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ODie Revision der Kongo- und der Kntisklavereia-kte.
In Artikel 126 des Friedensvertrages hat sich Deutschland verpflichten müssen, die von
den Mächten des Feindbundes untereinander oder mit anderen Staaten hinsichtlich der Gegenstände
der Kongoakte, der Antisklavereiakte und ihrer Ergänzungsverträge abzuschließenden Abkommen als
für sich bindend anzusehen.
Eine besondere Kommission hat sich mit dieser Frage beschäftigt. Ihre Ergebnisse sind in
drei Verträgen, die am 10. September 1919 in Saint-Germain-en-Laye gezeichnet worden sind,
niedergelegt. Inwieweit eine Ratifikation bereits erfolgt ist, ist hier nicht bekannt.
Die Texte von zweien dieser Abkommen sind aus der Nummer des „Mouvement Go-
graphique“ vom 21. Dezember 1919 entnommen und nachstehend mit deutscher Übersetzung abge-
druckt. Der Text des dritten auf die Waffenfrage bezüglichen Abkommens ist hier noch nicht be-
kannt geworden.
Der Inhalt der beiden anderen Verträge läßt sich wie folgt zusammenfassen:
1. Die Kongoakte vom 26. Februar 1885 und die Antisklavereiakte vom 2. Juli 1890
sowie alle späteren Ergänzungsabkommen werden im Verhältnis zwischen den Vertragschließenden
aufgehoben.
2. Vertragschließende sind: England, Frankreich, Belgien, Italien, Portugal, die Ver-
einigten Staaten und Japan. Von Interesse ist die Beteiligung der beiden zuletztgenannten
Staaten, von denen Japan sich bisher von den afrikanischen Fragen gänzlich ferngehalten hat,
während die Vereinigten Staaten zwar die Antisklavereiakte angenommen, dagegen die Ratifizierung
der von ihnen unterschriebenen Kongoakte ausdrücklich abgelehnt haben.
Beitreten können alle Mächte, die wenigstens an einer der beiden Generalakten beteiligt
gewesen sind und überdies dem Völkerbund als Milglied angehören. Deutschland würde also ohne
weiteres beitreten können, sobald es in den Völkerbund ausgenommen ist. Dagegen können die
Schweiz, die Balkanstaaten, alle süd= und mittelamerikanischen Staaten, da sie weder an der Kongo-
akte noch der Antiskavereiakte beteiligt gewesen sind, trotz der Zugehörigkeit zum Völkerbunde den
Verträgen niemals beitreten.
3. Bezüglich des Vertragsgebiets wird hinsichtlich der verschiedenen Gegenstände unter-
schieden. Für das aus der Kongoakte übernommene Freihandelssystem wird das konventionelle
Kongobecken in seiner bisherigen Begrenzung, obwohl es bekanntlich nicht mit politischen Grenzen
zusammenfällt, beibehalten. Es ist eine im höchsten Grade unbefriedigende Lösung; denn die Aus-
dehnung des Gebiets wenigstens auf das gesamte tropische Afrika ist eine durch logische und wirt-
schaftliche Gesichtspunkte begründete Forderung, die nicht nur von deutscher Seite, sondern auch von
englischen Kolonialpolitikern seit langer Zeit vertreten worden ist. Das Spiritnosenabkommen gilt
für ganz Afrika mit Ansnahme der Südafrikanischen Union im Süden und von Marokko, Algier,
Tunis, Libyen und Agypten im Norden. Das bedeutet im wesentlichen eine Anpassung der bis-
herigen ideellen Grenzen der Vertragszone an die politische Grenzführung. Für ganz Afrika ohne
Ausnahme gelten die auf den Schutz der Eingeborenen, der Missionen und der Erforschung bezüg-
lichen Vorschriften, eine Erweiterung des bisherigen Vertragsgebiets, die an sich zu begrüßen ist,
aber in ihrer Bedentung dadurch beeinträchtigt wird, daß die materiellen Vorschriften selbst über
allgemeine Klauseln nicht hinauskommen.
4. Was die Freihandelszone betrifft, so sind die dafür geltenden Vorschriften zum guten
Teil präziser gefaßt als die entsprechenden Bestimmungen der Kongoakte. Der Grundsatz, daß
Staatsangehörige, Schiffe und Waren fremder Staaten nicht schlechter als diejenigen des Kolonial-
staates selbst behandelt werden dürfen, ist so scharf formuliert, daß Umgehungen wesentlich erschwert
worden sind. Auf der andern Seite hat aber das Freihandelsprinzip in verschiedenen Richtungen
Einschränkungen erfahren.
a) Es wird nur noch zugunsten derjenigen Mächte aufrechterhalten, die Signatarmächte des
gegenwärtigen Vertrages sind oder ihm beitreten. Infolgedessen können die Territorial=
mächte im konventionellen Kongobecken künftig gegenüber den Staatsangehörigen, Waren
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