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GNKMichtamtlicher Teil w
-zwei bisher unbekannte Dokumente zur Vorgeschichte des Kongostaates aus den
Jahren 1878 und 1879, das Comité d’études du Haut-Congo betreffend.
Um seine Pläne aus Mittelafrika, so selbstlos
und nur vom Interesse des Wohles des belgischen
Volkes getragen sie ursprünglich auch gewesen
sein mögen, zu verwirklichen und sie vor der
Mißgunst, dem Neid und der Ländergier gewisser
crnropäischer Kabinette, besonders der englischen,
französischen und portugiesischen zu schützen, war
Leopold II. von vornherein zu außergewöhnlichen
Maßnahmen und Kunstgriffen gezwungen. Es
galt die öffentliche Meinung in Europa und in
den Vereinigten Staaten Jahre hindurch über
seine esgentlichen Absichten in die Irre zu führen
und auch die Staatsmänner im Dunkeln über
seine Absichten zu lassen. Zu diesen Mitteln, die
er, wohl mit unter dem Rat und Einfluß seiner
intimen Berater, des Oberst Strauch, des General-
sekretärs im belgischen Ministerinm der Auswärtigen
Angelegenheiten Baron Lambermont und des
Direktors im gleichen Ministerium E. Banning,
benutzte, gehörte ganz besonders auch das Ver-
steckspiel hinter den verschiedenen Namen, mit
denen die privaten Unternehmungen des Königs
der Belgier in Afrika während der für sie so
tritischen Jahre von 1876 bis 1885 belegt und
mit dem ihnen so vorteilhaften Nimbus der Inter-
nationalität umgeben wurden. Zuerst gingen sie
unter der Firma der Associntion Internalticnale
Africaine (A. I. A.), dann trat neben diese Be-
nennung das Comité d'etudes du llaut-Congo,
lum später allmählich in die Begeichnung Ass#-
ciation Internationale du (ungo (A. I. (.) über-
geleitet zu werden.
Letzten Endes bedenteten diese verschiedenen
Namen nur ein und dasselbe. Hinter ihnen
stand, ganz besonders aber hinter der A. I. (
als alles bis in die Einzelheiten leitender Lenker
und Geldgeber allein der König.
Ergebnis öffentlicher Sammlungen oder an La-
bvitalien von Privatpersonen zufloß, war
Denn das, was
der A. I. A. und dem Comité d’études aus dem
fast.
verschwindend gegenüber den jährlichen Zuschüssen
aus dem königlichen Privatlvermögen. #
A. Vermeersch hat daher in seinem tritischen
n'entendons point
prémcditée dès la première heure.
Werke LaG Question mpolaisc, Brugelles 1906,
durchaus rechl, wenn er S. 12 sagt, daß la
T
memc pensce, la meme volonté eréatrice- diese
sämtlichen Scheingesellschaften leitete.
Obwohl die Dokunente und Materialien über
die Geschäftsgebarungen dieser „Gesellschaften“
und die Daten über die für sie gemachten Auf-
wendungen nach dem Willen Leopolds später
nach Möglichkeit der Vernichtung anheimgefallen
sind, läßt sich doch noch so viel erkennen, daß
diese Namenänderungen im wesentlichen bedingt
wurden durch das Maß, in welchem die ur-
sprünglich mehr oder weniger vagen, ja phan-
tastischen Pläne des Königs sich ausreiften und
eine festere, auf ein bestimmtes Ziel ausgehende
Gestalt gewannen.
Die ernstzunehmenden Antoren der Kongo-
istorie, darunter auch die zahlreichen Gegner des
belgischen Herrschers, sind so ziemlich einig in der
Ansicht, daß es nicht zulässig ist, seine afrikanische
Politik von Anfang an als eine machiovellistische
zu bezeichnen, und zwar in dem Sinne, daß
etwa dem König von vorn herein ein ganz ge-
heimes, von niemand, auch von seinen intimsten
Beratern gekanntes oder geahntes, fast ausschließlich
selbstischen oder dynastischen Zielen dienendes
Unternehmen in bestimmten Umrissen vorgeschwebt
habe, so wie das der Kongostaat seit 1891
schließlich wurde. Um solche Pläne und Ent-
schließungen in mehr oder weniger ausgereifter
Form von vornherein sassen zu können, dazu
war gentralafrika und die dort sich bietenden
wirtschaftlichen und politischen Möglichkeiten und
Aussichten in den Jahren, in denen der König
sich mit Afrika zu beschäftigen begann, viel zu
unbekanm und wenig erforscht. Mit Recht sagt
daher Rene Clapardde in seiner Vorrede zu
soiner im Verein mit Dr. Christ-Soein heraus-
gegebenen Schrift: I.#ärolution d’'un Etat phi-
lanthrophique, (iendrec 1909: En exposant
la genese de la Plus étonnante entreprise
dG'espropriation forcce au prokit de parti-
culiers dont Fhistoire fasse mention, nous
sous-entendre qu'elle fut
L'on ne
saurait, sans enfreindre les lois de l'cquité,
soupeonner auenn homme d'une telle per-