Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVIII. Jahrgang, 1917. (28)

50 e. 
Ostufer liegenden Missionsstation Karema über- 
gesetzt und trat von dort den Vormarsch direkt 
auf Tabora an, wo sie noch in die vom 1. bis 
11. September 1916 dauernden Kämpfe eingreifen 
konnte. 
Den beiderseits des Kiwusees angreifenden 
Belgiern standen schwache deutsche Kräfte gegen- 
über. Ihre Gesamtstärke dürfte etwa 1000 Ge- 
wehre betragen haben. 
Zwar gelang es dem bei Tschangugu stehenden 
Major v. Langenn-Steinkeller, die über den Rus- 
sisi vorgehenden Belgier in einem bei der Missions- 
station Mibirisi stattgehabten Gefecht wieder über 
den Fluß zurückzuwerfen. Auf die Meldung von 
der Landung belgischer Truppen in seinem Rücken 
bei Ischangi sah er sich jedoch genötigt, seine 
Stellung bei Tschangugu aufzugeben und in nord- 
östlicher Richtung auf Rubengera zurückzugehen, 
von wo er nach Heranziehung einer ihm von 
Hauptmann Wintgens gesandten Kompagnie vor 
dem stark nachdrückenden Gegner südöstlich auf 
Issawi auswich. 
Die Folge der Aufgabe der Stellung südlich 
des Kiwusees sowie des gleichzeitig einsetzenden 
feindlichen Vormarsches am Mpororo war, daß 
auch Hauptmann Wintgens seine bis dahin bei 
Kissenji erfolgreich gehaltene Stellung aufgeben 
mußte. Die Räumung der Stellung, in der nur 
ein Beobachtungsposten von drei Askari zurück- 
blieb, erfolgte, ohne vom Feinde bemerkt zu werden. 
So kam es, daß die Belgier den ganzen Tag 
darauf die Stellung unter starkes Artilleriefeuer 
nahmen' und erst später durch Eingeborene er- 
fuhren, daß sie verlassen sei. 
Wintgens, der auf die Nachricht, daß Kigali 
bereits von der belgischen Mpororokolonne besetzt 
sei, gleichfalls südlich auf Issawi abbog, stieß bei 
Njansa auf die dem Major v. Langenn folgende 
feindliche Kolonne. Es gelang ihm, diese zurück- 
zuwerfen und sich bei Issawi mit Major v. Lan- 
genn zu vereinigen. Beide setzten dann den Rück- 
marsch bis zu der südlich des Akanjaruflusse 
gelegenen Missionsstation Iruwura fort, wo sie 
erneut Stellung nahmen. 
Die beiden südlich und nördlich des Kiwusees 
vorgegangenen feindlichen Kolonnen hatten sich 
nun ebenfalls bei Njansa vereinigt und waren 
über Issawi und den Akanjarn nach Süden ge- 
folgt, während die Mpororokolonne von Kigali 
aus ihren Weitermarsch anscheinend in direkt süd- 
östlicher Richtung auf das Kageraknie fortsetzte. 
Am 6. Juni wollte Major v. Langenn den 
über den Akanjarn vorgegangenen Gegner wieder 
über diesen Fluß zurückwerfen. Dieser anfangs 
mit Erfolg eingeleitete Versuch mußte jedoch wieder 
aufgegeben werden, da der Gegner dank seiner 
großen Übermacht zu weitausholenden Umfassungs- 
  
bewegungen befähigt war. Major v. Langenn 
entschloß sich daher zum Rückzug auf Gitega. 
Ein nochmaliger Versuch am 12. Juni, die Belgier 
nördlich des Ruwuwuflusses aufzuhalten, mußte aus 
den gleichen Gründen aufgegeben werden. Da 
unterdessen die nördlich des Tanganjikasees über 
den Russissi auf Usumbura vorgegangene belgische 
Kolonne diesen Platz, der von seiner kleinen Be- 
satzung vorher geräumt worden war, am 8. Juni 
besetzt hatte und sich zum Teil auch gegen Gitega 
wandte, mußte Major v. Langenn auch diesen 
Ort aufgeben. Über die Richtung seines weiteren 
Rückzuges ist nichts bekannt geworden; anzunehmen 
ist, daß dieser in allgemein südöstlicher Richtung 
auf Tabora erfolgte. Mitte Juni standen die 
belgischen Truppen auf der allgemeinen Linie 
Usumbura—Gitega Kageraknie. Es heißt, daß 
die Belgier die Absicht gehabt hätten, über diese 
Linie nicht weiter vorzurücken. Erst die Nieder- 
lage van Deventers bei Kondoa-Irangi Mitte Mai 
und der hartnäckige Widerstand, den die deutschen 
Truppen dem Vorrücken des Generals Smuts ent- 
gegensetzten, soll letzteren bewogen haben, von den 
Belgiern den Weitermarsch zu fordern. Dies soll 
unter den erst vor kurzem aus Europa hinaus- 
gesandten europäischen belgischen Mannschaften, 
die stark unter den Einwirkungen des Klimas 
litten, großen Unmut erregt haben. Das Bewußt- 
sein, daß alle ihre Anstrengungen doch nur dem 
Interesse Englands dienten, soll dabei stark in den 
Vordergrund getreten sein. 
Das weitere Vorgehen der belgischen Streit- 
kräfte gestaltete sich nun wie folgt: 
Die rechte Flügelkolonne, anscheinend eine 
Brigade, unter dem Befehl des Oberst Olsen 
(Schwede), ging mit einem Teil von Usumbura 
am Ostufer des Tanganjikasees entlang, mit dem 
anderen von Gitega aus durch Urundi und Uha 
auf Udjidji. Die mittlere Kolonne nahm ihren 
Weg anscheinend in direkter Richtung auf Maria= 
hilf (nördlich Tabora), während die linke Flügel- 
kolonne vom Kageraknie gegen das Südwestufer 
des Viktoriasees (Emin-Pascha-Golf) vorrückte, 
das sie Anfang Juli bei Niemirembe und Busi- 
rajombo erreichte. 
Unterdessen waren englische Streitkräfte von 
der bereits früher in Besitz genommenen Insel 
Ukerewe im Viktoriasee aus nach Kangoro (Kahan- 
gara?) auf das Festland östlich Muansa übergesetzt 
und hatten nach angeblich nur kurzem Kampfe am 
14. Juli Muansa besetzt. Andere Truppenab= 
teilungen waren westlich des Sees, teils von 
Norden her über den Kagera in Karagwe ein- 
gerückt, teils in Bukoba gelandet und hatten den 
Vormarsch nach Süden ausgenommen, vor dem 
die schwachen deutschen Kräfte in gleicher Richtung 
auswichen. Anscheinend ihre Nachhut stieß am
	        
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