Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVIII. Jahrgang, 1917. (28)

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Was das Schicksal der Zivilbevölkerung in 
Deutsch-Ostafrika anlangt, so ist die Kolonialver= 
waltung in der Hauptsache bisher auf private 
Nachrichten, die gelegentlich hierher durchgekommen 
sind, angewiesen. Die englische Regierung hat 
in einer Note vom 2. Dezember v. Is. auf eine 
Anfrage von hier aus zwar amtlich erklärt, „sie 
hätte niemals die Absicht gehabt, die Zivilbevölke- 
rung dauernd gefangen zu halten oder gar sie 
nach Indien zu verbringen"“. Demgegenüber 
steht aber fest, daß tatsächlich ein großer Teil der 
Zivilbevölkerung, darunter auch Frauen, Kinder 
und nicht wehrfähige männliche Personen, sowie 
auch ordinierte Missionare, von den Engländern 
gefangen gehalten werden. Nach den hierher ge- 
langten Mitteilungen befindet sich ein Teil der 
Leute in Konzentrationslagern im Schutzgebiet 
selbst, z. B. in Wilhelmstal; ein anderer Teil der 
Gefangenen ist in Blantyre (Nyassaland) unter- 
gebracht, wieder andere sind als in Entebbe und 
Nairobi (Britisch-Ostafrika) gefangen gemeldet. Da- 
neben ist eine größere Anzahl von Leuten, dar- 
unter auch ordinierte Missionare und Frauen, wie 
einwandfrei festgestellt worden ist, nach Indien 
verschleppt worden. Die deutsche Regierung hat 
gegen dieses völkerrechtswidrige Vorgehen alsbald 
nach Bekanntwerden auf diplomatischem Wege bei 
der britischen Regierung Verwahrung eingelegt, 
sowie unter Androhung von Gegenmaßregeln 
verlangt, daß die widerrechtlich gefangen gehaltenen 
Personen alsbald in Freiheit gesetzt und, soweit 
es ihr Wunsch ist, in die Heimat befördert werden. 
* 
II. Kamerun. 
(Hierzu eine Skizze.) 
Ende August 1915 hatte in Duala ein Kriegs- 
rat der Befehlshaber der in Kamerun operierenden 
englischen und französischen Truppen stattgefunden, 
dem auch der Generalgouverneur von Französisch= 
Aquatorial-Afrika Merlin beigewohnt hatte. Sein 
Ergebnis war der Plan einer allgemeinen Offen- 
sive auf Jaunde, die im Oktober 1915 nach Be- 
endigung der großen Regenzeit einsetzen sollte. 
Es sollte das englisch-französische Expeditionskorps 
des Generals Dobell in zwei Kolonnen von Edea 
den Vormarsch auf Jaunde antreten, und zwar 
eine englische Kolonne unter Oberst Cockburn auf 
der Hauptstraße Edea—Jaunde, eine französische 
Kolonne unter Oberst Mayer entlang der Mittel- 
landbahn. Erstes Operationsziel sollte die Linie 
Eseka (Mittellandbahn) — Wumbiaga (Straße 
Edea—Jaunde) s in. Erst nach Erreichung dieser 
Linie als neuer Operationsbasis sollte der Weiter- 
marsch auf Jannde erfolgen. Im Norden und 
  
Süden sollte das Expeditionskorps durch je eine 
Kolonne unterstützt werden, deren nördliche von 
Nkongsamba über Dschang auf Fumban, die süd- 
liche von Kampo landeinwärts vorstoßen sollte. 
Aufgabe der letzteren war in erster Linie die Ab- 
sperrung der Nordgrenze von Spanisch-Muni; war 
diese durchgeführt, sollte die Kolonne einen Vor- 
stoß auf Ebolowa ausführen. An Stelle der bis- 
lang bei Kampo fechtenden englischen Truppen 
sollten Senegalschützen treten, deren lberweisung 
aus Dakar vom Gouverneur Merlin erbeten wurde. 
Zwei Kompagnien wurden bald darauf in Kampo 
gelandet. Die abgelösten englischen Truppen 
traten zu dem Expeditionskorps zurück. Auch den 
südlich des Kom und des Niem sowie östlich des 
Kie stehenden französischen Truppen unter den 
Oberstleutnants Le Meillour und Miquelard wurde 
Ebolowa als Operationsziel zugewiesen. 
Gemeinsames Ziel der von Bare über Dschang, 
von Ossidinge über Widekum Bamenda und 
schliehlich von Takum über Kentu vorgehenden 
englisch-indischen Truppen sollte zunächst Fumban 
sein. In Anlehnung an die von Adamana über 
Kontscha-Banjo und Ngaundere-Tibati vor- 
dringenden englisch-französischen Truppen unter 
General Cunliffe sollte dann das weitere Vorgehen 
auf Jaunde erfolgen. 
Im Osten schließlich war der Vormarsch der 
französisch-belgischen Truppen de- Generals Ayme- 
rich aus der Linie Dume—Bertua—Dendeng in 
drei Gruppen geplant. Der närdlichen Gruppe 
wurde die südlich des Sanaga von Dendeng nach 
Nanga-Eboko führende Straße zugeteilt, der mitt- 
leren die allgemeine Richtung Bertun— Simekoa— 
Semini— Tabene zugewiesen und der linken schließ- 
lich die Straße Dume —Gele-Menduka. Ver- 
bindung mit der Nordabteilung zu halten, sollte 
Aufgabe der nördlichen Gruppe sein, die auf 
Kunde eine Kompagnie vorzuschieben und Anschluß 
an die am Djerem stehende, zu der Abteilung 
Brisset gehörende Kompagnie zu suchen hatte. 
Als Reserve der Ostabteilung sollte die bisherige 
Abteilung Hutin nach Abong-Mbang herangezogen 
werden. Bei Alade-Makei im Dscha-Bogen hatte 
sie eine belgische Kompagnie zu belassen, um die 
Dscha-Ubergänge zu sichern und Verbindung mit 
der Südabteilung herzustellen. 
Über die Stärken der einzelnen Kolonnen 
liegen genauere Nachrichten nicht vor, da die 
feindlichen Berichte darüber immer noch schweigen 
oder nur einzelne Angaben bringen. Ein vom 
Dezember 1915 stammender Bericht der Schutz- 
truppen enthält folgende auf Schätzung bernhende 
Zahlen: 
1. Stärke des englisch-f ösischen Expeditions 
korps unter General Dobell: 3 englische 2 fran- 
 
	        
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