W 407 20
kämen, auf ungefähr 1000. Am 1. August begannen
die Deutschen ihr Hauptquartier von Daressalam nach
Tabora oder Morogoro zu verlegen. Eine vorge-
schobene Stellung befand sich bei Pugu, 20 km westlich
Daressalam. Die Verteidigungsstellungen befinden sich
wahrscheinlich nahe der Pugustation, in Richtung
Daressalam, sie sind aber von der Station aus nicht
sichtbar. Es wird gemeldet, daß die Deutschen beab-
sichtigen, ihren ersten Widerstand bei Pugu, ihren
zweiten bei Morogoro, ihren dritten bei Kilossa. ihren
vierten bei Kilimatinde und den fünften bei Tabora
zu leisten. Die Deutschen halten gute Wache entlang
der Rüste. Alberraschung ist unwahrscheinlich, zumal
sie einen Doppeldecker besitzen. Posten stehen auf
Makatumbi und Msasani.
Haltung der Eingeborenen: Als die Deut-
schen Daressalam verließen, waren die Einwohner ge-
neigt, sie ausgulachen, weil sie fortliefen, bevor der
Angriff erfolgte. Es wurde geglaubt, daß südlich der
Eisenbahnlinie Unruhben von seiten der Eingeborenen
zu erwarten seien, weil die Dürre dieses Jahres viel
Unzufriedenheit verursacht bat. Die Eingeborenen am
Ngerengere hatten wenig oder nichts zu essen; auch am
Ruvu sollen Unruhen zu befürchten sein.
Telefunken: Im März 1911 wurden Bukoba
und Muansa durch drahtlose Telegrapbie verbunden:
die Reichweite Muansa beträgt 900 km und die Bukoba
200 km. Eine weit stärkere Station wurde in Daressalam
errichtet, mit der man mit Guardafui und Delagoabay in
Verbindung zu treten hoffte und die Schiffe auf noch
großere Entfernungen erreichen sollte. Muansa war
innerhalb Rufweite Daressalams, wenigstens während
der Nacht. Die Höhe des Turmes beträgt 100 m,
Telefunkensystem ist angewandt. Die Station trat im
März 1913 in Tätigkeit, wurde aber im August 1914
zerstört.
Anhang: „Die Eingeborenen in Deutsch-Ost-
afrika“. Bearbeitet von Konsul King. 1914.
Es ist unmöglich, mit einiger Genauigkeit vor-
auszusagen, welche Haltung die Eingeborenen ein-
nehmen werden. Die Frage wird durch die Tatsoche
kompliziert, daß es in Deutsch-Ostafrika etwa 150 ver-
schiedene Stämme gibt, die sich im Charakter stark
unterscheiden. Es ist indessen nicht unwahrscheinlich,
daß die kriegerischen Stämme, die nur durch die starke
Hand der deutschen Regierung im Zaum gehalten
werden, sich erheben werden, falls die Deutschen
durch Konzentrierung ihrer Streitkräfte die llber-
wachung schwächen. Daß die Deutschen versuchen
werden, die Eingeborenen als Irreguläre gegen uns
im großen Maßstabe zu verwenden und sie zu diesem
Zwecke mit Hinterladern zu bewaffnen, ist sehr unwahr-
scheinlich, jedenfalls im Anfange. Vielleicht werden sie
es als letztes Mittel tun, um unsere Schwierigkeiten
zu vermehren. Sie mißtrauen aber den Eingeborenen
zu sehr, um dies zu tun, solange sie noch einen Funken
Hoffnung haben, allein sich gegen unseren Angriff zu
halten. Es könnte höchstens durch die einge-
borenen Häuptlinge geschehen; aber da es die
Politik der Deutschen gewesen ist, das Ansehen der
Häuptlinge zu schwächen, indem sie einen gegen
den anderen ausspielten, so ist es zweifelhaft, ob
sich viele Häuptlinge finden werden — ausgenommen
im Nordwesten, der nicht in unsere Berechnung ein-
zutreten braucht — die genügend Macht haben,
ihre Anhänger für die deutsche Sache gegen
..... *) Hinterladern und Artillerie ins . . . . ))
Diese Stellen sehlen in dem überkommenen
X
Es gibt eine große Zahl Vorderlader im Bezirk, aber
die Mehrzahl der Eingeborenen kämpft mit Speeren,
Giftpfeilen und Messern. Die Deutschen enthalten
selbst ihren eigenen Soldaten die modernen Waffen vor.
