Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVIX. Jahrgang, 1918. (29)

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übergaben Dr. Schultze-Jenas Brief, der durch 
den Boten sogleich nach dem etwa 20 km ent- 
fernten Humbe weiterbefördert wurde. Darauf 
ritten Leutnant der Reserve Roeder und Jensen 
sie den Nachbarn schon damals seiner Zufuhren 
beraubte. 
Folgender Bericht veranschaulicht die Vorgänge 
in Südangola im Herbst 1914. 
„Im September 1914 erkundete ein Lanu- 
dungsoffizier der Woermann-Linie auf einer 
Kutterfahrt nach Mossamedes, daß daselbst 
Truppen in größerer Anzahl in feldgrauen 
Uniformen gelandet wurden. Leider war es 
nicht möglich, festzustellen, was die Truppen- 
landungen bedeuteten. Man neigte zu der 
Annahme, daß es englische Truppen seien — 
denn Lüderitzbucht war bereits von den Eng- 
ländern besetzt — die von Norden her in das 
Schutzgebiet einfallen wollten. 
Zum Zwecke genauer Erkundigung wurde 
der Bezirksamtmann von Outio, Dr. Schulte- 
Jena, vom Gouvernement beauftragt, sich 
nach der Nordgrenze unseres Schutzgebietes zu 
begeben, um an Ort und Stelle seine Nach- 
forschungen anzustellen. Außerdem wollte 
Dor. Schultze-Jena, wenn Portugal seine Neu- 
tralität in dem gegenwärtigen Kriege bewahren 
sollte, versuchen, bei der Angola-Regierung 
durchzusetzen, daß die für Südwest bestimmte 
Post über Angola geleitet würde, desgleichen 
wollte man auch Proviant usw. entweder direkt 
in Angola einkaufen oder von auswärts be- 
schaffen und durch Angola leiten. 
Ende September verließ Dr. Schultze- 
Jena Outio; in seiner Begleitung befanden sich 
Oberleutnant Lösch und Leutnant der Reserve 
Roeder, ferner Polizeiwachtmeister Schaaps, 
Polizeisergeant Braunsdorf, Reiter der Schutz- 
truppe Kimmel, Pahlke und Kriegsfreiwilliger 
Jensen als Dolmetscher sowie mehrere einge- 
borene Polizeidiener, Bambusen (Europäer= 
Diener) und Karrentreiber. Man erreichte am 
16. Oktober die Eriksonsdrift am Kunene. Dort 
herrschte völlige Ruhe, von Truppensammlungen 
war nichts zu merken. Von hier aus beauf- 
tragte Dr. Schultze-Jena den Leutnant der 
Reserve Roeder, mit dem Dolmetscher Jensen 
am nächsten Morgen, den 17. Oktober, nach 
dem portugiesischen Fort „Donguena“ zu reiten 
— 45 km nördlich der Drift gelegen —, um 
festzustellen, ob sich Portugal im Kriege mit 
Deutschland befinde, und verneinendenfalls einen 
Brief an den Distriktchef von Humbe daselbst 
abzugeben. In diesem Brief bat Dr. Schultze- 
Jena den Chef von Humbe um eine Unter- 
redung. 
Als Leutnant der Reserve Roeder und 
Reiter Jensen in Donguena ankamen, erfuhren 
sic durch den dort stationierten portugiesischen 
Oberlentnant, daß Portugal neutral sei; sie 
  
zurück und kamen am 18. früh wieder an der 
Lagerstelle Eriksonsdrift an. 
Am Nachmittag desselben Tages erschien 
eine portugiesische Patrouille in Stärke von 
etwa 35 Mann, halb weiße, halb eingeborene 
Soldaten. Der Führer der Patrouille war der 
Leutnant Sereno. In der Nähe des deutschen 
Lagers sattelten diese ab, und Leutnant Sereno 
kam in das Lager, um sich nach dem Zwecke 
der Anwesenheit der Deutschen zu erkundigen. 
Dr. Schultze-Jena erklärte ihm, daß er eine 
Unterredung mit dem Chef von Humbe wünsche 
und sich bereits in Donguena anmelden ließ. 
Sereno erwiderte, daß der Chef von Humbe 
nicht zuständig sei, sondern der Kapitän Moort?), 
letzterer besände sich zur Zeit in dem nahen 
Fort Naulila — 15 km Entfernung ostnord- 
östlich am Kunene gelegen —, und lud 
Dr. Schultze-Jena zum Besuch des Forts 
am nächsten Morgen ein. Dr. Schultze-Jena 
sagte zu, lehnte jedoch Serenos Vorschlag, die 
Karre mitzunehmen, ab. Dann bemerkte Sereno 
noch, daß die deutsche Abteilung sich auf 
portugiesischem Boden befände, doch wies 
Dr. Schultze-Jena diese Annahme als irrig 
zurück und holte eine Karte herbei, nach der 
die Eriksonsdrift noch deutsches Gebiet war. 
Dennoch blieb Sereno bei seiner Ansicht. In- 
zwischen waren auch die portugiesischen Soldaten 
in das deutsche Lager gekommen und wurden 
mit Kaffee bewirtet. Die Nacht über blieb 
Sereno mit seiner Patronille ebenfalls in un- 
serer Nähe, dabei wurde das Lager von portu- 
giesischen Soldaten umschlichen. Der deutsche 
Posten rief sie an, woranf sie zur Antwort 
gaben, zum Wasser zu wollen. 
Wie vereinbart, ritten am nächsten Morgen 
Dr. Schultze-Jena nebst den beiden anderen 
Herren sowie Jensen und vier Bambusen in 
Begleitung Serenos ab — die portugiesische 
Patrouille war nach Naulila vorausgeschickt —. 
Etwa 2 km diesseits Naulila erreichten sie den 
Kunene wieder, wo Sereno beschloß, die Pferde 
zu tränken. Er schickte von dieser Stelle einen 
seiner Leute voraus ins Fort und bestellte 
Frühstück für seine Gäste. Nach dem Tränken 
saß man wieder auf und ritt weiter. Kurz 
vor dem Eingang zum Fort kam der Bote 
Serenos mit der Meldung zurück, daß Kapitän 
Moor bereits nach Kuamati zurückgeritten sei, 
jedoch schriftliche Anweisung hinterlassen habe. 
Jensen verdolmetschte dies Dr. Schultze = Jena, 
dieser wollte jedoch so nahe am Fort nicht
	        
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