Full text: Die vaterländische und militärische Erziehung der Jugend

68 IV. Vaterländische Erziehung und Wehrübungen. 
teidigung sinnvoll anwenden, kraftvoll beleben, die Ideen der 
Führung restlos in glänzende Waffentaten umsetzen müssen. 
Hinreichende allgemeine, fachliche und militärische Schulung, 
Gewöhnung und Übung legen den Grund für jene Eigenschaften. 
Die lange sorgfältige Erziehungsarbeit im Frieden stärkt Auf- 
merksamkeit, Interesse und Verständnis für die Aufgaben im 
Felde, prägt bestimmte Kenntnisse und Handgriffe unverlier- 
bar ein, bereitet den Siegeserfolg technisch vor. M. BRAHN!) 
schreibt: ‚Dieser Geist der Selbständigkeit, der Produktivität 
jedes einzelnen, der befähigen soll, eigene Gedanken zu ent- 
wickeln, sich nicht nur gängeln zu lassen und zu lernen, ist 
dem modernen Soldaten unentbehrlich. Früher, da alles in 
dichten Schlachtreihen vor sich ging, genügte ein Geist für 
tausend Hände; jetzt, da die kleinsten Abteilungen auf sich 
gestellt sind, da von der Zuverlässigkeit unendlich vieler kleiner 
Patrouillen der Überblick über das Ganze abhängt, da sich die 
Schützenlinie vollständig auflöst, am Geschütz wenige Men- 
schen stehen, ist die Zahl derer, die imstande sein müssen, 
selbständig zu überlegen und zu handeln, unendlich gewachsen. 
Wir brauchen viel mehr selbständige Köpfe, viel mehr Men- 
schen mit der Fähigkeit zu führen. Darauf muß die allgemeine 
Schule hinwirken, daß dem Zug des modernen Lebens Rech- 
nung getragen wird, viel mehr Selbständigkeit zu entwickeln. 
Die Dienstvorschriften heben es ja auch immer hervor, daß 
es eine Hauptaufgabe der militärischen Erziehung ist, den 
Soldaten selbständig denkend zu machen. Die Schule allein ist 
imstande, das wirklich zu leisten, was das Militär in zwei 
Jahren nachher allein nicht leisten kann.“ 
‚Weit davon entfernt, die Tüchtigkeit anderer europäischer 
Truppen zu unterschätzen, erkennen wir offen an und haben 
zur Genüge erfahren, daß an beiden Fronten waffengeübte und 
hartnäckige Gegner stehen, die das Kriegshandwerk kennen. 
Alle Berichte stimmen darin überein, daß sowohl das russische 
als das französische und englische Heer ein hohes Maß von 
Energie in Verteidigung und Gegenangriff entfaltet. Der eng- 
lische Infanterist besitzt einen vorzüglichen Jägerblick für 
Geländeanpassung und -ausnutzung, Anlage von Schützen- 
gräben und Patrouillendienst — Eigenschaften, die man zum 
!) MAX BRAHN, Pädagogische Neuwertungen durch den Krieg. Archiv 
für Pädagogik. 3. Jahrg., 1914, Nr. 1.
	        
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