Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVIII. Jahrgang, 1917. (28)

gesunde Eingeborenenpolitik in Afrika die Auf- 
rechterhaltung eines Solidaritätsgefühls 
und eines solidaren Auftretens der weißen 
Rasse ist! « 
Diese Voraussetzung ist durch Englands Kriegs- 
politik vernichtet worden: Ich verfüge über Be- 
weise, daß sich manchem englischen Gouverneur 
das Herz im Leibe ebenso umgedreht hat wie 
mir, als sie auf Befehl Londons die Farbigen 
gegen die Weißen hetzen mußten und machtlos 
waren, als die englischen Militärs deutsche Ge- 
fangene von Farbigen auspeitschen ließen: Eng- 
lands Eingeborenenpolitik ist nicht nur eine Schän- 
dung des Ansehens der weißen Rasse, sondern 
auch ein verhängnisvolles Unrecht gegen die 
schwarze Rasse. Um so schwerer und gewissenloser 
ist dieses Verbrechen, weil gerade das rassenstolze 
Britannien dafür verantwortlich ist. Da haben 
wir die Freiheit, die das England Lord Robert 
Cecils den aus deutscher Knechtschaft erlösten 
Negern bringen will, nämlich die Freiheit, sich 
für England im Kampfe gegen Weiße totschlagen 
zu lassen. 
Ich wende mich jetzt zu der zweiten' Prokla- 
mierung der kolonialen Kriegsziele, die dieser 
Tage aus England zu uns gekommen ist, zu der 
Rede des burischen Staatsmannes Smuts. Er 
spricht in einem anderen Tone zum Feinde als 
Lord Robert Cecil. Das hat seinen guten Grund. 
Smuts kann es sich leisten, ohne Beschimpfungen 
zu reden, er hat nicht wie der Blockademinister 
bloß mit den Werkzeugen und Waffen des Hungers 
und der Verleumdung gegen Deutschland gekämpft. 
Er hat im Felde gegen uns gestanden. lostis 
est non inimicus! 
Aber, meine Herren, der Imperialismus des 
Buren ist womöglich noch weltumspannender als 
der Imperialismus des Engländers. Seine Worte 
klingen wie eine Paraphrase des Ausspruchs von 
Sir Charles Dilke: „The worid is rapidly be- 
coming English.“ (Die Welt wird im Sturm- 
schritt englisch.) Allerdings mag mancher Engländer 
aus General Smuts auch herausgehört haben: 
„Great Brilain is rapidly becoming unenglish.“ 
(Großbritannien wird im Sturmschritt unenglisch.) 
Der mir zugängliche Bericht läßt nicht klar 
erkennen, wie sich Smuts im einzelnen die künf- 
  
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tige Gestaltung Afrikas denkt. Aber wenn seine 
Rede korrekt wiedergegeben ist, so scheint auch er 
von einer kolonialen Zukunft Deutschlands nichts 
wissen zu wollen. So unvereinbar auch Smuts' 
koloniale Ziele mit unseren berechtigten Ansprüchen 
sein mögen, so stellt er doch Grundsätze der Ko- 
lonialpolktik auf, die jeder gewissenhafte Koloni- 
sator billigen muß, Grundsätze, die allerdings in 
einem seltsamen Widerspruch zu seinen eigenen 
Schlußfolgerungen zu stehen scheinen. 
General Smuts fordert die Sicherheit der 
Verbindungen. Die fordern wir auch, die Frage 
ist nur, ob Smuts eine Sicherstellung im Auge 
hat, die allen seefahrenden und handeltreibenden 
Völkern zugute kommt, oder ob er mit diesem 
Worte den Engländern nur jenen Rat geben will, 
den Bolingbroke in der Komödie „John Bull“ 
seinen Landsleuten folgendermaßen deutlich macht: 
„Pflanzt an allen Küsten aller Meere, auf jede 
Nase, die zu spitz ins Meer ragt. einen Pfahl und 
sagt: Hier ist Englands Grenze, bis auch kein 
Dünenhase mehr daran zweifelt, daß, wo in aller 
Welt etwas Meer, Sec, Kanal, Gewässer, Nehrung. 
Sund, Fiord, Haff, kurz Wasser nennt, es sich um 
britisches Besitztum handelt. Denn als am dritten 
Schöpfungstage Gott sprach: es sammle sich das 
Wasser unter dem Himmel an bestimmte Orter, 
und weiter: die Sammlung der Wasser aber nannie 
er Meer — da schuf Gott Großbritannien!“ 
Meine Herren! Ich habe von meinem kolo- 
nialen Standpunkte aus die Freiheit der Meere 
immer als deutsches Kriegsziel gefordert. Aller- 
dings verstehe ich darunter etwas anderes als 
der erste englische Seelord. Wenn Sir Edward 
Carson in seiner Rede auf dem Bankett des 
Flottenvereins am 17. Mai d. Is. die Freiheit 
der Meere als englisches Kriegsziel fordert, so 
versteht er darunter lediglich die Möglichkeit für 
Großbritannien, die englische Seemacht in jedem 
Kriege uneingeschränkt zu mißbrauchen, untel 
amerikanischer Garantie permanenter Straflosigkeit. 
General Smuts fordert dann weiter, die Aus- 
bildung schwarzer Armeen zu verhindern. Wen 
trifft diese Anklage? Uns, die wir den Kongo“ 
vertrag halten wollten und immer für den Frieden 
Afrikas eingetreten sind? Oder die Engländer, 
Franzosen und Belgier, die Tausende von Far- 
bigen aller Schattierungen auf die europäischen 
Schlachtfelder entsandt haben und die, wie die
	        
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