Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVIII. Jahrgang, 1917. (28)

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FcTichtamtlicher Teil II 
AusdenArchivendesbelgiichenKolonialminifteriums. 
Elfte Veröffentlichung.) 
Der Ursprung der Kongo-Eisenbahn nach einer AKufzeichnung 
des Barons Lambermont. 
König Leopold II. als Politiker und Finanzmann. 
„Der Plan des Baues einer Eisenbahn zwischen 
dem Stanley Pool und dem Meer bestand 
bereits vor der Gründung des Kongostaates. 
Er geht bis auf die Zeit zurück, in der Stanley, 
nachdem er den Strom hinabgefahren war, das 
Vorhandensein von Katarakten, die die Schiffahrt 
auf seinem unteren Laufe hemmen, festgestellt 
hatte. Das erste Projekt einer Eisenbahn wurde 
in jener Zeit aufgestellt, es faßte den Bau eines 
dem Kongo parallel laufenden Schienenweges in 
wei Abschnitten ins Auge; den einen zwischen 
der nicht schiffbaren Strecke zwischen Vivi und 
Isangila und den anderen zwischen Manianga 
und dem Pool, auf dem die befahrbaren Strom- 
stiecken von zu geringer Länge sind, um sie für 
die Schiffahrt ausnutzen zu können. Es würde 
iich also um einen abwechselnden Land= und 
Wasserweg gehandelt haben; doch prüfte man 
bereits damals die Möglichkeit des Baues einer 
lückenlosen Bahnlinie zwischen dem ersten Katarakt 
und dem Pool. 
Französischerseits behauptete de Brazza die 
Möglichkeit eines Bahnbaues auf dem rechten 
Kongoufer, sei es unter Benutzung des Ogowe- 
Alima oder des Kwiln-Niadi. 
Auf alle Fälle handelte es sich hierbei um 
sehr unbestimmte Pläne, die um so weniger die 
Qusstellung eines endgültigen Projektes gestatteten, 
als die Besitzstandsfrage am unteren Kongo da- 
mals noch völlig in der Luft schwebte. Portugal 
erhob Ansprüche auf die Mündungsgebiete des 
Kongo bis 5 12 ' südl. Br. und östlich bis zum 
Kwango, wodurch die Stationen der Association 
dom Meer getrennt worden wären; Frankreich 
machte Anrechte auf das rechte Flußufer geltend 
und suchte ihr den Weg nach dem oberen Fluß 
abzuschneiden. 
So war die Sachlage, als Ende 1884 die 
derliuer Kongokonferenz zusammentrat. Die bel- 
giche Regierung verlor bei Aufstellung der In- 
Kruktionen für ihre Bevollmächtigten die Frage 
) Vgl. zuletzt „D. Kol. Bl.“ 1917, Nr. 15/10, 
  
den Augen. Der Artikel 6 des Vertragsentwurfes, 
der ihnen als Richtschnur bei den Verhandlungen 
zu dienen hatte, sah in der Tat voraus, daß 
dieser Ban unter Leitung und auf Kosten der 
internationalen Kommission unternommen werden 
könne, die mit der Regelung und Verwaltung 
des Flußverkehrs auf dem unteren Kongo aus- 
schließlich beauftragt werden sollte. Diese Be- 
stimmung verschwand aber in der endgültigen 
Fassung des Vertragsentwurfes auf Veraulassung 
des Königs, der den Entschluß gefaßt hatte, den 
Bau der Eisenbahn durch die Association Inter- 
nationale ausführen zu lassen. Die der belgischen 
Mission vor ihrer Abfahrt nach Berlin über- 
gebenen Anweisungen beschränkten sich auf die 
Möglichkeit der Herbeiführung einer Vereinbarung 
für den Kongo ähnlich derjenigen, die Österreich= 
Ungarn als hauptsächlichste Ufermacht die aus- 
schließliche Vollmacht übertragen hat, die Hinder- 
nisse zu beseitigen, die das Eiserne Tor der 
Donauschiffahrt verursachen. Die Instruktion 
schrieb indes vor, die Initiative in dieser An- 
gelegenheit den am meisten interessierten Ufer- 
staaten zu überlassen und es wurde den belgischen 
Bevollmächtigten anempfohlen, eine abwartende 
Haltung einzunehmen. 
Der zweite Bevollmächtigte der Vereinigten 
Staaten, Mr. Sanford, machte in der Sitzung 
vom 27. November 1884 den Vorschlag, der am 
meisten interessierten Ufermacht die ausschließliche 
Zuständigkeit zu erteilen, eine Bahn in dem Ka- 
taraktengebiet entweder selbst oder durch eine 
Gesellschaft zu bauen und zu betreiben. 
Dieser Vorschlag wurde durch seinen Urheber 
in der Sitzung der mit der Prüfung der Kongo- 
und Niger-Schiffahrtsakte beauftragten Kommission 
näher begründet. Seine Ausführungen erzengten 
indes vielfach Widerspruch. Die portugiesischen 
Bevollmächtigten hoben hervor, daß die Frage 
noch nicht reif sei, daß sich andere Kombinationen 
finden lassen könnten, daß die Rechte der übrigen 
Uferstaaten geachtet werden müßten. Der fran- 
. 200 fl.
	        
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