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denen letztere geschlagen worden wären. Über
Zeit und Ort dieser Kämpfe war nichts gesagt
worden. Auch neuerdings läßt sich der belgische
Kolonialminister über derartige Kämpfe am Kiwu-
und nördlichen Tanganjika= See berichten. Fünf-
mal hätten die Deutschen versucht, auf der bel-
gischen Seite festen Fuß zu fassen, seien aber
jedesmal von den belgischen Kolonialtruppen
zurückgeschlagen worden. Da auch jetzt wieder
genauere Angaben über Zeit und Ort meist fehlen,
die telegraphischen Berichte auch sonst unklar sind,
läßt sich ein einwandfreies Bild der Lage in dem
nordwestlichen Grenzgebiet nicht gewinnen. So
wird z. B. von einem achtstündigen Gefecht be-
richtet, das in der Gegend des Tanganjika= See
am 1. März stattgefunden habe. Hierbei sollen
die Deutschen einen Verlust von 8 Toten, vielen
Verwundeten, darunter 3 Europäer, gehabt und
außerdem 1 Maschinengewehr verloren haben.
Deutscherseits liegt hierüber keine Meldung vor;
jedoch würde dieses Gefecht zeitlich ungefähr mit
dem unter dem 2. März gemeldeten Unternehmen
auf dem Tanganjika-See zusammenfallen, bei
dem ein englischer und ein belgischer Offizier in
Gefangenschaft gerieten, und ein Maschinengewehr
erbeutet wurde.
Eine weitere belgische Meldung besagt, daß
„kürzlich" ein Angriff, den die Deutschen in der
Stärke von 300 Mann, Maschinengewehren und
Geschützen gegen die Feste am Hebuberg (72) ver-
sucht hätten, ebenfalls zu einer empfindlichen
Niederlage geführt habe.
Unter dem 28. Juni wird dann gemeldet,
daß eine belgische Kolonne die deutsche Station
Kissenji am Ostufer des Kiwu-Sees durch Über—
rumpelung genommen habe. Dabei wird noch
gesagt, daß diese Station aus einem Betonfort
bestehe, welches 1913 errichtet und seit Beginn
des Krieges andauernd verstärkt worden sei.
Erfahrungsgemäß ist belgischen Mitteilungen
gegenüber ebenso große Vorsicht geboten wie eng-
lischen. Man wird daher zunächst etwaige amt-
liche deutsche Meldungen abwarten müssen. Hier
sei nur bemerkt, daß z. B. die Angabe, Kissenji sei
ein Betonfort, glatt erfunden ist. Diese Station
ist nicht anders gebaut, wie andere Stationen in
Deutsch-Ostafrika; Betonforts gibt es aber im
Schutzgebiet überhaupt nicht.
Der Bericht, welchen der Gouverneur von
Britisch-Njassaland über eine Unternehmung gegen
den am deutschen Ostufer des Njassa-Sees ge-
legenen Sphinrhafen erstattet hat, ist bereits
vor einiger Zeit in der Tagespresse veröffentlicht
worden. Da dieses Ereignis jedoch in den
Rahmen vorliegender Gesamtddarstellung gehört,
so sei der Bericht hier nochmals wiederholt.
„Am 30. Mai griff eine Marineabteilung
unter Commander Dennistoun, unterstützt von
einer Landungstruppe unter Hauptmann Collins
und dem ersten Bataillon der Kings African Rifles,
Sphinxhafen an. Nach einem Bombardement
von See aus und einem Angriff der schwarzen
englischen Soldaten wurden die Deutschen
unter Verlusten aus der Stadt vertrieben.
Die Engländer erbeuteten einige Gewehre und
Munition und einige Kriegsgeräte. „Hermann
von Wissmann“ wurde bei dieser Gelegenheit
vollständig zerstört. Die Wiedereinschiffung der
Landungstruppen wurde dann erfolgreich durch-
geführt. Auf englischer Seite gab es einen Ver-
wundeten.“
Diese Schilderung ist ein Muster englischer
Berichterstattung. Gibt es keine wirklichen Helden-
taten zu berichten, dann erfindet man eben welche.
So auch diese vorstehende, die man als ein Unter-
nehmen gegen einen „markierten Feind“ be-
zeichnen könnte. Denn irgendwelche deutschen
Streitkräfte, seien es Schutz= oder Polizeitruppe
oder gar Europäer, können in Sphinxhafen kaum
vorhanden gewesen sein, ebensowenig wie es
dort einen Ort oder gar eine Stadt gibt.
Um das so großartig geschilderte englische Unter-
nehmen in das richtige Licht zu rücken, sei Nach-
folgendes gesagt: Sphinxhafen ist eine Bucht am
Ostufer des Njassa-Sees, die wegen des Holzreich=
tums der Umgebung als Brennholzstapelplatz
für den Dampfer „Hermann von Wissmann“ diente.
Ebendort befindet sich auch die Helling, auf welcher
der Dampfer alle Jahre ausgebessert wurde.
Außer den wenigen Hütten für die Holzfäller und
einigen Wachmannschaften befindet sich keine An-
siedlung am Platze. Auch das ziemlich unwirt-
liche Hinterland ist wenig bewohnt.
Hier wurde am 13. August v. Is. der zur
Ausbesserung auf der Helling liegende deutsche
Dampfer von den armierten englischen Regierungs-
dampfern überrascht. Kapitän und Maschinist,
die von dem Ausbruch des Krieges noch keine
Ahnung hatten, wurden gefangengenommen, und
der Dampfer durch Beschädigung der Maschine
unbrauchbar gemacht.
Anscheinend ist nun dieses Wrack des „Her-
mann von Wissmann"“ den Engländern doch noch
gefährlich erschienen. So zogen sie denn mit
großem Aufwand an Kräften zu seiner völligen
Zerstörung aus. Auf die ersten Schüsse hin
werden die wenigen dort vorhandenen Schwarzen
wohl schleunigst die Flucht ergriffen haben, so
daß die Engländer ungestört landen und die Ver-
nichtung des Dampfers vornehmen konnten. Es
ist den Engländern auch zu glauben, d aß „die
Wiedereinschiffung der Landungstruppen erfolg-
reich durchgeführt“ wurde.