Bon Verträgen. 195
dbindlie Kraft ?2) des Vertrages von der schriftlichen Abfassung desselben abhän—
gen solle.
H. 118. Auch eigenhändig geschriebene Aufsätze sind, vor hinzugekommener Un-
terschrift, nicht für vollendete Verträge zu achten?).
§. 119. Die Besiegelung eines unterschriebenen und ausgehändigten 1½%) In-
struments aber ist nicht nothwendig 1), wenn gleich darin der Siegel gedacht wird 12).
teude Urkunden gemacht, jede von einem anderen Kontrahenten einseitig unterschrieben und die Exent-
plare gegeneinander ausgewechselt, wie es bei Völkerverträgen gewöhulich ist. Hierüber bestimmt der
Pl.-Beschl. (Pr. 717), vom 2. Seytember 1839: „Es reicht zur Gülltigkeit eines zweiseitigen schrift-
lichen, in zwei Exemplaren ausgesertigten Vertrages hin, wenn jeder Kontrahent nur daejenige Exem-
plar unterschreibt, welches der andere Theil übergeben erhält. Doppelt ausgestellte s. g. Schlußscheinc,
von denen das eine, seitens des Känfers unterschriebene Exemplar dem Verkäuser, das andere, seitens
des Letzteren unterschriebene Exemplar dem Käuser eingehändigt worden, unterliegen — der Steinpel-
steuer.“ (Entsch. Bd. V. S. 30.) (4. A. Auwendung: Erk. v. 1. Juli 1850, Arch. f. R. Bd. 1II,
S. 193.) b) Die Auswechselung ersolgt nicht, oder die von dem Einen unterschriebene Urkunde wird
dem Anderen nicht ausgchändigt. Dann ist der Vertrag uicht zu Stande gekommen. S. 119 d. T.
und Entsch. des Obertr. Bd. XIX, S. 69 u. 71. (4. A. Wieder augenommen in dem Erk. dess.
b. 16. Okt. 1860, Arch. f. Rechtsf. Bd. XXXVIII, S. 315. Es macht keinen Umterschied, daß die
Auswechseluug bloß aus Irrihum unterblieben.) c) Der, welcher die Urkunde unterschrieben hat, hat
solche dem anderen Theilc behändigt. Dann darf derselbe den Mangel der Unterschrift des Letzteren
nicht vorschützen. Pr. 292, v. 9. Juni 1837. — Der Andere wird durch die Annahme der Urkunde
seinerseits nicht verbindlich. Wenn er aber auf Grund derselben Klage erhoben hat, so kann er den
Mangel der schristlichen Form nicht entgegeusetzen, wenn der Bekl. gegen ihn, auf Grund desselben
Vertrages, Gegenansprüche erhebt und diese aus dem Inhalte des, wenn auch nur einseitig vollzoge-
nen Instruments abgeleitet werden. Pr. 1046, v. 2. Oktober 1841. Verhält sich der, welcher die
von dem Anderen einseitig unterzeichnete Urkunde empfangen hat, ruhig, so befindet sich die Sache
in der Lage eines schristlich gemachten Antrages, zu dessen Aunahme eine belicbige Zeit gelassen ist.
Dieser Fall steht mit dem, wo der eine Theil unterschrieben, der andere aber, ein Analphabet, unter-
kreuzt hat, auf gleicher Linic. Der, welcher unterschrieben hat, bleibt einseitig gebunden, bis der
Audere den Handel, gleichviel in welcher Form und in welchen Ausdrücken, ausschlägt. Pr. des
Obertr. vom 1. Novbr. 1845 (Ensch. Bd. XII„, S. 163). Dieser Ungewißheit kaun er dadurch ein
Ende machen, daß er dem Auderen nachträglich cine Frist bestimmt, um sich auf eine gültige Weise
über die Annahme zu erklären. §. 92 d. T. und Entsch. Bd. XII. S. 165. Der fruchtlose Ablauf
der Frist macht ihn wieder frei.
98) Der §. 117 soll einen sehr lange und lebhaft geführten Meinungsstreit der gemeinrechtlichen
Juristen entscheiden. Die Geschichte dieses Streites s. m. Recht der Ford. Bd. II, §S. 70, S. 57,
2te Aueg. S. 67 ff. Nach pr. J. de emt. (III, 24) und L. 17 C. de fide instrum. (IV, 21) ist
in dem vorausgesetzten Falle die Gültigkeit des Vertrages von der Schrift abhüngig. Man war ein-
verstanden darüber, daß die Parteien auch verabreden konnten, daß nicht die Gülugkeit, sondern nur
der Beweis von der Schrift abhängen solle. Der Streit wurde darüber geführt, was anzunehmen
sei, wenn die Parteien sich darüber nicht ausgesprochen hätnen. Der §. 117 emscheidet: es solle eine
Vermuthung für die Absicht, daß die Gültigkeit von der schriftlichen Form abhängen solle, eintreten.
Die Bestimmung ist nicht gauz angemessen. Ist eine Absicht nicht ausgesprochen, so kommt auf die-
selbe nichts an; ist aber ceine Absicht irgenwie erklärt worden, so ist es Sache der Auslegung, den
wahren Willen zu erklären. Der Beweis und Gegenbeweis kann nur auf äußere, in die Sinne
fallende Laute, Zeichen und Handlungen, woraus man einen Schluß auf den Willen machen kann,
niemals direkt auf geheim gebliebene Gedanken gerichtet werden. Diese Nichtung hat aber die im
s. 117 gegründete Vermuthung, folglich müßee auch der Gegenbeweis — denn eine Vermuthung
regelt nur die Beweislast — direkt geführt werden können und dürfen. Da diese Anwendung nicht
stanfindet, so kaun der wahre Sinn des F. 117 kein anderer sein, als: bei der voransgesetzten Ver-
abredung wird angenommen, es solle die Gültigkeit des Vertrages von der schriftlichen Form abhän-
, wenn nicht aus der Erklärung cin anderes erhellet. Uebrigens ist der Wirkungskreis der Be-
immung im pr. R. außerordentlich klein, da er nur die Verträge trifft, die an gch mündlich ge-
schlossen werden können.
99) Vergl. o. die Anm. 62 zu Tit. 4, 8. 63.
100) Ohne Aushändigung wird selbst der Kontrahent, welcher den von dem auderen Tdeile voll-
zogenen schristlichen Koutrakt zugestellt erhalten und dann gleichsalls unterschrieben, doch aber zurückbe-
halten hat, nicht gebunden. Pr. des Obertr. v. 28. Juni 1850 (Entsch. Bd. X1X. S. 69). Das gilt
freilich nicht in dem Fallec, wenn nach der Uebereinkunft beider Theile die von ihnen unterschriebene
Urkunde in den Händen Dieses oder Jenes von ihnen bleiben soll; denn Einer kann sie nur haben.
1) Auch der Stoff, worauf und womit geschrieben wird, ist gleichgültig. (I. A.) Es ist wohl
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