12 Patent wegen Publilation
den Fall anzuwendenden Gesetze dunkel und zweifelhaft sind; also, daß bisher uͤber
den Sinn und die Anwendbarkeit derselben verschiedene Meinungen in den Gerichtshö-
bisher unzulässige Verjährung neu eingeführt wird, kein Bedenken, das neue Gesetz sofort in Bezie-
#ung auf alle schon besiehenden — niche erst auf die künftig zu begründenden — Rechtsverhältnisse in
Wirkung treten zu lassen. Es ist auch unstreitig, daß die Einführung ciner neuen An der Unterbre-
chung oder die Aufhebung einer bisher zulässigen Art der Unterbrechung sogleich auf alle laufeuden
Verjährungen anzuwenden sei. Der Zweisel trifft den Fall der Verlängerung oder Verkürzung
einer Berjährung. #) Was den Anfang betrifft, so soll dieser nicht unter dem Einflusse des
neuen Gesetzes stehen, und die Frage: ob die Verjährung gültig begonnen habe, nach dem alten
Gesetze zu beurtheilen sein. Wengfiene hat sich dafür die Praxis entschieden. Pr. des Obertrib.
926 vom 9. Oklbr. 1840 (Entsch. VI, 319), und Pr. v. 10. Septbr. 1849 (Entsch. XVIII, 137).
Ebenso Erk. des Obertrib. vom 1. Juli 1851 (Archiv f. Ncchtefälle, Bd. 11I, S. 234), u. v. 4. März
1851 (Arch. f. Rechtef., Bd. 1. S. 281). Richtiger aber ist, nach allgemeinen Grundsätzen, die eut-
gengesetzte Meinung, weil der Anfang der Berjährung keine selbstständige juristische Thatsache ist, und
as neue Gesetz aus gleichem Grunde dann, wenn es die Verjährung an andere Voraussetzungen knüpft,
sofort in allen Stücken (s. XVII) zur Anwendung kommen muß, als es bei gänzlicher Aushebung der
Verjährung sogleich in Wirkung tritt. Denn die Aushebung oder die Veränderung sind inmerlich gleich-
artige Gesetze, nur dem Grade nach verschieden. b) Die Umerbrechung, Fortsevung und Vollendung
richten sich lediglich nach dem neuen Gesetze, unbediugt im Falle der Fristverlängerung, weil eben die
Berjährung nur in dieser Weise gestattet ist. (Die zu S. XVII erwähme Trib.-Entsch. verletzt den
richtigen Grundsatz.) Im Falle der Verklirzung läßt man dem Verjährenden grundsätzlich die Wahl
zwischen der Verjährung nach dem alten Gesetze, so daß er dann die abgelaufene Zeit mutrechneu kann,
und zwischen der abgekürzten, von dem Tage ihrer Einführung angefangenen. Ueber die Gründe:
v. Savigny, S. 431. Auerkanm für diesen Fall ist der Grundsatz ausdrücklich im Gesetze v. 31.
März 1838, d. 7. (G. S. S. 249.) Vergl. unten, Anm. 44 zu §. 33. 2. Testament. Dabei kom-
men, wie bei der Verjährung, zwei zu verschiedenen Zeiten vorfallende Thätigkeiten (Errichtung und
Tod) vor. Darüber ist vielfacher Meinungsstreit. Nach allgemeinen Grundsätzen ist Folgendes ange-
nommen (v. Savigny, S. 451 ff.): a) Die rechtiliche Fähigkeit des Testators muß zur Zeit der
Errichtung und zur Zeit des Todes vorhanden sein. Davon weicht das L.R. ab, indem der Nachtheil
der zur Zeit der Errichtung vorhandenen rechtlichen Unfähigkeit durch spätere Hebung des Mangels
beseitigt wird. 1, 12, §. 13. Für den umgekehrten Fall erkennt der §&. 14 die Regel an. b) Die
natürliche Fähigkeit muß bloß zur Zeit der Errichtung vorhanden sein. Damit stimmt das L.R Über-
ein, 68. 11 u. 12 a. a. O. c) Die Gültgkeit des Inhalts wird lediglich nach der Zeit des Todes be-
urtheilt. Richtig angewendet in dem Publ.-Pat. v. 1814, S. 6 und von 1816, S. 8, und im dem Erk.
