III. Das hygienische Gleichgewicht in der Erziehung. 49
des Schülers ist, der sehr wohl imstande wäre, seine Aufmerk-
samkeit auf Geheiß bald hierhin, bald dorthin zu lenken und
stundenlang bei abstrakten Gegenständen angestrengt zu ver-
weilen. Wenn die verschiedenen didaktischen Mittel zur Er-
regung der unwillkürlichen Aufmerksamkeit und des Interesses
bei den Schülern versagen, werden disziplinarisch-technische
Kunstgriffe und Weisungen zur Erhaltung des willkürlichen
Aufmerksamseins angewendet, nur in besonderen Fällen fin-
den tadelnde Vorhaltungen statt, die schließlich durch Strafen
Nachdruck erhalten.
Seitens der Schule wird versucht, der vorzeitigen Er-
müdung des Schülers und den durch langausgedehnte Sitzarbeit
drohenden Schädigungen seines Organismus mittels ökonomi-
scher Regelung des Energieverbrauchs und Wiederherstellung
eines Normalzustandes entgegenzuwirken. Dahin zielen nament-
lich ab: zweckmäßige Anordnung der Fächer im Stundenplan,
Pausen, ungeteilte Unterrichtszeit, Kurzstunden von 40 bis
45 Minuten Dauer, Zehnminutenturnen an turnfreien "Tagen,
nicht zum wenigsten Leibesübungen aller Art. In vielen Unter-
richtsstunden wechseln technische und rein geistige Verrich-
tungen miteinander ab und greifen ineinander ein, z. B. das
aufmerksame Erfassen und Verknüpfen von Vorstellungen, das
logische Durcharbeiten derselben und das geistige Erarbeiten
neuer Begriffe mit den Tätigkeiten des Niederschreibens, Auf-
zeichnens, Vor- und Nachlesens, lauten Vortragens, Beobachtens
unter Zuhilfenahme von Werkzeugen und Apparaten, so daß
verweilende Tätigkeiten und geistige Anstrengungen nicht nur
in physiologischem Sinne, sondern auch in bewußter päda-
gogischer und hygienischer Absicht zweckdienlich aufeinander-
folgen und sich ablösen.
Eine muskuläre Ermüdung in der Schule entsteht auf
doppelte Art. Nicht nur infolge’körperlicher Leistungen, wie
Zurücklegung weiter Schulwege vor dem Unterricht, intensives
Turnen, Singen, eifriges Spielen, Handbetätigung und stramme
Sitzhaltungen, in denen der Schüler den größten Teil der Ar-
beitszeit zubringt, sondern auch als Folge geistiger Anstren-
gungen. Sie kann einen höheren Grad erreichen. Die Rücken-
streckmuskeln sind dann z. B. nicht mehr imstande, die Gerade-
haltung des Körpers beim Schreiben, Lesen und ähnlichen
Beschäftigungen zu erzwingen, der Körper folgt dem Gesetze
Kemsies. 4