Von Njamassillä ab erfolgte der Abmarsch in der
Nacht vom 12./13. August 1 Uhr. Ankunft in Avagome
11 Uhr vormittags. Nachmittags erfolgte der Weiter-
marsch nach Kamina. Inzwischen kam bei uns Munition
von Kamina an. Ein Teil unserer Kolonne — 80 Mann
— marschierte auf Buschpfaden über Agblekovhe—Agba-
korhe gegen Tschetti, mit dem Befehl, den sich stellenden
Feind anzugreifen. Die Hauptmacht (etwa 110 Mann)
marschierte nach Njamassillä zurück und versuchte über
Kpedji nach Tschetti vorzudringen, um sich mit der
anderen Kolonne zu vereinen. Tschetti, hart an der
Togo—Dahomehy-Grenze gelegen, war als stark besetzt
gemelde. worden. Nach der Verteilung der Munition
atte jeder Mann doch nur 50 bis 60 Patronen in Besitz;
ich marschierte um 2 Uhr nachmittags mit meinen
Leuten, von denen drei Gefreite beritten waren, mit
einem Führer aus Avagome über Agbakopvhe—Baruba
auf Buschpfaden dem Monu zu. Buschpfade sind an
und für sich schon schlecht, aber dieses schmale Ge-
röllbett, in dem im Gänsemarsch marschiert wurde,
war noch viel schlechter; dabei war das Gelände
durch hohen Busch und Elefantengras unübersichtlich,
so daß jedes kleine am Pfad liegende Eingeborenen-
gehöft mit aller Vorsicht durchsucht werden mußte.
Unter diesen Verhältnissen hatte ich erst gegen 6 Uhr
abends Aobi am Monn passiert, als ein Bote mich
schweißtriefend einholte mit dem schriftlichen Befehl:
„Sofort Rückmarsch antreten"“. Was halfs, es mußte
der hundsgemeine Weg in der einsetzenden Dunkelheit
wieder zurückgemacht werden; dabei kam es oft vor,
daß die Kolonne ganz auseinanderriß oder dieser oder
jener bei Hindernissen, die am Tage umgangen werden
konnten, stürzte, trotzdem an der Spitze und am Ende
der Kolonne mit Laternen geleuchtet wurde. Hunde-
müde langten wir gegen 11 Uhr abends in Avagome
wieder an, wo dic anderen schon Lager bezogen hatten,
d. h. nach Abfütterung mit gekochten Bohnen sich am
Wachfeuer zum Schlasen niedergelegt hatten. An diesem
Tage hatten die Leute von 1 Uhr morgens bis 11 Uhr
abends ungefähr 82 km zurückgelegt, gewiß eine be-
achtenswerte Leistung!
Nach dreistündigem Schlaf auf der Decke ging's am
13. August, 3 Uhr vormittags, weiter nach Kamina, wo
wir gegen 9 Uhr vormittags eintrasen. Hier wurde
uns ein Lagerplatz angewiesen, auf dem wir unsere
zelte aufschlugen und die Soldaten kleine Grashütten
mit Palmblätterdach aufbauten; denn die Regenzeit
setzte recht empfindlich ein.
Die Großfunkenstation Kamina sollte so lange wie
möglich gehalten werden. Die erforderlichen Maß-
nahmen konnten sich aber aus Mangel an Munition
und Soldaten nur auf eine Verteidigung der Anmarsch-
straßen beschränken. Am gleichen Tage unseres Ein-
treffens in Kamina wurde eine Abteilung unter Füh-
rung des Hauptmanns Pfaehler zusammengestellt, die
sich dem Feind, der von Süden auf der Bahulinie im
Anmarsch war, entgegenstellen sollte.
Die Abteilung war etwa zwei Kompagnien Farbige,
20 Europäer und ein Maschinengewehr stark. Bei dem
unglüucklichen Gesecht bei Agbeluwos wurde die Kolonne
zersprengt, Hauptmann Pfaebler fiel. Das Maschinen=
gewehr siel in die Höünde der Feinde.
Inzwischen war bekauntgeworden, daß das Maschinen-
gewehr der Station Mangu sich auf dem Marsch nach
Namina befand und Gesahr bestand, daß es von seind-
lichen Truppen, die den Bezirk Sokode unsicher machten,
abgefangen würde. Um dieses zu verhindern, fuhren
am 15. August. abende P Uhr, zwei Autos mit der er-
forderlichen Munnschaft nach Sokode ab, um das
Maschinengewehr ab zuholen.
