Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVII. Jahrgang, 1916. (27)

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Damit war das große kongolesische Pacht- 
gebiet im Nilbecken auf das zusammengeschrumpft, 
was später unter dem Namen „Enclave von Lado“ 
verstanden wurde. Ohne es zu wollen, hatte, 
wie die Folge zeigte, Frankreich mit diesem Ver- 
trag nur die Pläne Englands gefördert. Fünf 
Monate nach Abschluß desselben gelangte ganz 
unerwartet der dem König Leopold befreundete 
Felix Faure auf den Präsidentenstuhl der fran- 
zösischen Republik (17. Januar 1895). Dieser 
Umstand scheint bei dem König neue Hoffnungen 
auf die Erfüllung seiner geheimen ägyptischen 
Pläne erweckt zu haben. Er näherte sich jetzt 
Frankreich wieder, offenbar um in dem bevorstehen- 
den Konflikt zwischen Frankreich und England 
über den Besitz des ägyptischen Sudan als tertius 
gaudens den Gewinn einstreichen zu können. Im 
September 1895 weilte er selbst in Paris, um 
im persönlichen Verkehr mit den leitenden 
Männern Frankreichs seine eigenen Ziele zu 
fördern. Leider enthalten die vorhandenen Dossiers 
auch nicht die geringste Andeutung über das, was 
damals zwischen dem König und dem Ministerium 
Ribot verhandelt worden ist. Jedenfalls aber 
scheint dieses Kabinett damals bereits zu dem 
Entschluß gelangt zu sein, die unfruchtbare Rolle 
eines Verteidigers der internationalen auf Agypten 
Bezug habenden Verträge mit der Türkei fallen zu 
lassen und England den Erwerb der mittleren 
Nilgebiete zu wehren. Die Folgen dieser Wen- 
dung der französischen Politik zeigten sich in dem 
Beschluß, eine große französische Expedition unter 
Comm. Marchand nach dem mittleren Nil zu 
entsenden, während der König den Baron Dhanis 
mit der Organisation und Führung eines ähn- 
lichen großen Unternehmens beauftragte, das 
von Süden her dem gleichen Ziel zustreben 
sollte. In der Tat hat dann auch der 
Kongostaat die Expedition Marchand ganz offen 
unterstützt. 
Dossier France Divers 62, 2—38. Nach 
einem Bericht des Gouverneurs Wahis in Boma 
an den Staatssekretär in Brüssel vom 26. Januar 
1897 Nr. 764/202 a lieh die Kongoregierung dem 
wegen der Beförderung seiner Truppen und des 
Expeditionsmaterials infolge der ungenügenden 
Vorbereitungen, die die örtliche französische Kolonial= 
verwaltung getroffen hatte, in Verlegenheit ge- 
ratenen Comm. Marchand den Dampfer „Ville 
de Bruges“ und war bereit, erforderlichenfalles 
auch den Dampfer „Ville de Paris“ herzugeben, 
um die Expedition von Brazzaville nach Zongo 
am Ubangi zu überführen. 
Der Kongostaat berechnete Marchand für den 
Transport von 
  
30 t Lasten à 350 Frs. = 10 500 Frs. 
8 Weißen à 200 — 1 600 
160 Farbigen à 50 = -— 8 000 
20 100 Frs. 
Für die Nahrung der Weißen mußten außer- 
dem noch 8 Frs. pro Tag und Kopf bezahlt 
werden. 
In demselben Dossier findet sich auch noch 
eine Denkschrift des Cheval, de Cuvelier über 
die Expedition Marchand vom 8. Jannar 1898 
an den König. Da der Verfasser die Unauf- 
richtigkeit und das Heuchlerische der französischen 
Politik in dieser vertraulichen Niederschrift sehr 
zutreffend charakterisiert, so möge ihr wesentlicher 
Inhalt, als auch heute noch sehr zeitgemäß, im 
Nachstehenden wiedergegeben werden: 
„L'ion peut affirmer qdue la présence des 
%expéditions françaises et leurs actes d’occu- 
Pation dans le Bahr el Ghazal sont en opposi- 
tion avec Tattitude du Gouv. Français au 
lendemain de l’arrangement Anglo-Congolais 
du 12 mai 1894, avec les déclarations qu’il fit 
à cette époquc, et méme avec Tl’esprit de 
Ticcorl Franco-Congolais du 14 acüt 1894. 
Lors de l’arrangement avcc I’Angleterre, la 
théorie déefendue et affirmée en France kut 
qu'en donnant à bail des territoires dans le 
bassin du Nil, cette convention disposait de 
territoires qui appartenaient à la Turquie, et 
violait par conséquent les droits de la Turquie 
ct de IEgyFpte et meéeconnaissait le principe de 
T’intégrite de P’Empire Ottoman, solonnelle- 
ment affirmé à diverses reprises par les Puis- 
sances. Les protestations dui se souleveèrent 
sc basaient non pas sur les droits due la 
France aurait possédés dans le bassin du Nil, 
mais sur l’absence de droits sur ces régions 
dans le chef de I’Angleterre. La France se 
Dosa en döéfenscur du respect des traités inter- 
nationaux assurant le maintien de l'’intégrité 
de Il'’Empire Ottoman. 
l’occasion de la publication Anglo-Congo- 
laise M. Francois Deloncle, Député, fit distru- 
buer à la Chambre une série de documents, 
notamment les firmans du Sultan confer- 
rant à l’Egypte l’administration des terri- 
toires du Haut-Nil. „Aux termes de ces 
firmans, les territoires du Haut-Nil et du Bahr 
el Gazal que I’Angleterre a la prétention de 
donner à bail à I’Etat du Congo appartiennent 
a IEgypte, et, par PEgypte, à PEmpire Otto- 
man dont les Grandes Puissances ont garanti 
Pintégrite. C'est pour cela, due la France. 
amie de I’Egypte et de la Turquie, a toujours 
refusé de souscrire ou participer à un partage.c
	        
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