen werden von der hiesigen 
Besatzung benutzt. 
Ich werde zunächst hier bleiben, um meine 
Papiere völlig zurückzubekommen und meine 
Arbeiten womöglich zu ergänzen. 
  
Rolonialwirtschaftliche Oitteilungen. 
Ostafrihkoa-Kompanie.) 
Im Eingange unseres Geschäftsberichtes über das 
Jahr 1913 berichteten wir über mancherlei Rückschläge: 
Arbeiternot., Betriebs= und Beamtenschwierigkeiten 
sowie Sinken der Kautschukpreise auf dem Weltmarkte 
bis an die Grenze einer Rentabilitätsmöglichkeit. 
Diese Schwierigkeiten sind im Laufe der Zeit gehoben 
worden. Wir hatten bei Ausbruch des Krieges auf 
allen unseren Pflanzungen reichlich Arbeiter. Die Be- 
triebsschwierigkeiten waren beseitigt, Beamtenwechsel 
war nicht erforderlich, und die für unseren Kautschuk 
  
  
*) Aus dem Geschäftsbericht über das Jahr 1914. 
  
erzielten Preise waren derartig., daß wir noch mit 
Uberschüssen arbeiten konnten. Wir hatten also alle 
Ursache, auch für das Jahr 1914 einen günstigen Ab- 
schluß gu erwarten. Der Ausbruch des Weltkrieges 
hat indessen den normalen Fortgang der Arbeiten 
gestört. Die regelmäßigen Nachrichten von unseren 
Pflanzungen blieben aus. Eine schwimmende Hauf- 
sendung auf dem Dampfer „Emir“ wurde mit diesem 
Dampfer von den Engländern gekapert und nach Gi- 
braltar geschafft. Eine später im Juli von draußen 
abgegangene Hanf= und Kautschuksendung konnte nach 
Neapel gerettet und über Land nach Deutschland ge- 
schafft werden. Danach unterblieben alle weiteren 
Verschiffungen. Im April d. Is. erreichten uns kurze
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.