Contents: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

30. April 1871 Einundzwanzigstes Kapitel 237 
„Sollten hierüber von französischer Seite in der That Zweifel 
geäußert werden, so wollen Eure Exzellenz Herrn Favre erklären, 
daß ich Seiner Majestät dem Kaiser raten würde, lieber die Feind- 
seligkeiten sofort wieder zu eröffnen, als sich eine solche Fälschung 
des Gedankens der Versailler Verhandlungen gefallen zu lassen. 
„Die Entscheidung Seiner Majestät bezüglich der uns zuge- 
muteten direkten oder indirekten Kooperation wird einerseits von 
militärischen Erwägungen, die noch schweben, und von dem Inhalt 
der amtlichen französischen Eröffnungen abhängig sein, die nach 
Eurer Exzellenz Telegramm Nummer 196 bevorstehen; andrerseits 
aber wird die jetzige Lage von uns zu benutzen sein, um jeder Un- 
klarheit, die man von französischer Seite in unfre Verabredungen 
hineinzulegen bemüht sein könnte, vorzubeugen. Sollte Eure Ex- 
zellenz wirklich, wie es mir nach dem Inhalt Ihrer Berichte vom 
22. und 23. dieses Monats scheint, zu der Vermutung Anlaß haben, 
daß die französische Regierung den Friedensvertrag dahin auszu- 
legen beabsichtige, als ob der Satz im Artikel 3: L'évacuation 
des départements — s'opérera graduellement après la ratification 
du traité de paix détinitif durch den darauffolgenden, nur durch 
ein Semikolon getrennten: après le versement — la#rive droite 
abgeändert sei, dergestalt, daß die Worte des ersten Satzes: apreès — 
définitik durch den zweiten Satz für die im letztern bezeichneten 
Gebietsteile ungiltig gemacht wären, so wollen Eure Exzellenz ge- 
fälligst in ultimatischer Form sofort eine zweifellose Erklärung der 
französischen Regierung in dieser Beziehung verlangen. Würde die- 
selbe verweigert, so hätte ich jeden Glauben an die Absicht, den 
Frieden ehrlich auszuführen, verloren, und es würde sich alsdann 
empfehlen, die kriegerischen Operationen lieber früher als später 
wieder zu beginnen. Wir werden uns aus unsrer jetzigen Stellung 
nicht herauslügen lassen, sondern sie halten, bis ein definitiver 
Friede zu unsrer Zufriedenheit abgeschlossen ist. Um darauf einen 
Druck zu üben, haben wir sie uns ausbedungen. So lange die 
bisher fällig gewordnen Verpflichtungen Frankreichs bezüglich der 
Zahlung und der Gefangnen nicht erfüllt wird, und so lange die 
vorstehenden Zweifel an den Intentionen der französischen Regierung 
bezüglich der Auslegung des Präliminarfriedens und des Abschlusses 
des definitiven nicht bestätigt sind, muß ich Seiner Majestät nur
	        
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