44 IIl. Das hygienische Gleichgewicht in der Erziehung.
zwecken, zusammenfassend als technischen Unterricht und mißt
sie nicht mit dem gleichen Maßstabe wie die elementaren
geistigen oder wissenschaftlichen Disziplinen, sondern behan-
delt sie als minoris juris. Die Schulen sind an erster Stelle
geistige Lerninstitute. Baden, Schwimmen, Rudern, Marschie-
ren, Wehrübungen finden wiederum keine Gleichberechtigung
mit dem amtlichen Turnen, sondern erfreuen sich als fakul-
tative Betätigungen bald nur eines größeren, bald geringeren
Wohlwollens des Pädagogen, wennschon sie für Herstellung
des hygienischen Gleichgewichts in der Erziehung notwendig,
für eine straffe vaterländische Erziehung unentbehrlich er-
scheinen und die kraftschäumende Jugend auch nach ihnen
verlangt. Daß sie gleich jeder Art Handfertigkeit, Geschick-
lichkeit und praktischer Übung sich den wissenschaftlichen
Aufgaben der Schulen angliedern und dem gesamten Unter-
richtsplan harmonisch einfügen lassen, daran besteht gar kein
Zweifel.
Die geistigen Anstrengungen, verbunden mit ermüdenden Sitz-
haltungen der Schüler, üben eine hemmende Wirkung auf den
Organismus aus, die eine weitergehende hygienische Fürsorge
rechtfertigt. Besteht doch in den Oberklassen der höheren
Lehranstalten eine wöchentliche Arbeitsforderung von 30 bis
31 Pflichtstunden, 2 Stunden Singen, 2—6 wahlfreien Stunden
und 18 Stunden häuslicher Vorbereitung, zusammengenommen
bis 57 Stunden geistiger Tätigkeit, die „ganz erheblich über
das erwünschte Maß hinausgewachsen ist“ und leider nach
den statistischen Erhebungen zeitweilig noch überschritten
wird. Ihnen stehen in der Woche 3 Turnstunden zur Erholung
und Wachstumsförderung gegenüber. Das Mißverhältnis läßt
sich auf den bisherigen Wegen nicht ausgleichen. Bei den
gleichaltrigen Jugendlichen der kaufmännischen und gewerb-
lichen Betriebe findet sich eine umgekehrte Proportion geistiger
und körperlicher Beschäftigung; an 50—60 Stunden Werk-
tätigkeit (inkl. Pausen) sind 4—6 Fortbildungsstunden gereiht.
Bei beiden Arten Jugendlicher tritt gegenwärtig die mili-
tärische Vorbereitung mit mindestens 4 Wochenstunden hin-
zu. Trotz des Wegfalls einiger häuslichen Arbeiten an den
höheren Schulen und einiger Lehrstunden an den Fortbildungs-
schulen können hier und da Überlastungen vorkommen, sollten
freilich durch zweckmäßige Verteilung der verschiedenartigen