Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

96 Erster Theil. Zweiter Tieel- 
8. 42. Eine Sache, welche zwar für sich selbst bestehen kann, die aber mit einer 
anderen Sache in eine fortwährende 308) Verbindung gesetzt 21) worden, wird ein Zu- 
behör oder Pertinenzstück derselben genannt 215). 
s. 43. Unbewegliche Sachen, die mit einer andern unbeweglichen Sache durch 
die Natur 32) verbunden worden, machen mit ihr nur eine Substanz aus. 
  
— Indeß ist auch in diesem Falle nur eine Einräumung der ausschließlichen Nutzungerechte an den 
zugewiesenen Raumlichkeiten anzunehmen, während das Eigenthum gemeinschaftlich, nämlich Miteigen- 
thum bleidt. Ein Haus ist in der Regel eine theilbare Sache nicht. Dahrr ist bei dem Vertaufr 
eines Hauses zur Hälfte, unter Bezeichnung gewisser Räumlichleiten, worin die veraußerte Hälfte beste- 
hen soll, nicht anzunehmen, daß eine Realtheilung stattgefunden bobe: vielmehr ist auzunehmen, 
daß der Känfer das Miteigenthum an dem ganzen Hause erworben und also auch ein Anurecht 
an den, dem Hause auf den Grunstücken eines Dritten zustehenden Berechtigungen hade. Erk. des 
Obertr. v. 14. Febr. 1865 (Entsch. Bd. LIII, S. 4). 
30 (2. A.) Damit ist nicht gemeint, daß der Gegenstand eine immeerdauernde Natur haben solle, 
vielmehr nur, daß der Zweck der Verbindung eine der Natur des Gegenstaudes und dessen Bestim- 
mung emsprechende Dauer haben müsse. So ist 2 der Antheil eines mit Pfandbriefen belegten 
Guts an dem Tilgungsfonds als ein Zubehör des Guts angusehen, welcher mit dem verkauften Gute 
auf den neuen Erwerder Übergeht. Pr. des Obertr. v. 14. Mai 1852 (Entsch. Bd. XXIII, S. 358). 
31) Darin besteht das unterscheidende Merkmal eines Pertinenzstücks im Gegensatze eines Sub- 
stanztheiles: die Verdindung muß durch menschliche Willkür juristisch bergestellt sem (§. 44); an 
wachsene Theile, so wie mechanisch zusammengesügte Sachen, sind Bestandtheile (s. 43). Aber bei 
Begriffsganzen, die überhaupt nur durch menschliche Willkür hehn, sind in Folge dieser juristischen 
Verbindung auch die einzelnen Sachen Theile des Ganzen, nicht Pertinenzstücke, wenigstens gilt dies 
von den gleichartigen Sachen, z. B. von allen Köpsen einer Heerde, von den zu einem Ganzen ver- 
bundenen einzelnen Grundstücken (nicht entgegen §. 44); wogegen ungleichartige Sachen, welche mit 
einem solchen Begriffsganzen in Verbindung gesetzt werden, 3. B. bei einer Schafheerde die Schäser- 
hütte und Horden, bei einem Landgute die Inventarienstücke, als Pertinenzstücke angesehen werden. 
Wichtig ist der Unterschied zwischen Substanztheilen und Pertinenzstücken im Hypothekenrechte: das 
Grundbuchwesen und der Rcalkredit ruhen daraus, weil bloße Pertinenzstücke von dem mit Hypotheken 
delasteten Gute abverkauft werden können, ohne daß davon im Hypotheckeubuche Notiz gemacht zu 
werden braucht, wogegen Bestandtheile, welche abgetreunt, aber nicht abgeschrieben worden sind, im- 
merfort nach dem Indalte des Hypothekenrechts gültig verpfändet werden können, wenn sie auch ein 
Eigenthum eines Dritten sind, die Redlichkeit des Gläubigers vorausgesetzt. 1, 20, J. 410. Das 
Ausführliche in m. Abh. über Gutsbestandtheile und Pertinenzstücke: im Schles. Arch. Bd. V. S. 300 ff. 
Vergl. unten Note 35 zu §. 44 d. T. u. unten Anm. 781 zu §. 443, Tit. 20. (3. A.) Betrefss der 
Verstc,rungtgelder für die gegen Unglückssälle versicherte Sache s. m. unten die Anmerkung 76, Ziff. 2 
zu F. 102. 
31 ) (A. A.) Der Umstand, daß das mit einem anderen Grundstücke in eine fortwährende Ver- 
bindung 1 Grundstück nur mittelst mündlichen Vertrages erworben worden, schließt die Entstehung 
der Pertinenzeigenschaft nicht aus. Erk. des Obertr. v. 23. Jan. 1863 (Arch. f. Rechtsf. Bd. XLVII, 
S. 314). Das st anz richtig. Auch bloße Besitzrechte, dingliche nämlich, können mit einer eigen- 
thümlichen Haupt acke als Pertinenzien in dauerude Verbindung gesetzt werden, es ist nicht wesent- 
liches Erforderniß zur Herstellung des Pertinenzverhältnisses, daß das Recht des Besitzers an beiden 
#eenstanden absolut gleichartig sei; das Recht an der Hauptsache kann freies Eigenthum, das an der 
Nebensache kann ei anderes selbstständiges dingliches Recht sein. Dann ist als Pertinenz eben nur 
dieses bestimmte dingliche Recht anzusehen. 
32) Folglich nur Grundstücke (Theile der Erdoberfläche), welche an einander hangen, und was 
in dem Erdboden (unter der Oberfläche) von Natur ist oder demselben herauswächst. In diesem 
Einne gilt im A. L. N. der Satz: solo cedit, quod solo cohaeret. Die noch nicht abgetrennten Ge- 
wächse sind hiernach und nach 1. 20, 9#. 475, 476 pars fundi, wie nach L. 15 pr. D. de pignor. 
(XX, 1); L. 83 D. pro socio (XVII, 2); L 44 D. de rei vind. (VI, 1). Das sünder weder den 
Fruchterwerb des Nutzungsberechtigten (I. 9, §. 221), noch die Behandlung eines solchen Anwuchses 
als einer besonderen und beweglichen Sache, wenn diese beliebt wird. S. o. A. 8. a. E. Die hier 
gegebenen Grundsätze dienen nur zur Auslegung der Rechtsgeschäfte und Willenserklärungen, wenn 
8 nicht ausdrücklich sich aussprechen und jene nach ihrer eigenthümlichen Natur nicht andere Ver- 
hältnisse und Beziehungen begründen. Vergl. Entsch. des Obertr. XV, S. 27. — Uebrigens kann 
eine unbewegliche Sache mit einer anderen unbeweglichen Sache niemals anders als durch Natur ver- 
bunden werden; der Gedanke, daß eine solche Verbindung auch durch Kunst hergestellt werden könnte 
und nur nicht die Substanzeinheit wirken sollte, wäre widersinnig. Durch Bauen werden lauter be- 
wegliche Sachen mit einander und mit dem Grunde und Boden verbunden. 
 
	        
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