40
IIJ. Das hygienische Gleichgewicht in der Erziehung,
Wie weit bleiben wir trotz aller Förderung der Leibes-
übungen an den Schulen von dem Erziehungsideal der Grie-
chen entfernt, die neben geistiger Zucht auch die höchsten
Ziele der Leibeskultur verfolgten! Es gab für sie keine Gegen-
überstellung körperlicher und geistiger Entwicklung, beide ge-
hörten untrennbar zusammen. Sie faßten den Menschen als
Harmonie von Kräften auf, und die Erziehung war zugleich
wissenschaftlich-künstlerisch, gymnastisch-sportlich und mili-
tärisch. Läßt sich heute die Vorherrschaft des Geistes in der
Jugendbildung nicht zurückdrängen, so müssen wir wenigstens
danach trachten, der Jugend ein ausgiebiges Maß körperlicher
Leistungsfähigkeit und Widerstandskraft zu verschaffen. Das
hat einmal dadurch zu geschehen, daß wir die gesundheitlichen
Schädigungen, die infolge des intensiven Unterrichtsbetriebs in
der Schulbank entstehen können, durch eine zeitgemäße Unter-
richtshygiene verhindern, und zum zweiten dadurch, daß wir
die Erholung und körperliche Entwicklung fördern, indem wir
den Umfang der Leibesübungen zu erweitern bestrebt bleiben,
ohne eine gefährliche Konkurrenz zwischen körperlicher und
geistiger Erziehung hervorzurufen.
In dieser Richtung scheint der Krieg ein neuer Lehr-
meister für uns zu werden; stellt er doch ganz ungeahnte
Anforderungen an Muskeln und Nerven des Soldaten, denen
dieser mit überraschendem Erfolge und nie versiegender Aus-
dauer überall entsprochen hat. So ist wohl die Meinung zu
erklären, daß den Ausschlag im Kriege die höhere Führung
und bessere Kriegstechnik gebe, die körperliche Tüchtigkeit
des deutschen Kriegers sei durch die Erziehung in Schule
und Heer genügend vorbereitet, die Schule habe ihre Schuldig-
keit vollauf getan, daß ihr zu tun fast nichts mehr übrigbleibt.
Andere Stimmen verlangen aber im Gegensatz hierzu ein
rauheres Anfassen der Jugend, sie solle schon im Frieden
militärisch vorgebildet werden, wie es während des mobilen
Zustandes geschieht, und an größere körperliche Anstren-