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Auf dem Wege zwischen Njamassillä und Agbandi
rannte das eine Auto an einen Brückenstein an und
wurde nur dadurch vor dem Sturz in die Tiefe be-
wahrt, daß es mit mäßiger Geschwindigkeit fuhr und
mit verbogener Achse an dem Stein hängenblieb. Die
Insassen hatten außer leichten Quetschungen keinen
Schaden genommen und konuten zu Fuß nach Nia-
massillä zurückkehren. Das andere Auto kam morgeno
um 7 Uhr in Sokode an (179,4 kin), nachdem es gegen
3 Uhr morgens einen kleinen Defekt gehabt hatte.
In Sokode erwartete uns bereits die Abteilung aus
Mangu mit dem Maschinengewehr und 18 farbigen
Soldaten, die von Bafilo, wo sic ein Gefecht mit
französischen Truppen gehabt hatte. über Aledjo nach
Sokode marschiert war. Gegen 10½ Uhr vormittags
setzte sich die Abteilung mit dem Maschinengewehr auf
der Straße nach Atakpame in Marsch, während wir
im Auto den Abmarsch deckten und nachfuhren; sie
traf in Kamina mit nur 18 Mann ein; es war der
Rest von 120 Mann der Mangu-Polizcitruppe — alle
anderen waren entlaufen!
Am 19. August, abends 8½ Uhr, erhielt ich den
Befehl, mit 30 Mann die Feldwache am Monu, nord-
östlich von Kamina, zu verstärken und gegen Tschetti
an der Togo-Dahomey-Grenze aufzuklären. Um 9 Uhr
rückte ich mit 30 Farbigen über Atakpame, Avagome.
Agbakovhe, Baruba. Denschlechten Weg kannte ich bereits
zur Genüge. In Aobinbi Aobi vereinigte ich mich
am nächsten Morgen um 8 Uhr vormittags mit der
Feldwache, nachdem ich mit einstündiger Pause die
ganze Nacht marschiert war. Hier traf ich mit unserer
Reiterpatrouille zusammen, die auch gegen Tschetti
aufzuklären hatte. Der Standort der Feldwache
wurde unmittelbar an das rechte Flußufer verlegt und
hier eine Verteidigungsstellung an der Übergangsstelle
eingerichtet. Hicrauf zog ich mit 20 Mann über den
Monu auf einem Buschpfad gegen Tschetti als Patronille
gegen den Feind, vor mir die Reiterpatrouille. Jen-
seits des Monu nahm uns leichter Wald mit hohem
Unterholz auf. Im üblichen Gänsemarsch mit vor-
gezogener Sicherung ging es auf dem schmalen Busch-
pfad in schwüler Tageshitze dahin.
Gegen 2 Uhr nachmittags wurde eine kurze Mittags-
rast in einem Graben gehalten, wo in einigen Felo-
vertiefungen übelriechendes Regemwasser zur Löschung
des Durstes einlud. Gegen 6 Uhr abends Halt an
einer Angahl Felsblöcke, wo auch die Reiterpatronille
rastete. zur Sicherung wurde sofort eine Stand-
patrouille auf dem Pfad ungefähr 1000 m vorgeschoben.
Regenwasser fand sich genügend in den Felslöchern,
nur die Verpflegung war knapp und mußte von rück-
wärts vom Monu erfolgen, weil die ganze Gegend
vom Monn bis zur französischen Grenze unbewohntes
Waldgebiet war. Ich hatte von Kamina nur das
Notwendigste von meinen Sachen mitgenommen: eine
Kochlast, Getränke und Kleiderlast — alles ubrige
nebst dem Roffer mit meinen sämtlichen Papieren stand
im gelt in Kamina. Am 21. August früh ritt die
Rciterpatrouille wieder der Grenze zu. Ich hatte ihr
acht von meinen Leuten zur Verstärkung abgegeben,
die auch vor dem ersten I-schettidorf in Aktion treten
konnten: dort stellte sich ihr eine feindliche Patrouille
in den Weg, die aber vor dem Feuer meiner Leute
im Ausch verschwand. Ich hatte während der Ab-
wesenheit der Reiterpatrouille durch dreistundige
Patronillen nach der Grenge hin aufzuklären versucht
und mich selbst einer Patronille angeschlossen.
Ein ungefähr 10 km voraus am Psad gelegener
Hügel erschien mir als Standort geeigneter als die
Felsblöcke. Am Nachmittag meldeten sich bei mir
20 Mann, die mir von Kamina zur Uerwendung ziu-