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wie aus nachstehendem Bericht des genannten
Offiziers ersichtlich ist:
Yola, den 25. Juli 1915.
An
den Führer der englischen Truppen
in Yola,
Herrn
Oberst Cunliffe,
Hochwohlgeboren.
Am 24. Juni 1915 zeigte mir Hauptmann Hall
einen Patronenrahmen des Gewehres Modell 88,
enthaltend zwei Stück 8-Patronen und drei angefeilte
Patronen der Munition 388. Hauptmann Hall sagte
mir, daß diese Patronen in Garua gesunden worden
seien. Hauptmam Hall wies darauf hin, daß er im
Auftrage des Obersten Cunliffe handele und daß
das Anfeilen von Patronen nicht erlaubt sei. Aus
den Worten des Hauptmanus Hall entnehme ich, daß
auf seiten des englischen Führers der Glaube be-
steht, daß diese angefelten Patronen einer Munition
entstammen, die von uns im Kriege verwendet wird.
Hauptmann Hall sagte ferner, daß noch mehr der-
artige Patronen in Garua gefunden worden seien.
Hierzu melde ich folgendes: diese angefeilten
Patronen sind Jagdmunition, die von den Europäern,
denen sie gehörte, zu diesem mwecke angefeilt worden
ist. Die Schutzrune führt als Munition das Spitz-
geschoß (8-Geschoß). Der von Hauptmann Hall
vorgegeigte Patronenrahmen gehört zu dem Gewehr
Modell 88 und paßt nicht in das Gewehrmodell 98,
das gegenwärtig bei den in Garna sechtenden
deutschen Truppen geführt wurde. Die Um-
bewaffnung der in Garna stationiert gewesenen
Kompagnie vom Gewehr Modell 88 zu dem Gewehr
Modell 98 erfolgte im Jahre 1909.
Oberleutnant Surén meldet mir, daß sich in
seinem Besip 30 S-Patronen befanden, die zu Jagd-
zwecken in Duala im Jahre 1913 angefeilt wurden
und die er in Garna zurückgelassen hat. Diese
Patronen waren in Paketen verpackt, die die Auf-
schrift „Jagd und Hunting“ trugen.
ch melde ferner, daß in Garna niemals andere
Patronen als die vorschriftsmäßigen 8-Patronen zu
Gefechtsgwecken Verwendung fanden. Da ferner
nach der Übergabe von Garua an vielen Stellen
die Koffer der Europäer erbrochen und ihres Inhalts-
beraubt wurden, ist es leicht möglich, daß Jagd-
patronen an anderen Stellen als ihrem ursprüng-
Rehra Aufbewahrungsort aufgefunden wurden.
geg. v. Crailsheim,
Haupimann.
In dem Schreiben des Generals Dobell an
den Gouverneur Ebermaier vom Dezember 1914
über die barbarische Kriegführung der deutschen
Truppen in Kamernn (siehe 4. Mitteilung) wird
die durch nichts begründete und dementsprechend
in der Antwort des Gouverneurs auch scharf
zurückgewiesene Behauptung aufgestellt, in den
Reihen der deutschen Truppen kämpften mit ver-
gisteten Pfeilen bewaffnete Eingeborene. Dieses
widerspreche dem Artikel 23 des Haager üÜber-
einkommens, betreffend die Gesetze und Gebräuche
des Landkrieges. Man sollte annehmen, daß
seitens der Wächter des Haager Übereinkommens
dessen Bestimmungen auch auf das peinlichste
beachtet würden. Inwieweit diese Annahme in-
des zutrifft, ergibt sich aus der nachstehenden
Meldung des deutschen Offzierstellvertreters
Persson an den Führer der bei Joko stehenden
Truppen:
Mbamti, den 28. November 1915.
Reserve-Abteilung V.
Nr. 165 P.
Meldung.
Ich melde, daß der bei Bongere stehende Gegner
(Frangosen) Eingeborene zu Aufklärungszwecken ver-
wendet, die mit vergifteten Pfeilen bewaffnet sind.
Am 25. November mittags war von unserer
Soldaten-Patrouille (Führer Sold. Ondna II E. M.
1425) eine feindliche Sicherung bei Kilometer 16
nördlich Joko festgestellt worden, worauf die Pa-
trouille bis zum Dorf Wembe, Kilometer 16, zurück-
ging. Abends schlichen sich zwei mit Speer und
Bogen bewafsnete Eingeborene, von Bongere kom-
mend, vorsichtig an das Dorf heran, verschwanden
aber sofort im Grase, als sie die Patronille er-
blickten. Am Morgen des 26. November erschienen
auf demselben n Wege sechs Eingeborene, wieder
ibati= oder Agaundere-Leute. Als dieselben auf
-1 in Richtung Bongere flüchteten, gab die Pa
tronille feuer und erschoß einen der Leute.
Als ich am 26. mitiags gegen Bongere vorging,
wurde mir Ine Leiche gezeigt; bei derselben befanden
sich noch die Waffen. Es handelte sich anscheinend
um einen Ngaundere-Neger. Im Köcher befand sich
eine Handvoll sehr stark vergifteter Pfeile, d. h. jedem
Pfeil war eine Menge Gift aufgetragen. Es unter-
liegt meiner Ansicht nach keinem Zweifel, daß der
Getötete im Dienst der Frangzosen gestanden hat.
Ich sah kurz darauf noch selbst bei Kilometer 18
einen feindlichen Posten, hei dem sich sechs bis acht
Eingeborene als Beobachter befanden.
gez. P on,
Feldwebel und Abteilungsführer.
Herrn Leutnant Havemann,
Hochwohlgeboren,
Joko.
Immer wieder wird in den feindlichen Kriegs-
berichten der Vorwurf barbarischer Kriegführung
gegen die Offiziere der Schutztruppe erhoben.
Sie werden beschuldigt, unschuldige Eingeborene
Kameruns gemordet zu haben, die ihrer natür-
lichen Regung folgend, sich den die Befreiung
vom deutschen Joch bringenden französischen oder
englischen Truppen angeschlossen hätten, um in
ihren Reihen gegen ihre bisherigen Unterdrücker
zu fechten, oder in anderer Weise sich ihren
Befreiern erkenntlich zu zeigen. Diese Eingebo-
renen waren Verräter und als solche sind sie
bestraft worden. Die deutschen Offiziere waren
nur Vollstrecker des Gesetzes, das in so ernster
Zeit auf das schärfste gehandhabt werden muß.
Welches Gesetz schrieb aber französischen Offizieren
vor, in Garna deutsche Eingeborene hinrichten zu
lassen, weil sie den französischen Verlockungen
widerstanden und der deutschen Regierung aus
innerstem Pflichtgefühl die Treue b. wahrt hatten?
Hauptmann Freiherr v. Crailsheim hatte sich in
richtiger Würdigung des französischen Charakters