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Akten erkennen lassen, einen großen Eindruck.
Man sah dort sofort ein, in welch böse Nesseln
Lothaire den Kongostaat gebracht hatte, war aber
von vornherein bemüht, den Offizier zu exkul-
pieren und weiß zu waschen. Zu der ersten Note
des englischen Gesandten, welche Auskunft darüber
verlangt, was an den nach England gelangten
Gerüchten von der Hinrichtung des Mr. Stokes
wahr ist, bemerkt van Eetvelde, obwohl er offen-
bar schon im Besitze des ganzen Aktenmaterials
war, in der bei ihm üblichen unaufrichtigen Weise:
„Sang rien dirc au ministre d’autre que
Iche du’il savait, j’ai répondu que je ferais saire
des recherches sur D’affaire. He suis d’avis
du'’il faut se montrer plein de franchise et
donner une analyse du jugement (mais
réserver nos meilleurs armes-journal de
Stokces pour une réclamation ECventuelle).
Prévenir le Roi comme je l’ai prévenu de la
démarche d’Arco Valley (des deutschen Ge-
schäftsträgers). II sera utile de faire paraitre
de suite un Bulletin officiel avec toutes les
dispositions rélatives aux Conseils de guerre
x compris l’acte de début modifsic par un
Trerent décret.“
Zunächst war man bestrebt, in der Literatur
ähnliche Vorgänge ausfindig zu machen. In der
Zeitung „La Meuse“ erschienen in den Nummern
vom 27. Februar, 1. März und 5. März 1896 drei
lange Artikel unter dem Titel: „Un Précédent de
I’affaire Stokes“, in denen die Angelegenheit des
englischen Kaufmanns G. W. Gordon in Kingston,
Jamaika, im Jahre 1865 ausführlich behandelt
wurde. Dieser hatte bei einem Negeraufstand die
Schwarzen angeblich unterstützt. Die englischen
Behörden hatten dieserhalb einen Haftbefehl gegen
ihn erlassen und er war auf Befehl des Gouver-
neurs Eyre von Kingston, wo kein Kriegsrecht
proklamiert war, nach Morant Bay geschafft
worden, wo er vor ein Kriegsgericht gestellt und
wegen Hochverrats und Unterstützung der In-
surgenten zum Tode verurteilt und am 23. Ok-
tober 1865 gehängt wurde. Das englische Par-
lament nahm sich der Sache an. Die an dem
Kriegsgericht beteiligten Col. Nelson und der
Leut. der Marine Brand wurden vor die Grand
Jury in London gestellt, aber am 10. April 1867
von dieser unter Lord Cockburn, der darauf hin-
wies, daß es in Jamaika von 1678—1832 28 Auf-
stände gegeben habe, freigesprochen. Gouverneur
Ehyre wurde beschuldigt, den Angeklagten Gordon
von Kingston in ein Gebiet, in dem der Be-
lagerungszustand erklärt war, absichtlich über-
führt zu haben, um ihn dadurch seinem ordent-
lichen Gerichtsstand zu entziehen. Eyre wurde
aber gleichfalls von der Jury freigesprochen.
Ferner wurde der Fall des französischen Ge-
nerals Cromer ausgegraben, der im Jahre 1871
ohne jede gerichtliche Untersuchung und auf vage
Angaben hin einen französischen Untertan wegen
Spionage füsilieren ließ und dafür von dem
Kriegsgericht in Lyon wegen „homicide in-
volontairc“ nur mit einem Monat Gefängnis be-
straft wurde.
Unter erheblicher Bemühung der belgischen
Konsularbeamten in Italien wurde ferner das
Material über den Fall des Italieners Livraghi
von dort aus beschafft, mit dessen Angelegenheit
sich die italienische Kammer in langen Verhand-
lungen am 27. November und am 11. und 12. De-
zember 1891 beschäftigt hatte. Der Genannte
hatte in Abessinien einen Mord begangen, war
nach der Schweiz entflohen, von dieser am 24. Juni
1891 nach Italien ausgeliefert und nach Massaua
gebracht worden, wo er im Oktober von den
dortigen Gerichten freigesprochen wurde.
Auch die Frage der Zurechnungsfähigkeit,
deren Stellung den Kommandanten Lothaire viel-
leicht von vornherein der gerichtlichen Verfolgung
hätte entziehen können, scheint, wie zahlreiche in
den Akten gesammelte Verweise auf juristische
Kommentare zum Belgischen Strafgesetz beweisen,
bei der Vorbereitung zu dem gegen den Offier
einzuleitenden Verfahren eifrig studiert worden
zu sein. Selbstverständlich hat man auch die ge-
samte englische und deutsche Literatur über Stokes
durchforscht und alles zusammengetragen, was
gegen den Mann sprechen konnte. Ebenso ist das
„Deutsche Kolonialblatt“ hinsichtlich der Gou-
vernements= und Regierungsverordnungen in
bezug auf den Waffen= und Munitionshandel in
Deutsch-Ostafrika genau ausgezogen worden, um
zu prüfen, inwieweit die deutsche Regierung Mit-
schuld an dem von Stokes betriebenen Waffen=
handel habe. Die so gewonnenen Unterlagen sind
dann später auch in den Reden der die Verteidi-
gung Lothaires führenden Advokaten in Boma
und Brüssel reichlich gegen Deutschland und zu
zugunsten des Angeklagten ausgenutzt worden.
(Bgl. Anlage V.)
Auch Herr Eugen Wolf, der damals, von
Madagaskar zurückkommend, sich kurze Zeit in
Zanzibar und an der deutsch-ostafrikanischen Küste
aufgehalten hatte und dort Leute von Stokes so-
wie Araber und Wasukuma vernommen haben
wollte, bot dem König durch einen Mittelsmann,
wie aus den Dossiers hervorgeht, im Dezember
1895 zweimal sein Material gegen Stokes an.
Der König aber bemerkte zu den Briefen trocken:
’ai indiqué de ne pas répondre.“
Eine genaue Durchsicht der sehr umfangreichen
Brüsseler Dossiers über den Fall Stokes hat keinen