Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

Zeit. 
168 Erster Theil. Vierter Titel. 
8. 157. Bei Willenserklärungen unter Lebendigen muß der bestimmte Zweck 
schlechterdings nach der Erklärung erfüllt werden. 
§. 158. Kann 1°) oder will der Begünstigte diese Erfüllung nicht leisten, so ist 
die Erklärung unverbindlich. 
S. 159. Ist jedoch der Zweck durch etwas Aehnliches nach der Erklärung erfüllt 
worden, und der Erklärende hat sich dabei wissentlich ein Jahr hindurch beruhigt, so 
können dessen Erben die Art der Erfüllung nicht anfechten. 
§. 160. In wiesem bei Erklärungen von Todes wegen der bestimmte Zweck schlech- 
terdings oder durch etwas Aehnliches, und vor oder nach dem Ableben des Erklären= 
den zu erfüllen sei, ist durch besondere Gesetze bestimmt. (Tit. 12, §. 508 157) sq.) 
8. 161. In allen NFällen 158), wo das Recht selbst, welches den Gegenstand der 
Willenserklärung ausmacht, auf die Erben übergehen kann, treten diese auch in An- 
bguamg, der Befugniß, die Bedingung oder den Zweck zu erfüllen, in die Rechte des 
(rblassers. „ 
§5. 162. Ist aber die Bedingung oder der Zweck an die Person des Berechtigten 
gebunden, und stirbt dieser vor der Grüllune so verliert die Erklärung selbst ihre 
Wirksamkeit 154). 
5 163. Eine der Willenserklärung beigefügte ungewisse 157) Zeit, wo das Recht 
aus derselben entweder entstehen, oder aufhören soll, wird einer aufschiebenden oder 
auflösenden Bedingung gleich geachtet. 
156) Das Gegentheil vom R. R. S. die vor. Anm. 
157) In den antheutischen Ausgaben steht aus cinem Druckfehler „§. 505“. R. v. 29. Dez. 
1837. (Jahrb. L, S. 469.) 
158) In allen Fällen, also auch bei Erklärungen von Todes wegen. Tit. 12, §. 485. Nicht 
so nach R. R. #huch der Bedingung. Darnach ist es in der Regel unmäöglich, daß die bloßr, 
wenngleich juristisch begründete und gesicherte Hoffnung, Jemandem nach dessen Tode tütulo singu- 
larl oder universali zu succediren, auf den Erben transmittirt werde. §. 2 J. quib. mod. testam. 
infirm.; L. 4 pr., 5. S. 2 D. quando dies leg. (XXXVI, 2.) Auders ist es bei bedingten Berträ- 
gen. Aus diesen geht in der Regel das bediugte Recht eben so gut wic jedes andere au sich traus- 
missible Recht, auf den Erben über. §. 4 J. 6 de verb. obl.; §. 45 P. de inutil, stipul.; L. 42 pr. 
D. de obl. et act. (XILIV, 7). Die Verf. des L. R. haben hierin alles gleich gemacht. Vergl. 1I. 12, 
8. 485. Der erhobene Zweisel: ob der Uebergang nur bei einer cond. casunlia oder auch bei einer 
Zc. potestative gelte, hat gar keinen auch nur scheinbaren Grund; weder die Röm. Juristen denken 
(bei den bedingten Verträgen) an cinen solchen Unterschied, noch haben die Verfasser des L. R. ihn 
machen wollen, wozu auch gar keinc innere Nothwendigkeit vorhanden ist; im Gegemheilc, Suarez 
hat auedrücklich augemerkt, daß der Satz von allen Bedingungen, von potestativen wie von rein 
zufälligen, gelte (Ges. Rev. Mot. ad b. ut. zu §§. 131 bis 154 des Eutw., S. 45). (I3. A.] 
Dies ist auch von dem Obertr., in dem Erk. vom 27. Februar 1854 — Pr. 2509 — als Rechts- 
grundsatv angenommen. Eutsch. Bd. XXVII, S. 346.) Die nicht fungidlen Handlungen machen 
eine nothwendige Ausnahme. S. 162. 
158 a) (4. A.) Dies ist z. B. der Fall, wenn der bäuerliche Gutsabtretende in dem Uebertrags- 
und Altentheilsvertrage seinen Übrigen Kindern gegen den Gutsübernehmer eine Abfindung an Geld 
und Naturalien bei deren Verheirathung oder erreichtem Josten Lebensjahre ausbedingt, und bis 
zum Tode des berechtigten Kindes keiner dieser beiden Fälle eingetreten ist: dann geht die Abfindung 
auf dessen Erben nicht Über. Erk. des Obertr. v. 30. Juni 1856 (Archiv für Rechtef. Bd. XXII, 
S. 66). Conditio, qduse inest. 
15 Dies incertus conditionem — facit. L. 75 D. de cond. (XXXV, 1), L. 30, S. 4 D. de 
leg. 1. Also die ungewisse Zeit hat die Bedeutung einer Bedingung: diese Regel wird durch §. 163 
aus dem R. R. unverändert hierber übertragen. Eine Zeitbestimmung kann aber in aller Hinsicht feft 
und gewiß sein, oder nur in gewisser Hinsicht ungewiß, und es kommt darauf an: welche Ungewißheit 
hier gemeint wird. Z. B. es wird erklärt: Jemand solle an seinem Hochzeitstage, oder an dem Tage, 
wo ein Dritter Premierminister werden würde, 1000 erhalten. Hier ist Alles ungewiß, sowohl die 
qusestio an als die qusestio dunndo. Dieser Fall ist unzweifelhaft. L. 21 pr. D. quando dies 
(XXXVI. 2); L 56 D. de cond. ind. (XII, 6); L. 8 C. de test. manum. (VII. 2). Die Ungewißheit 
kann aber auch die qusestio quando allein treffen, 3. B. wenn eine Leistung auf den Todestag des 
Bedachten versprochen wird, denn der Tod ist Jedem gewiß, nur die Zeit ist ungewiß. Auch ist soust 
leine Ungewißheit bei der qu. an, denn Jeder erlebt auch seinen Todestag. Dieser Fall ist wiederum 
  
 
	        
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