Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVIII. Jahrgang, 1917. (28)

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dringenden Belgier bei Sikonge zurückgeschlagen 
und damit die Loslösung der Wahleschen Kom- 
pagnie von diesem Feinde ermöglicht hatte, den 
englischen Truppen „entkommen“, das scheint 
doch (in gutes Deutsch übersetzt) zu heißen, daß 
er in schneidigem Angriff die englische Einkreisungs- 
linie zwischen Iringa und dem Nhassasee zum 
zweiten Male, diesmal von Osten nach Westen 
durchbrochen hat. Erinnert mag dabei an einen 
kurzen englischen Bericht werden, der, aus privater 
Quelle stammend, von einem „größeren Unglück“ 
sprach, das die neu auf den ostafrikanischen 
Kriegsschauplatz verbrachte Nigerische Brigade 
südlich Jringa betroffen habe. Der Zeitpunkt, in 
dem dieses „Unglück“ stattgehabt haben muß, 
würde sich ebenfalls mit dem Zeitpunkt des „Ent- 
kommens“ Wintgens durch die englische Linie 
decken. Jedenfalls hat die unter Wintgens Be- 
fehl stehende deutsche Kolonne dann eine Zeit- 
lang ungehindert im Rücken der Northeyschen 
Armeegruppe gearbeitet und deren rückwärtige 
Verbindungen und Depots wahrscheinlich empfind- 
lich gestört, war doch das im englischen Bericht 
erwähnte Neu-Utengule eine Zeitlang General 
Northeys Hauptquartier! Der Weitermarsch der 
Kolonne Wintgens gegen den Ruckwasee hin 
stellte dann eine schwere Gefährdung von Britisch- 
Rhodesien dar. Die englischen Truppen eilten, 
dies Gebiet zu schützen, und flehentlich wurden, 
wie ein Artikel aus dem XX. Sidèle vom 1. Juni 
verrät, die Belgier um Unterstützung gebeten zum 
Kampf gegen die den Engländern „entronnene“ 
Kolonne Wintgens. Diese kehrte sich nun von 
der rhodesischen Grenze ab und marschierte auf 
Tabora. Um den 6. Mai stand sie, wie der 
englische Bericht angibt, bei Kitunda, sie wandte 
sich dann gegen Kalula, das dicht bei Sikonge 
liegt, wo Wintgens im Herbst 1916 die belgischen 
Verfolger abschüttelte. Diesmal sollte er in dieser 
Gegend persönlich weniger glücklich sein. Bei 
Lukalanka dicht südlich Kalula (oder Igalula) 
wurde er von einer Patrouille der ihm entgegen- 
gesandten belgischen Kolonnen, vermutlich auf einer 
eigenen Erkundung oder, was auch im Bereich 
der Möglichkeit liegend angesehen werden. muß, 
infolge Erkrankung gefangen; ein zweifellos 
schwerer Verlust für die ostafrikanische Schutztruppe, 
  
als deren befähigtster Führer einer Wintgens sich 
während des ganzen Feldzuges stets bewiesen hat. 
Eine Tatsache, die anzuerkennen sogar seine 
Hauptgegner, die Belgier, nicht gezögert haben. 
Aus ihren Berichten ergibt sich auch, daß um 
ein unglücklicher Zufall Wintgens persönlich in 
feindliche Gewalt hat fallen lassen, während seine 
Kolonne noch nach wie vor intakt im Felde steht. 
Auch hier wieder war der amtliche englische Be- 
richt so abgefaßt, daß man im Zweifel sein konnte. 
* * 
Aus dem amtlichen englischen Bericht ersehen 
wir also bei richtiger Würdigung seines Inhaltes 
kurz folgendes: Im Osten halten deutsche Ab- 
teilungen die Matandulinie und suchen gegen die 
Küstenplätze im südlichen Küstenabschnitt wie Lindi 
und Sudi vorzudringen. Südlich des Rovuma 
beschaffen kleinere Fouragierungsabteilungen im 
Einverständnis mit der dortigen Eingeborenenbe- 
völkerung Lebensmittel für deutsche Depots nördlich 
des Rovuma. über die Lage bei Songea und 
Mahenge läßt sich ein klares Bild aus den 
feindlichen Berichten nicht gewinnen. Der Bericht 
von der Räumung dieser Plätze, vor allen Dingen 
Mahenges, erscheint aber wenig glaubhaft. Im 
Westen von Mahenge ist die englische Einkreisungs- 
linie von einer größeren deutschen Kolonne durch- 
brochen worden, die nach einem gewaltigen über 
mehrere hundert Kilometer sich hinziehenden 
Marsch Ende Mai etwa 60 bis 70 km sddlich 
Tabora stand. Eine andere deutsche Kolonne 
(ob größer oder kleiner ist aus dem knappen 
englischen Bericht nicht ersichtlich) ist außerdem 
nördlich über den Ruaha gegen Kilossa vot- 
gedrungen und bedroht die englischen Siche' 
rungen an der Tanganjikabahn. 
Das Ganze ergibt ein Bild der militärischen 
Lage in Deutsch-Ostafrika, dos alles, was man 
von der Leistungsfähigkeit der kleinen deutsch-ost- 
afrikanischen Schutztruppe gegen Ende des dritten 
Kriegsjahres erwarten durfte, weit hinter sich läß. 
Dieser letzte amtliche englische Bericht ist ein 
neuer Beweis für das fast übermenschliche Helden- 
tum und den glänzenden Geist, der unsere Ost= 
afrikaner, Führer sowohl wie Soldaten, beseelt 
  
Aus fremden Kolonien und Droduktionsgebieten. 
Baumwollanbau in Bulgarlen. 
Das bulgarische Ackerbauministerium hat 
vier 
Eisenbahnladungen Baumwollsamen angeschafft, die 
an die Bevöllerung im Gümüldzinger und Adrianopeler 
Kreis zu Anbauzwecken verteilt werden.
	        
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