Full text: Die vaterländische und militärische Erziehung der Jugend

58 II. Turnen, Spiel und Sport im Dienste der Erziehung und der Wehrkraft. 
umfangreiche Maßnahmen für die gesundheitlich-körperliche 
Ertüchtigung der Jugend getroffen. Der französische Unter- 
richtsminister Leon Bourgeois setzte in den neunziger Jahren 
durch, daß grundsätzlich die geistige Ausbildung an den Schulen 
Frankreichs der körperlichen gleichgestellt werde, und ließ 
ein geeignetes Handbuch für die gymnastischen Übungen und 
Jugendspiele ausarbeiten. Körperliche und geistige Vorbildung 
wurden, wie die physiologische Hygiene es verlangt, zeitlich 
voneinander getrennt, so daß der wissenschaftliche Unterricht 
am Vormittag, der Turnunterricht, Sport, Spiel und Exerzitien 
am Nachmittag stattfinden. 
Nach dem Ausspruche des deutschen Turnhygienikers 
#. A. SCHMIDT besteht die Gesamtaufgabe der körperlichen 
Erziehung darin, dem Vaterlande eine kraft- und saftvolle, 
tüchtig entwickelte, leistungsfähige, ausdauernde Jugend zu 
stellen. Dieser Aufgabe sucht die deutsche Schule eben- 
falls in höherem Maße gerecht zu werden als früher. Als 
Folge der Dezemberkonferenz 1890 wurde die dritte wöchent- 
liche Turnstunde eingerichtet, der fakultative oder obligato- 
rische Spielnachmittag begünstigt, 1907/10 die Frei- und Atem- 
übungen (Zehnminutenturnen) an den turnfreien Tagen ange- 
ordnet, der Rudersport an den höheren Schulen gepflegt. Schon 
seit 1882 wurden auf Veranlassung des Kultusministers VoX 
GOSSLER Turnplätze neben den Turnhallen angelegt, ihnen 
reihten sich bald Spielplätze und Bootshäuser an. 
Die Schule hat ihr Augenmerk auf die Entwicklung sämt- 
licher körperlichen. Organe zu richten, in erster Linie der 
Lunge, des Herzens, der Wirbelsäule und der Muskulatur. 
Das von GUTSMUTHS und JAHN betriebene Turnen wurde 1837 
den Schulen gestattet, nachdem es vorher verboten gewesen 
war, und erst 1842 mit zwei Wochenstunden dem Lehrplan der 
Schulen angefügt, worauf es sich methodisch zum Lehrfache 
entwickelte. Die turnerischen Übungen sollten von nun ab das 
Korrelat zur Sitz- und Stubenarbeit der Jugend sein und ver- 
hindern, daß Bildung und Kenntnisse auf Kosten körperlicher 
Tüchtigkeit erworben werden, Sorglosigkeit und Gleichgültig- 
keit gegen gesundheitliche Gefahren in den Schulen um sich 
greifen. 
Das deutsche Schulturnen an Barren und Reck, die 
als Geräte am Anfang des vorigen Jahrhunderts erfunden
	        
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