76 IV. Vaterländische Erziehung und Wehrübungen.
und die militärische Jugendvorbereitung gehören ihrem inner-
sten Wesen nach zusammen wie Gesinnung und Tat.
Es würde weiter der Gefahr vorgebeugt, daß die neben der
Schule stehende Befehlsgewalt eine doppelte Disziplin bei den
Jugendlichen zeitigt oder in das Schulleben übergreift. Die nicht
unberechtigte Befürchtung, daß ein zu straffer Soldatengeist
und blinde Gehorsamforderung in die Erziehung einziehen.
könnten, dürften die Lehrer in erster Linie abzuwehren in der
Lage sein, indem sie Zucht und Strafgewalt in pädagogischem
Sinne auffassen. Nicht der Korporal, der das Vorgesetzten-
verhältnis herauskehrt, sondern der Erzieher, dem die Jugend
volles Vertrauen entgegenbringt, ist der rechte Mann, die Auto-
ritätslosigkeit der Jugend zu bannen ; unter ihm gedeihen frische
Beweglichkeit und dienstfertige Willigkeit. Der amtliche Leit-
faden will die Zucht durch Weckung und Förderung des Ehr-
gefühls und Diensteifers mit allen Mitteln des pädagogischen
Taktes aufrechterhalten wissen. Die Folgsamkeit soll sich
gegenüber dem Vorgesetzten und jenen Jungmannen bewähren,
die von einem Vorgesetzten für eine bestimmte Dienstleistung,
z. B. Führung einer Gruppe, Patrouille od. dgl., bestimmt sind.
Im Falle ungehörigen Benehmens erfolge Vermahnung unter
vier Augen oder vor versammelter Jungmannschaft, wenn nötig
Entfernung aus der Jugendkompagnie. Wohlwollende und
freundliche Behandlung, aber strenge Forderung sorgfältiger
Erfüllung der Dienstpflicht auch in Kleinigkeiten. Tadel soll
nie persönlich verletzend sein, sondern stets als Ausdruck sach-
licher, dienstlicher Notwendigkeit erscheinen. Nicht allzu spar-
samer Gebrauch des Lobes für anerkennenswerte oder wenig-
stens befriedigende Leistungen.
Die Führerfrage bildet daher, wie EBERHARD!) zutreffend
darlegt, die eigentliche Kernfrage der militärischen Jugend-
erziehung; „denn zur Durchführung dieses großen Erziehungs-
programms und zur völligen Auslösung der in ihm ruhenden
volkserzieherischen Kräfte bedarf es der militärisch-soldatischen
Durchbildung und der Kunst der Menschenführung. Die an die
Aufgabe herantretenden Männer sollten nicht allein in der
praktischen Übung stehen, auch nicht bloß die Kenntnis der
neueren, zurzeit gültigen Dienstvorschriften besitzen, sondern
!) EBERHARD, Gedanken zur militärischen Jugenderziehung. Pädag.
Warte, 1915.