Ich glaube, daß bis vor kurzem ausschließlich weiße
Offiziere die Maschinengewehre bedienen durften, aber
ich habe aus zuverlässiger Quelle gehört, daß wenigstens
einige der fremden farbigen Soldaten, z. B. Somali,
in der Bedienung der Maschinengewehre unterrichtet
wurden. Die Salutbatterie in Daressalam wurde
durch Eingeborene unter Aufsicht eines deutschen Unter-
offiziers bedient. Man darf nicht erwarten, dass;
die Stämme im Innern aus eigenem Antrieb
in größerer Menge zunächst zu uns übergechen
werden, sie mißtrauen den Europäern und
können wahrscheinlich keinen Unterschied bei
ibuen machen. Die Eingeborenen an der Küste sind
anders; diese. wenigstens die Einwohner Daressalams
und Tangas, kennen den Unterschied zwischen englischer
und deutscher Herrschaft. Sic konnen durch Agenten
aus Saimibar sondiert und beeinflußt werden; doch ist
es unwahrscheinlich, daß sie in großerer Menge zu uns
übertreten werden, bevor sie nicht ziemlich sicher sind,
daß wir siegen und beabsichtigen, das Land zu be-
halten. Sie werden sich möglicherweise abseits halten
oder selbst im Anfange davonlaufen, und unsere
Politik wird dahin gehen müssen, sie zur Arbeit für
uns nicht mit Gewalt, sondern durch gute Bezahlung.
Bekleidung und Ernährung zu veranlassen; sie müssen
indes streng behandelt werden.
Ein wichtiger Faktor ist die Dürre von 1914, die.
wie vorauszusehen, örtliche Oungeronöte"') hervorrufen
dürfte. Es ist ziemlich sicher, daß der Eingeborenc,
wenn er nichts zu essen hat, sich erbeben wird. Im
Juni und Juli waren bereits Vorbereitungen getroffen.
um Reservevorräte an Nahrungemitteln aufzukaufen.
Das Abschneiden der Zufuhr von Ubersee und Beschlag-
nahme der vorhandenen Magazine für den Bedarf der
Regierung muß seine Wirkung tun.
Unruhen wurden Anfang August im Sinterland
von Daressalam und im Südwesten gemeldet (und be-
stätigt). Wenn die Eingeborenen des nahen Ointer-
landes und der Küste sich erheben sollten, würden sie
vermutlich die Läden der indischen Kaufleute stürmen
und vielleicht auch isolierte Pflanzer angreifen; jedoch
ist es unwahrscheinlich, daß sie die Deutschen an irgend-
einem Platze angreifen, wo die letzteren sich stark ver-
schanzt haben, um unserem Vorgehen zu begegnen:
aber schwache Posten würden sie angreifen und die
Verbindung stören. Die Abgabe von Nahrungemitteln
gratis oder zu niederen Preisen könnte sehr nützlich
sein, die Küstenstämme auf unsere Seite zu ziehen.
Es ist augenscheinlich höchst wichtig, befreundete Stämme
innerhalb unserer Etappenlinie zur Rüfte zu besitzen,
und als Führer und Späher sind Eingeborene höchst
wichtig, wenn nicht unentbehrlich.
Die Wasukuma sind ein höchst wichtiger Stamm,
mit dem bei Operationen von Muansa gegen Tabora
gerechnet werden muß;, sie zählen 400 000 Köpfe,
darunter 80 000 waffenfähig, und sind unruhig; sie
wohnen südlich des Victoria-Sees. Wenn diese sich
freundlich verhielten, so würde es wahrscheinlich keine
Schwierigkeiten mit den anderen Stämmen geben.
Die Bergstämme des fernen Nordwesten werden
wahrscheinlich nicht in die Ebenc heruntersteigen.
Inder und Cenlonesen: Es gibt nur wenige
deutsche Untertanen unter ihnen; die britischen Inder
werden uns willkommen heißen, aber sie dürfen wahr-
I -md nicht eingetreten.