III. Das hygienische Gleichgewicht in der Erziehung. 45
Pflichten vermieden werden. Jedenfalls hat die dauernde
Hintansetzung von Muskelbetätigungen bei den Gymnasiasten
schädlichere Folgen, sie beeinträchtigt die harmonische Entwick-
lung von Körper und Geist.
Um einen tieferen Einblick in die Art der Arbeitsforde-
rungen an den höheren Schulen zu gewinnen, muß man auf
die Forschungen der letzten Jahrzehnte zurückgehen, die zum
Teil von dem Gedanken geleitet waren, der lernenden Schul-
jugend sich dienstbar zu erweisen. Sie haben uns über die
körperlichen und geistigen Vorgänge bei der Verrichtung ein-
facher Arbeitsleistungen, über die Symptome, Ursachen, Mes-
sungsmethoden und Gesetze der Ermüdung, über die Arbeits-
kurven der Schuljugend während des Tages, der Woche und
längerer Zeitabschnitte Aufschlüsse gebracht, die unsere land-
läufigen Vorstellungen von Grund aus umgestalteten. Sodann
sind die statistischen vergleichenden Untersuchungen zu be-
rücksichtigen, die über Lehrpläne, Hausaufgaben und Schul-
strafen von seiten der Pädagogen angestellt wurden. Schließ-
lich die medizinisch-hygienischen Beobachtungen der Schul-
ärzte, Turnphysiologen, Sportleiter und Mitarbeiter an der
militärischen Jugendpflege. Indessen muß vorweggenommen
werden, daß die Forderungen betreffs der Herstellung des
hygienischen Gleichgewichts in der Erziehung, die sich aus
jenen Untersuchungen ableiten, zurzeit unerfüllbar erscheinen
und nur durch eine Änderung der Lehrpläne zu verwirklichen
wären.
Bei jeder Körperlichen Anstrengung!) (beim Mar-
schieren, Laufen, Turnen, Reiten, Bergsteigen) tritt eine Ver-
mehrung und Vertiefung der Atemzüge ein, die mit Be-
schleunigung des Pulses und Erhöhung der Körpertemperatur
verbunden ist. Die Arbeitsleistung vollzieht sich zunächst in
!) Die Literatur der Ermüdungsforschung hat einen großen Umfang an-
genommen, es muß von’ihrer namentlichen Anführung im Rahmen dieser
Publikation Abstand genommen werden; man findet sie zusammengestellt
und eingehend berücksichtigt in folgenden Schriften:
M. Lossıen: Über die psychologisch-pädagogischen Methoden zur Erfor-
schung der geistigen Ermüdung. Zeitschr. f. Pädag. Psychologie. 1900.
W. BETHGE, Der Einfluß geistiger Arbeit auf den Körper unter besonderer
Berücksichtigung der Ermüdungserscheinungen. Halle a. S., 1910. Marhold.
| W. OFFNER, Die geistige Ermüdung usw. Reuther & Reichard. Ber-
lin 1910.