Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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Palisaden befestigt; davor starke Astverhaue und 
Gatter. Im Innern des Dorfes befanden sich 
noch mehrere Palisaden und Hindernisse. 
Auf den Abhängen der beiden Längsseiten 
waren sämtliche Bäume gefällt, so daß diese mit 
ceinem undurchdringlichen Gewirr von Stämmen 
und Zweigen bedeckt waren. Ein Angriff auch 
nur von Patrouillen auf den Seiten war daher 
unmöglich. 
Der ganze Bergrücken war mit Häusern be- 
deckt, so daß hier wohl gegen 300 Menschen ge- 
wohnt haben. 
Die Absicht der Eba war, in Neu-Ndia alle 
Flüchtlinge aus den kleinen Dörfern aufzunehmen 
und hier in der starken Bergfeste den Angriff 
der Truppe abzuweisen. Es ist erstaunlich, 
welche ungeheure Arbeit in vier Monaten ge- 
leistet worden ist; nur der sehnliche und feste 
Wille zum Sieg über die Regierung hat den 
Leuten die Kraft zu dieser Riesenarbeit gegeben. 
Nachdem von allen Seiten um Frieden ge- 
beten, wurde er am 14. April abgeschlossen. Die 
weiteren Maßnahmen zur friedlichen Entwicklung 
im Ebagebiet sowie die Bestrafung der schuldigen 
Häuptlinge und Verfügung über die Gefangenen 
habe ich der Station Sembe überlassen, um die 
Expedition zeitlich möglichst zu beschränken. Die 
Station Sembe hat in Neu-Rdia unter dem 
Polizeimeister Kühler einen vorläufigen Posten 
errichtet. Nach dieser allgemeinen, großen Nieder- 
lage erscheint eine nochmalige Auflehnung gegen 
die Regierung ausgeschlossen. 
Um Abwanderungen über die Grenze zu ver- 
meiden, habe ich keinen Versuch gemacht, einige 
nach Gebieten südlich von der Station Sembe ge- 
flüchtete Leute zu ergreifen. Ihre Rückkehr wird 
die Station Sembe auf friedlichem Wege er- 
streben. Eine Beunruhigung der Nachbarstämme 
ist nicht eingetreten. 
Die im Süden sitzenden Mekub wurden nur 
im nördlichsten Dorf Makeliem von einer Ab- 
teilung berührt und ohne Schen, in bester 
Ordnung, allerdings mit stark befestigten Ver- 
sammlungshäusern angetroffen. 
Bei der kriegerischen und unruhigen Be- 
völkerung des Sembebezirks halte ich es für 
dringend erforderlich, daß mindestens 80 fertig 
ausgebildete Polizeisoldaten unter einem be- 
sonderen Polizeimeister am Stationssitz vor- 
handen find. Die Franzosen haben im Bezirk 
Sembe allein 150 Soldaten unter einem Haupt- 
mann mit den für eine Kompagnie zuständigen 
Offizieren und Unteroffizieren gehabt. 
Das ganze Gebiet des Sembebezirks, abgesehen 
von der Mbajesenke im Südwesten, ist ein teils 
  
welliges, teils hügeliges, zu einem großen Teil 
bergiges Hochland von durchschnittlich 400 m 
Talhöhe, während die von der Expedition be- 
rührten Berge bis 600 m hoch find. Das ganze 
Land ist, soweit unbewohnt und nicht altes Farm- 
land, mit ziemlich lichtem primären Urwald be- 
deckt, der reich an schönen Bäumen, ungemein 
reich an Gummibäumen und -Lianen, weniger 
reich an Wild ist, und wird von zumeist klaren 
Flüssen und Bächen bewässert, deren Ufer im 
Gegensatz zu denen des Wolö-Ntem= und Iwindo- 
bezirks sast ausnahmslos ohne Sumpfbildung 
sind. Dort, wo durch Abholzung von Höhen wie 
bei den Ebadörfern oder durch Wasserflächen wie 
dem Dscha ein Fernblick ermöglicht wird, ist der 
Eindruck der Landschaft sehr reizvoll. 
Das Klima ist, abgesehen von der zweifellos 
hohen Luftfeuchtigkeit, erträglich; tagelange 7 bis 
8stündige tägliche Märsche auf schlechten Wegen 
wurden von den Europäern ohne gesund- 
heitliche Störungen geleistet. Die Trocken- 
zeit hält zur Zeit, also Ende April, noch an, 
sie dauert also erheblich länger, als bisher an- 
genommen wurde. Die Zahl der im März noch 
seltenen Gewitter hatte sich im April so erhöht, 
daß etwa jeden vierten Tag ein Gewitter nieder- 
ging. 
Die Bevölkerung macht einen besonders er- 
freulichen Eindruck und ist in den einzelnen Be- 
völkerungszentren recht zahlreich. Leider gibt es 
zwischen diesen, und namentlich im nördlichen 
Winkel zwischen Dscha und Jua, zwischen den 
Kunabembe und den Bakuele, zwischen den 
Eba und den Njem, zwischen den Bakuele und 
den Mekub, große, zwei bis vier Tagemärsche 
breite unbewohnte oder doch nur von Zwerg- 
negern (Bajagas) durchstreifte Gebiete, so daß 
der Bezirk im ganzen als schwach bevölkert be- 
zeichnet werden muß. Ich habe die feste Über- 
zeugung, daß ein zielbewußter und erfahrener 
Stationsleiter wie Herr Zimmermann mit den 
erst einmal an die deutsche Regierung gewöhnten 
Eingeborenen gut wird arbeiten können. 
Die Lage der Station Sembe ist wenig 
glücklich, da sie nur wegen der französischen 
Faktorei angelegt ist, im übrigen weder zentral 
noch verkehrstechnisch günstig liegt. Ich stimme 
mit Herrn Zimmermann darin überein, daß eine 
neu zu errichtende Station vielleicht in der Nähe 
von Matadi, jedenfalls am schiffbaren Sembe- 
Kudu, diesen Anforderungen entsprechen würde. 
In einem Bezirk, der, ganz abgesehen von den 
weiteren wasserwirtschaftlichen Plänen, schon zur 
Zeit eine nur durch die belgische Bahn unter- 
brochene Schiffahrtsverbindung mit Deutschland 
hat, gehört die Station unbedingt an diesen
	        
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