des Obertr. v. 3. April 1857 (Arch. f. Rechtsf., Bd. XXIIII. S. 352). d) Die persönliche Fähigkeit
des Eingesetzten ist lediglich nach der Zeit des Erbansalls zu beurtheilen. Der Grundsatz ist anerkaunt
I. 12, S.43 u. S. 8. des Einf.-Pat. von 1816, indirekt auch g. 452, Tu. 11. e) Die Form richtet sich
ganz nach den Gesetzen zur Zeit der Errichtung. Das versteht sich schon deshald, weil kein Mensch
wissen kann: ob künftig eine andere Form und was für eine vorgeschrieben sein wird. Die Regel ist
in den Einf.-Patenten anerkannt, daneben gilt aber die zum wohlwollenden Zwecke der möglichsten
Aufrechterhaltung im §. 17 der Einl. vorgeschriebeune Ausnahme, daß die mildere Form des neuen Ge-
setzes, wenn solche angetroffen wird, genügen soll. Das Obertrib. sagt in einem Erk. v. 6. Män 1855:
Nicht bloß rückfichtlich der Form, sondern auch rüccksichtlich der materiellen Gültigkeit der einzelnen
Anordnungen eines Testaments sind die zur Zeit und am Orte der Errichtung des Testaments gelten-
den Gesetze, nicht aber die der Zeit und des Orts, wo der Erbanfall sich ereignet, maßgebend (Archiv
f. Rechtef., Bd. XVI. S. 270). Was den zweiten Gegenstand, die „materielle Gültigkeit der einzelnen
Anordnungen“, betrifft, so ist der Satz in dieser Allgemeinheit keine Rechtswahrheit. Die materielle
Gültigkeit hängt ab: von der natürlichen und von der rechtlichen aktiven Testamentssähigkeit; von der
gleichen passiven Testamentsfähigkeit; von dem Inhalte der Berordunng. Diese verschiedenen Gegen-
tande unterliegen nicht einer gleichen Rechtsregel. Und was für ein Ort ist zu verstehen unter dem
Orte: „wo der Erbanfall sich ereignet"“? Doch nicht etwa jeder Ort, wo der Erblasser zufällig stirbt?
II. Was das Dasein der Rechte betrifft, so bat der Grundsatz von der Nichtrückwirkung neuer Ge-
setze keine Gültigkeit. Wenn ein neues Gesetz ein Rechtsinstitut nicht mehr anerkennt oder umbildet, so
tritt es grundsävlich sogleich in Wirkung. Dahin gehören die Bestimmungen: 1. über Einschränkungen
der Freiheit der Person und des Eigenthums; 2. über die persönlichen Berhältnisse der Eheleute und
Über die Trennung der Ehe (vergl. die Einf.-Pat. v. 1814, §. 9 und von 1816, F. 11); 3. über die
väterliche Gewalt und über die hausherrliche Gewalt über das Gesinde; 4. über die Zulässigkeit oder
Unzulässigkeit von Schenkungen unter Cheleuten; 5. über die Fortdauer gewisser Modifikationen des
Grundeigenthums, namentlich von Fideikommissen und Lehen, sowie über andere dingliche Rechte und
derrn Formen, z. B. des Zehntrechts, und über die Umwandlung der röm. Pfandrechte in pr. Hypo-
thekenrechte, wobei es Sache der Gesetzgebungspolitik ist, Rechteverletzungen zu verhüten. v. Savigny,
S. 531. (§8. A.) Hiermit stimmt die Praxis des Obertrib. nach dem Erk. v. 11. Dezember 1854 Über-