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Palisaden befestigt; davor starke Astverhaue und
Gatter. Im Innern des Dorfes befanden sich
noch mehrere Palisaden und Hindernisse.
Auf den Abhängen der beiden Längsseiten
waren sämtliche Bäume gefällt, so daß diese mit
ceinem undurchdringlichen Gewirr von Stämmen
und Zweigen bedeckt waren. Ein Angriff auch
nur von Patrouillen auf den Seiten war daher
unmöglich.
Der ganze Bergrücken war mit Häusern be-
deckt, so daß hier wohl gegen 300 Menschen ge-
wohnt haben.
Die Absicht der Eba war, in Neu-Ndia alle
Flüchtlinge aus den kleinen Dörfern aufzunehmen
und hier in der starken Bergfeste den Angriff
der Truppe abzuweisen. Es ist erstaunlich,
welche ungeheure Arbeit in vier Monaten ge-
leistet worden ist; nur der sehnliche und feste
Wille zum Sieg über die Regierung hat den
Leuten die Kraft zu dieser Riesenarbeit gegeben.
Nachdem von allen Seiten um Frieden ge-
beten, wurde er am 14. April abgeschlossen. Die
weiteren Maßnahmen zur friedlichen Entwicklung
im Ebagebiet sowie die Bestrafung der schuldigen
Häuptlinge und Verfügung über die Gefangenen
habe ich der Station Sembe überlassen, um die
Expedition zeitlich möglichst zu beschränken. Die
Station Sembe hat in Neu-Rdia unter dem
Polizeimeister Kühler einen vorläufigen Posten
errichtet. Nach dieser allgemeinen, großen Nieder-
lage erscheint eine nochmalige Auflehnung gegen
die Regierung ausgeschlossen.
Um Abwanderungen über die Grenze zu ver-
meiden, habe ich keinen Versuch gemacht, einige
nach Gebieten südlich von der Station Sembe ge-
flüchtete Leute zu ergreifen. Ihre Rückkehr wird
die Station Sembe auf friedlichem Wege er-
streben. Eine Beunruhigung der Nachbarstämme
ist nicht eingetreten.
Die im Süden sitzenden Mekub wurden nur
im nördlichsten Dorf Makeliem von einer Ab-
teilung berührt und ohne Schen, in bester
Ordnung, allerdings mit stark befestigten Ver-
sammlungshäusern angetroffen.
Bei der kriegerischen und unruhigen Be-
völkerung des Sembebezirks halte ich es für
dringend erforderlich, daß mindestens 80 fertig
ausgebildete Polizeisoldaten unter einem be-
sonderen Polizeimeister am Stationssitz vor-
handen find. Die Franzosen haben im Bezirk
Sembe allein 150 Soldaten unter einem Haupt-
mann mit den für eine Kompagnie zuständigen
Offizieren und Unteroffizieren gehabt.
Das ganze Gebiet des Sembebezirks, abgesehen
von der Mbajesenke im Südwesten, ist ein teils
welliges, teils hügeliges, zu einem großen Teil
bergiges Hochland von durchschnittlich 400 m
Talhöhe, während die von der Expedition be-
rührten Berge bis 600 m hoch find. Das ganze
Land ist, soweit unbewohnt und nicht altes Farm-
land, mit ziemlich lichtem primären Urwald be-
deckt, der reich an schönen Bäumen, ungemein
reich an Gummibäumen und -Lianen, weniger
reich an Wild ist, und wird von zumeist klaren
Flüssen und Bächen bewässert, deren Ufer im
Gegensatz zu denen des Wolö-Ntem= und Iwindo-
bezirks sast ausnahmslos ohne Sumpfbildung
sind. Dort, wo durch Abholzung von Höhen wie
bei den Ebadörfern oder durch Wasserflächen wie
dem Dscha ein Fernblick ermöglicht wird, ist der
Eindruck der Landschaft sehr reizvoll.
Das Klima ist, abgesehen von der zweifellos
hohen Luftfeuchtigkeit, erträglich; tagelange 7 bis
8stündige tägliche Märsche auf schlechten Wegen
wurden von den Europäern ohne gesund-
heitliche Störungen geleistet. Die Trocken-
zeit hält zur Zeit, also Ende April, noch an,
sie dauert also erheblich länger, als bisher an-
genommen wurde. Die Zahl der im März noch
seltenen Gewitter hatte sich im April so erhöht,
daß etwa jeden vierten Tag ein Gewitter nieder-
ging.
Die Bevölkerung macht einen besonders er-
freulichen Eindruck und ist in den einzelnen Be-
völkerungszentren recht zahlreich. Leider gibt es
zwischen diesen, und namentlich im nördlichen
Winkel zwischen Dscha und Jua, zwischen den
Kunabembe und den Bakuele, zwischen den
Eba und den Njem, zwischen den Bakuele und
den Mekub, große, zwei bis vier Tagemärsche
breite unbewohnte oder doch nur von Zwerg-
negern (Bajagas) durchstreifte Gebiete, so daß
der Bezirk im ganzen als schwach bevölkert be-
zeichnet werden muß. Ich habe die feste Über-
zeugung, daß ein zielbewußter und erfahrener
Stationsleiter wie Herr Zimmermann mit den
erst einmal an die deutsche Regierung gewöhnten
Eingeborenen gut wird arbeiten können.
Die Lage der Station Sembe ist wenig
glücklich, da sie nur wegen der französischen
Faktorei angelegt ist, im übrigen weder zentral
noch verkehrstechnisch günstig liegt. Ich stimme
mit Herrn Zimmermann darin überein, daß eine
neu zu errichtende Station vielleicht in der Nähe
von Matadi, jedenfalls am schiffbaren Sembe-
Kudu, diesen Anforderungen entsprechen würde.
In einem Bezirk, der, ganz abgesehen von den
weiteren wasserwirtschaftlichen Plänen, schon zur
Zeit eine nur durch die belgische Bahn unter-
brochene Schiffahrtsverbindung mit Deutschland
hat, gehört die Station unbedingt an diesen