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öfen beweisen. Es scheint mir, daß der euro-
päische Handel auch dem Eisengewerbe der Bajas
im Laufe der nächsten Zeit völlig das Grab
graben wird.
Schon jetzt ist es nur noch in recht entlegenen
Gegenden möglich, einen Einblick in das alte
Eisengewerbe des Landes zu gewinnen. Es
werden die verschiedenartigsten Lagerstätten aus-
gebeutet. Das beliebteste Erz ist ein dichter, muschlig
brechender, bisweilen ziemlich reiner Hämatit, wie
er sich als Verwitterungslagerstätte über jugend-
lichen Sandsteinen bildet. Diese Art der Ver-
witterung scheint im Süden häufiger als im Norden
aufzutreten. Zwischen Carnot und Gaza sah
ich die meisten Schmelzstätten, und diese ver-
danken ihr Dasein dem dichten Erz jener rezenten
Verwitterungslagerstätten. Da sich nun in den
jugendlichen Sandsteinen häufig Bänke von
mehr oder weniger reinem Hämatit, der in Domen
bisweilen roten Glaskopf bildet, vorfinden, so
könnte es natürlich auch vorkommen, daß eine
fossile Lagerstätte, die an der Oberfläche oder in
einem Flußtal ausbeißt, ausgebeutet wird.
Ein eigentlicher Abbau der Erzlagerstätten
findet selbstverständlich nicht statt, sondern es
werden eben herausgewitterte auf dem Erdboden
oder in Bachbetten herumliegende Blöcke ge-
sammelt und in der Hand nach dem Schmelzofen
getragen. Schon hierans folgt, daß die Schmelz-
öfen, um unnötige Arbeit nach Möglichkeit zu
ersparen, in der Nähe der gerade ausgenutzten
Lagerstätte errichtet werden müssen. Ganz sicher
muß daher, ehe man sich daran begibt, in müh-
samer Arbeit den bis zu zwei Meter hohen
Schmelzofen aus Bauxit zu bauen, eine primitive
Art von Prospektieren stattgefunden haben.
Nur dort, wo man von vornherein sicher war,
daß sich Mühe und Arbeit zur Errichtung des
Ofens lohnen würden, wird man mit dieser Arbeit
begonnen haben. Notwendigerweise hat daher
der erzkundige Mann der Horde, der wahrscheinlich
auch gleichzeitig der Konstrukteur und Erbauer
des Schmelzofens ist, die Lagerstätte abgeschritten.
Und dann hat er nach Abwägung aller maß-
gebenden Gründe die Stelle zum Abbau aus-
erkoren, die ihm die günstigsten Bedingungen zu
bieten schien. Dort, wo genügende und leicht zu
schmelzende Erzmengen vorhanden sind, wo sich
die mineralischen Bestandteile, die zum Bau des
Ofens nötig sind, leicht in genügender Menge
beschaffen lassen, wo starker Baumwuchs ein gutes
Versteck gegen Feinde bietet und zur Herstellung
von Holzkohle einladet, kurz dort, wo alle für den
Neger günstigen Bedingungen vorhanden sind,
wird man zum Bau des Schmelzofens schreiten.
Im großen und ganzen sind also auch hier be-
reits Erwägungen, die den Kern unserer heutigen
Überlegungen über die Abbaufähigkeit oder Un-
abbauwürdigkeit irgendeiner Lagerstätte in sich
schließen, im Gehirn des einfachen Naturmenschen
durchdacht worden.
Kennt man die Gründe, die den Baja an
irgendeiner bestimmten Stelle zur Anlage eines
Schmelzofens veranlaßten, so ist es meist nicht
schwer, die Lagerstätte, aus der das Roherz ge-
wonnen wird, zu entdecken. Einen schweren
Irrtum würde man natürlich begehen, und er ist
auch leider in diesen Gegenden bereits häufig
genug gemacht worden, wollte man aus dem
Auftreten eines oder gar mehrerer Schmelzöfen
den Schluß ziehen, daß in der Nähe ganz ge-
waltige Eisenerzlagerstätten vorhanden sein
müßten, da sie „ja sogar den Eingeborenen
bekannt seien und von ihnen ausgebentet würden“.
Keinem der vielen Reisenden, die in diesem Punkte
recht laienhafte Berichte veröffentlicht haben, wären
diese Irrtümer untergelaufen, wenn er gewußt
hätte, daß es völlig andere Bedingungen sind,
die ein einfacher Naturmensch und der gewinn-
süchtige Kulturmensch an eine Lagerstätte stellt,
damit sie für ihn „abbauwürdig“ ist. Hätte jeder
Reisende, dem solche Schmelzöfen eine wissen-
schaftliche Neugierde erzeugten und seine Phantasie
derartig anregten, daß er auf Grund der Er-
zählungen seiner Soldaten und Diener von rie-
sigen Erzlagerstätten, die vorhanden sein müßten,
träumte, in ganz bescheidener Weise festgestellt,
daß in der Nähe der Ofen sicher Erzlagerstätten
wären, die für den Neger abbauwürdig wären
und eben die Bedingungen erfüllten, die ein ein-
facher Naturmensch an eine Lagerstätte stellt, um
sie sich dienstbar machen zu können, so hätte er
der Wissenschaft einen großen Dienst geleistet und
ihr nicht geschadet durch Übertreibungen, die an
die Gebräuche unwissender Schatzgräber erinnern.
Seltener als der dichte, muschlig brechende
Hämatit wird der festere kieselsäurereichere, zellige
Krusteneisenstein verhüttet. Dieser setzt sich
aus unregelmäßig wechselnden Lagen und Kon-
kretionen von Hämatit und Limonit zusammen
und bildet sich bei der Verwitterung von alt-
kristallinen Gesteinen. Mithin ist er im Baja-
Land, dessen granitener Grundsockel nur im Süden
von jüngeren Sandsteinen überdeckt wird, weit
verbreitet. Trotzdem scheint er nur selten ver-
hüttet zu werden und wenig beliebt zu sein. Denn
fast überall mit dem Urgebirge treten mächtige,
weiße, erzführende Quarzriffe zutage. (Da mir
die Entstehung dieser Onarzanhäufungen nicht
klar ist und sie außerdem wohl nicht alle den
gleichen Vorgängen ihre Bilbung verdanken, be-
diene ich mich des neutralen Begriffes „NRiff“.)
In ihnen tritt häufig Magnetit auf, der scheinbar
als Roherz dem Loateriteisen vorgezogen wird.