Full text: Die vaterländische und militärische Erziehung der Jugend

II. Turnen, Spiel und Sport im Dienste der Erziehung und der Wehrkraft. 29 
sind, verlangte in der Hauptsache Kraftleistungen der Arme 
beim Heben des eigenen Körpergewichts, daneben solche des 
Rumpfes und der Beine. Für die allgemeine Förderung der 
Gesundheit erwies es sich weniger geeignet, wenn es auch 
eine Vermehrung und Verdickung einzelner Muskeln herbei- 
führt. Das Dickerwerden der Muskeln ist eine Überentwick- 
lung. Es kommt aber darauf weniger an, als vielmehr zahl- 
reiche Muskelgruppen in Bewegung zu setzen, das Nerven- 
system zu trainieren, Blutgefäße und Herz an die vermehrten 
Widerstände im Blutkreislauf anzupassen (Mosso). Alles, was 
den Körper ermüdet, wobei der Organismus sich langsam ver- 
zehrt, um sich unter bessern atmosphärischen Bedingungen in 
einer Umgebung, die die Lebensprozesse anregt, wieder zu 
ersetzen, alles dies macht nach Mosso die Grundlage der 
wahren und guten Gymnastik aus. In den letzten Dezennien 
ist ein Umschwung im Turnunterricht eingetreten. Man ver- 
langt heute Turnen im Freien und Turnmärsche, daneben Baden 
und Schwimmen, Spiele (E. v. SCHENKENDORFF), Schüleraus- 
flüge und Wanderungen (ROEDER, WIENECKE), Rudern (Kaiser 
Wilhelm II.), Körperpflege in Verbindung mit Gemüts- und 
Willensbildung (Leitfaden für den Turnunterricht. 1895). 
Eine Verfügung der Königlichen Regierung zu Arnsberg 
betr. Förderung der leiblichen Erziehung durch den Turnunter- 
richt lautet wie folgt: „Zur weiteren Förderung der leiblichen 
Erziehung durch den Turnunterricht ist nach dem Erlasse des 
Herrn Ministers der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal- 
Angelegenheiten vom 20. Februar 1908 zu beachten: 1. Übun- 
gen, die für die Kräftigung der Gesundheit, für die Wachstums- 
entwicklung des Körpers, namentlich auch für die der inneren 
Organe und für die Haltung wertvoll sind, müssen besonders 
gepflegt werden. Auf Hilfsübungen, wie Hände fassen, Arm 
in Arm, Armverschränken, Handklappen, Stampftritt und dgl., 
darf nicht ungebührlich viel Zeit verwendet werden. 2. Die 
Turnzeit ist gehörig auszunutzen, so daß jedem Kinde reichlich 
Übungszeit gewährt wird. 3. Gedächtnis belastende Freiübun- 
gen sind zu meiden; Ordnungsübungen tunlichst zu beschrän- 
ken. 4. Die Entwicklung eines natürlichen Ganges und die 
Erziehung zu ausdauerndem Laufe ist in geordnete Pflege zu 
nehmen. 5. Nach Möglichkeit ist das Turnen im Freien zu 
betreiben.“
	        
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