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indigènes pour l’occupation, à un titre quel--
conque, de parties du sol, ne sera reconnu par
le gouvernement et ne sera protégé par lui, à
moins duc le contrat ou la convention ne soit
fait à P’intervention de Tofficier public commis
par P’administrateur général et d’apreès les
frögles due ce dernier tracera dans chaque cas
articulier.
2. Nul n'a le droit d'’orcuper sans titre des
terres vacantes, ni de dépossder les indigènes
des terres du’ils occupent; les terres vacantes
doivent etre considérées comme appartenant
à I'Etat.
Wenn diese Vorschrift die Eingeborenen davor
schützen sollte, ihrer Ländereien durch Zugriffe der
Weißen verlustig zu gehen, so war sie durchaus
im Sinne der Kongoakte, vorausgesetzt, daß ein-
wurfsfrei und klar festgestellt wurde, was unter
„terres vacantes“, herreuloses Land, zu verstehen
war, und daß diese herrenlose Gebiete unparteiisch
und unter Anhörung der Eingeborenen ermittelt
wurden. Eine solche vernünftige und sachgemäße
Regelung der Landfrage schien diese Ordonnance
auch anzustreben, denn bei ihrer Veröffentlichung
wurde in einer gleichzeitig ergangenen Prokla-
mation gesagt: „Le décrct a pour but T’assurer,
dans les formes qui seront prescrites, la recon-
naissancc des droits acquis, et de permettre
organisation régulière, dans un avenir pro-
chain, de la propriété foncière de I’Etat. En
attendant, pour éGCviter des contestations et des
abus, l’administrateur générol, autorisé par le
Souverain, arrôte . . ... Es folgt dann die
oben angeführte Ordlonnance.
Aber schon sechs Jahre später wurde durch ein
geheimes, erst viel später allgemein bekannt ge-
wordenes Dekret vom 21. September 1891 dieser
anscheinend liberalen und nach dem Sinn der
Kongoakte allein möglichen Land= und Wirt-
schaftspolitik ein jähes Ende bereitet. Die Agen-
ten des Staates wurden angewiesen, schleunigst
die nötigen Maßnahmen zu ergreifen, um dem
Staat die Verfügung über die Naturerzeugnisse,
namentlich das Elfenbein und den Kautschuk, zu
sichern. In der Folge wurde in dem allergrößten
Teil des Staatsgebietes der Landbesitz der Ein-
geborenen auf die von ihnen derzeit angebauten
Felder beschränkt und keine Rücksicht auf ihre Ge-
wohnheiten und Bedürfnisse bei Todesfällen oder
Epidemien, die Dörfer zu verlegen bzw. durch
Klärung unberührter Waldstrecken die mangels
regelmäßiger Düngung bald erschöpften Felder
anderweitig zu ersetzen, genommen. Die neue
Domanialpolitik erklärte alle Produkte des Waldes
als Staatseigentum, ihre Sammlung von seiten
der Eingeborenen als Diebstahl und den Ankauf
derselben durch freie Faktoreien europäischer Kauf-
leute als Hehlerei.
Allen Beschwerden der durch diese Maßnahmen
in ihrer Existenz bedrohten Handelsgesellschaften
und Einzelkaufleuten gegenüber erklärte der
Kongostaat, gestützt auf die rein theoretischen Gut-
achten einer Reihe von belgischen und fremd-
ländischen, französischen, englischen, deutschen und
russischen Rechtskundigen, daß am Kongo die voll-
ständigste Handelsfreiheit herrsche. Er müsse aber
mit einer vorhandenen Tatsache rechnen. Fast das
ganze Staatsgebiet sei herrenlos. Ihm stehe das
von allen zivilisierten Staaten befolgte Sonve-
ränitätsrecht zu, sich diese herrenlose Gebiete an-
zueignen und frei darüber zu verfügen. Er habe
sogar die Pflicht, nichts zu vernachlässigen, um aus
den Staatsdomänen allen erreichbaren Nutzen zu
ziehen, um damit dann den allgemeinen Inter-
essen des Landes zu dienen. Der Kautschuk als
natürliches Produkt des ihm gehörigen Landes
sei sein Eigentum. Die Ausbeutung der Staats-
ländereien, der Verkauf ihrer Erträgnisse bedeute
nicht Handel treiben. Das sei seine Privatange-
legenheit. Die Berliner Akte verbiete Monopole
und Handelsprivilegien. Da aber der Staat keinen
Handel treibe, würde man vergeblich nach einem
Handelsmonopol suchen. Grund zu einer Be-
schwerde sei höchstens vorhanden, falls der Staat
systematisch die Erteilung von Konzessionen an
andere als an Belgier und Kongountertanen ver-
weigere. Da aber alle Welt gleichmäßig behandelt
werde, werde die Gleichheit zwischen den Natio-
nalen und Fremden vollkommen gewahrt. Der
Handel habe daher keinen berechtigten Grund zu
Klagen. Wenn er beengt und gehindert werde, so
sei nicht der Staat daran schuld, sondern Um-
stände, die er nicht geschaffen habe und aus denen
cinen Vorteil zu ziehen, er das volle Recht habe.
Mit dieser Ansicht stand freilich das von dem
Urheber der Berliner Kongokonferenz feierlich
verkündete Ziel und die grundlegende Idee der-
selben, allen handeltreibenden Nationen den Zu-
tritt zum Innern von Afrika zu erleichtern, in
einem schneidenden Gegensatz. Denn den Ge-
dankengängen dieser Konferenz entsprechend schien
der Kongostaat dazu berufen, alle Schranken für
den Handel beseitigen und niederlegen zu helfen
und seine sonstigen Aufgaben auf die Regierung
und Verwaltung des ihm zufallenden Gebietes zu
beschränken.
Nach der Veröffentlichung des noch dazu sehr
milden Berichtes der Untersuchungskommission
über die Zustände am Kongo vom 30. Oktober
1905 erschienen in Brüssel in Jahre 1906 zwei
Bücher, die im Lande sehr großes Aufsehen er-
regten: In seiner „Etude sur la situation de
I Etat Indépendant du Congo“ legte der Brüs-