IV. Vaterländische Erziehung und Wehrübungen. 83
geleitet und beschränkten sich auf bloßen Drill, waren un-
praktisch und kostspielig zugleich und fanden nur in den
Städten Anklang. Sie wurden daher 1892 durch die Jugend-
spiele ersetzt, deren Organisation unter der Aufsicht des
Generalinspektors für das Turnen steht?!).
Die Schule kann sich wohl in ihrem eigensten Interesse
nicht damit bescheiden, dauernd die Rolle eines freiwilligen
Helfers und Pflegers bei der Wehrausbildung der Jugendlichen
zu spielen. Sie wird willens sein, ihre Tradition und hohe Stel-
lung im Leben des Volkes und Staates aufrecht zu erhalten und
zu kräftigen. Sie muß diesen wichtigen Dienst am Vaterland,
die militärische Vorbereitung der Jugend, für sich beanspruchen,
um sie organisch mit der geistigen und leiblichen Erziehung
der Jugend zu verschmelzen. Sie allein ist berufen und im-
stande, den Wehrunterricht so zu erteilen, daß die übrigen In-
teressen der Jugend nicht Not leiden.
Mehr als ein Drittel des höheren Lehrerstandes befindet
sich im Felde und lernt den Krieg am eigenen Leibe kennen.
Als Führer auf dem Kriegsschauplatz bewährt und ausgezeich-
net, werden die Philologen im Friedensdienst ihre Kenntnisse
und Fertigkeiten der Jugend übermitteln, ihr heldisches
Deutschbewußtsein und ihren Opfermut auf die Jugend über-
tragen und bereit sein, sie militärisch zu schulen. Seit 1900
erfüllen die Volksschullehrer ihre Militärpflicht als Einjährig-
Freiwillige?). Es stehen 60—70000 Lehrer als Offiziere, Offi-
ziersstellvertreter, Unteroffiziere und Soldaten im Felde, von
denen etwa 5000 gefallen sind, 5000 verwundet und 5000 mit
dem Eisernen Kreuz geschmückt wurden. Sie sind nicht nur
die berufenen Führer «der Volksschuljugend, sondern in vielen
praktischen Dingen auch der Volksmassen, weil sie mit psycho-
logischem Verständnis und von früh auf vertraut mit erziehe-
rischen Grundsätzen jene von innen heraus anzufassen bestrebt,
sind. Wurde doch von hoher Stelle ihre Tätigkeit rühmend in
diesen Worten anerkannt: „Wir werden es dem Lehrerstand
nie vergessen, was er in der patriotischen Erziehung unserer
Jugend, in seiner Tätigkeit fürs Rote Kreuz, für Jugendwehr
‘) Vgl. O. MEY, Die Schulen und der organische Bau der Volksschule
in Frankreich. Berlin 1893.
®) Pädagog. Warte, 1915, Heft 4. Artikel: Das militärische Avancement
der älteren Volksschullehrer.
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