Full text: Die vaterländische und militärische Erziehung der Jugend

III. Das hygienische Gleichgewicht in der Erziehung. 41 
gungen sich beizeiten gewöhnen. Sogar in den Gegenständen 
des Wissens dürfe das Aufsuchen ebener Wege für den Schüler 
nicht zu weit gehen. „Rauheres Gelände!) wollen wir auch in 
Zukunft die Schulbank sein lassen und diese nicht in über- 
spannter Hygiene mit dem weichlichen Polster entlastender 
Methodik ausstatten‘, schreibt MATTHIAS. Diese unter dem 
Eindruck der großen kriegerischen Ereignisse geäußerten Mei- 
nungen und Forderungen können leicht zu schweren Miß- 
verständnissen Anlaß bieten und erheischen rückschauende 
Besinnung auf die Ziele der gesundheitlichen und die Grenzen 
der geistig-sittlichen Jugenderziehung. 
Wir dürfen nicht übersehen, daß nicht die Schule, sondern 
das Heer die körperliche Erziehung des Soldaten im Frieden zu 
vollenden hat und hervortretende Mängel zu beseitigen in der 
Lage ist. zumal die körperliche Ausbildung mit der geistigen im 
Heere nicht fortlaufend konkurriert, sondern ihr voransteht. 
Wir können ferner gewiß nicht wünschen, daß die übermensch- 
lichen Anstrengungen der Krieger, die nicht ohne Spuren bei 
vielen vorübergehen, im Unterricht, in Turnen, Spiel und Sport 
der Jugend vorbildlich nachwirken. Der in Entwicklung be- 
sriffene Jugendliche braucht tägliche kraftfördernde Übungen 
und stählende Nervenanstrengungen, aber doch andere Maß- 
stäbe für seine Arbeitsleistungen als der Erwachsene oder 
gar der vor dem Feinde stehende Soldat. Er braucht zum 
Zwecke des naturgemäßen Wachstums eine wohlverstan- 
dene Bewahrung der Kräfte vor Überleistungen. Ein 
zeitweiliges Hinausgehen über die Normen erscheint erst nach 
der Pubertät erlaubt. Endlich sollen wir in der Schule nicht 
dahin streben, eine auserlesene Oberschicht zu züchten, sondern 
auf jedem Gebiete gute Durchschnittsleistungen bei der 
Mehrzahl hervorbringen und selbst die sehr schwachen Pflänz- 
chen heraufentwickeln, wie es doch auch in der Friedensarbeit 
des Heeres versucht wird. Heißt das ‚in pädagogischer Stick- 
luft‘ atmen, einer „seichten Pädagogik‘ das Wort reden oder 
sie mit: „entlastender Methodik“ ausstatten? Wir sind in den 
letzten Jahrzehnten Zeugen der bemerkenswerten Fortschritte 
gewesen, die die geistig-moralische Führung und die körper- 
lıch-gesundheitliche Ertüchtigung der Jugend an den Schulen 
1) A. MATTHIAS, Krieg und Schule. S. Hirzel-Leipzig. 1915.
	        
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