Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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Rolonialwirtschaftliche Mitteilungen. 
Kolonitale Kriegsziele. 
Das Kolonial = Mirtschaftliche Komitec. 
wirtschaftlicher Ausschuß der Denischen Nolonialgesell- 
schaft, hat in einer Sitzung seines Gesamtvorstandes 
folgende Entschließung gefaszt: 
Das Kolonial= Wirtschaftliche Komitec hält er fur 
unerläßlich, daß unbeschadet der Bestrebungen, die auf 
ceine Sicherung und Erweiterung der Grundlagen der 
deutschen Volkswirtschaft innerhalb CEuropas abzielen. 
eine Ergänzung derselben durch Ausegestaltung und 
Vergrößerung des deutschen Kolonialbesitzes 
durchgesetzt wird. Es ist mit Bestimmtheit zu erwarten, 
daß auch in Zulunft sowohl die deutsche Landwirtschaft 
wie die deutsche Andustrie überseeische Rohprodukte, 
wie Futtermittel, Baumwolle und WMolle. Kaffee und 
Kakao, Kopra, Palmkerne und Palmol. Erdnüsse und 
Sesam. Guttapercha. Kantschuk und Sisalhanf, tropische 
Holzer und Gerbstoffe, nutzbare Mineralien usw., in 
stceigendem Maße benötigen werden. 
Zur dauernden Sicherung ihres Bezuges ist die 
Deckung wenigstens eines ansehnlichen Teiles des 
deutschen Bedarfes aus eigenen Kolonien unbedingt 
erforderlich. An gleicher Weise liegt es im Interesse 
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derLebens-fäl)igtcitdel-deutschenIndustriedas-, 
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demiche Kolonien einen gesicherten Absatzmarkt bieten. 
Volkswirtschaftlich, national und politisch ist es 
serner von größter Bedeutung, die wenn auch zur Zeit 
nur kleinen Scharen deutscher Auswanderer in 
eigenen Kolonien anzusiedeln. damit dem Deutschtum 
zu erhalten und die Verteidigungsfähigkeit der Lolo- 
nien zu erhöhen. 
Als Grundlage der kunftigen kolonialen Betati- 
gung muß aueogegangen werden von dem, was bisher 
in dreißigjähriger mühevoller Kulturarbeit geschaffen 
worden ist. Daher ist in erster Linie an dem bis- 
herigen Kolonialbesistz festzuhalten. Bei Er- 
werbung neuer Kolonialgebiete ist einerseits ein 
organischer Anschluß an unsere bioherigen Kolonien 
anzustreben und anderseits im Auge zu behalten, dasß 
die neuen Gebiete nach Boden. Klima und Bevoölke- 
rungszahl geeignet sind, die für die deutsche Volks- 
wirtschaft wichtigsten Rohstofse in erheblicher Menge 
zu liefern und der deutschen Industrie als Absatzgebiete 
für ihre Erzeugnisie zu dienen. 
  
Aus fremden Kolonien und Droduktionsgebieten. 
Kriegsverwirrung in der französischen Kolonial- 
wirtschaft. 
In der Depe#che coloninle- vom 17. September 
1915 findet sich folgende beachtenswerte Notiz: 
l. Das Gleichgewicht des Etats von 
Französisch-Westafrika. 
Der Rolonitalminister hat dem Bureau der Kammer 
einen Gesetzentwurf zugehen lassen, wonach das General= 
gouvernement von Französisch-Westafrika ermächtigt 
wird, für den Fall der Unzulänglichkeit der Finnahmen 
des Generaletats die erforderlichen Beträge aus der 
Anleihe von 16°7 Millionen zu entnehmen. Zede Em- 
nahme wird durch ein Dekret angeordnet werden. Der 
Betrag der Entnahmen darf 5½ Millionen Franken 
nicht überfteigen. Die entnommenen Summen werden 
bis zur Höhe von 3½ Millionen Franten von dem 
bewilligten Kredit für die Verläüngerung der Bahn der 
Elfenbeinküste und bis zur Hohe von 2 Millionen 
Franken von dem bewilligten Nredit zum Weiterbau 
der Guincabahn abgezogen werden. Außerdem soll 
das Generalgonvernemem ermachtigt werden, ver zins- 
liche Scheine ihons de caissch bis zum Betrage von 
10 Millionen Franken auszugeben. Diese Scheine 
sollen eine Laufzeit von cinem Jahre haben und können 
dann erneut ausgegeben werden. Der Zinssatz für die 
Scheine soll nicht über 6 v. H. hinausgeben: die Aus- 
gabe wird durch Dekret nach Maßgabe des Bedarfs 
angeordnet werden.“ 
  
— 
  
Dieser Gesetzentwurf zeigt, daß die Finan zwirt- 
schaft der Kolonic. aus der Frankreich hauptsächlich 
seine farbigen Soldaten auf den curopäischen Kriegs- 
schauplatz geschickt hat, durch den RKrieg schwer leidet. 
Bis 1914 schloß der Generaletat von Franzosisch-West- 
afrika so günstig ab, wie kaum ein anderer Haushalt 
irgendeiner Kolonie der Welt. Die Zolle dieses fran- 
zösischen Kolonialgebietes, die seine wichtigste Ein- 
nahmeqnelle bildeten, waren höher als die aller 
deutschen Besitzungen in Afrika und in der Südsee zu- 
sammen. Jahr fur Jahr ergab der Generaletat hohe 
Uberschüsse und konnte einen recht stattlichen Ausgleichs- 
fonde sammeln. Eines Zuschusseo vom Mutterlande 
bedurfte Französisch -Wesjtafrika nicht, im Gegenteil 
konme es einen wenn auch nicht großen, so doch ständig 
steigenden Beitrag zu den hohen Kosten der Kolonial= 
armec Frankreichs leisten. 
Die Finanzlage hat sich. trotzdem kein Teil des 
gronen franzosischen Kolonialgebiens in Mestafrika vom 
Kriege unmittelbar berubhrt worden ist. jetzt sehr ge- 
#ündert. Der laufende Verwaltungsbedarf muß. wie 
der Gesetzentwurf zeigt, zum Teil aus Anleihe be- 
stritten werden, die bewilligten Mittel für wichtige und 
seit langem geplante Eisenbahnbauten werden be- 
sehnitten, und es muß zu der bedenklichen Masnahme 
eines verzinslichen Papiergeldes gegriffen werden. Es 
ist zweifellos, daß ein wesentlicher Grund fuür diesen 
limschwung in der Mirtschaft der Kolonie, welche die 
Franzosen selbst als ihre Mugterkolonie zu bezeichnen 
pflegen, darin liegt, daß Frankreich sein große Aktivum.
	        
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