Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

Von Verträgen. 235 
Hat man nämlich an beiden Armen geuau gleiche Gewichte aufgehängt, so haben die Arme gleiche 
Läuge, sobald die Zunge richtig einsteht. Muß man aber auf der einen Seite ein kleines Ueberge- 
wicht zulegen, um das genaue Einstehen herbeizuführen, so ist der nach dieser Seite gekehrte Arm kür. 
zer, als der ihm gegenüberstehende. 
Im letzteren Falle wird der Unterschied beider Längen in Theilen des kürzeren Armes erhalten, 
indem man das Uebergewicht durch eines dergleichen Gewichte dividirt. Hätte man z. B. bei einer 
Belastung von 10 Pfund auf jeder Seite dem liuls hangenden Gewichte ¼ Loth zulegen müssen, 
um die Zunge zum Einstchen zu bringen, so würde der rechte Arm des Balteus um ¼:.320, d. h. 
um ½/1 9e länger sein, als der linke, oder: die Längen beider Arme würden sich in diesem Falle 
wie 1281: 1280 verhalten. 
Da es aber immer sehr schwierig bleibt, einen Waageballen genau gleicharmig herzustellen, so 
kann eine Abweichung, die nicht mehr als 820% der Länge eines Armes beträgt, als uuschädlich 
nachgesehen werden. 
s. 4. Was die Empfindlichkeit betrifft, so wird diese nach der mehr oder mindern Abweichung 
der Zunge aus der vertikalen Stellung im Zustande des Gleichgewichts bei einem gewissen Uebergewicht 
auf der einen Waagschale, d. h. nach dem größeren oder geringeren Ausschlage beurtheilt. Aus 
theoretischen Gründen ist dieser Ausschlag unter übrigens gleichen Umständen desto größer, die Waage 
also um fo empfindlicher, je länger ihr Balken und je leichter derselbe lonstruirt ist. Außerdem hat 
die Lage seines Schwerpunktes, so wie der Umstand, ob die beiden Anhängepunkte der Waagschalen 
mit dem mittleren Unterstützungspunkte des Balkens — die mit letzterem verbundenen drei Stahlschunei- 
den — in eine gerade oder gebrochene Linie sallen, einen bestimmten Einfluß. 
Am häufigsten kommt es vor, daß die Mittelschneide etwas oberhalb der graden Linie liegt, 
welche durch die Endschneiden gezogen werden kann, und dies ist insofern als ein Uebelstand zu be- 
trachten, als sich dann der Waagebalken bei einer größeren Belastung weniger empfindlich zeigt, als 
bei geringeren Belastungen. Dagegen ist der Ausschlag, den die Zunge für ein bestimmtes Ueberge- 
wicht anzeigt, von der Größe der Belastung unabhängig, sobald jene drei Schneiden genau in einer 
geraden Linie liegen, weshalb bei der Prüfung genau darauf gesehen werden muß, daß dies so viel 
als möglich der Fall sei. 
§. 5. Gleichwohl wird es nicht ausbleiben, daß die Belastung der beiden Waagschalen immer 
noch fortfährt, einen gewissen Einfluß auf die Größe des Auseschlages auszuüben, da schon die nie 
ganz zu vermeidende Reibung der Stahlschneiden in den zugehörigen Pfannen, und besonders die der 
mittleren Schneide, so wie nicht minder die aus der Elasticität des Balkens entspringende Biegung 
desselben einen solchen Einsluß bedingt. Mit Rücksicht auf diese Umstände, welche beide der Belastung 
proportional sind, wird vorgeschricben, daß die Empfindlichkeit einer bis zur größten Tragfähigkeit be- 
lasteten Waage mit einem Uebergewichte geprüft werden soll, welches im Verhältniß zu einem der glei- 
chen Gewichte, die sich auf der Waage das Gleichgewicht halten, auf jeden Centner ein Loth beträgt. 
Man darf sich aber nicht damit begnügen, die genannte Prüfung nur auf einer Seite vorzuneh- 
men, sie muß ebenso auch auf der anderen Seite geschehen, wo dann die Zunge nach beiden Seiten 
hin einen gleich großen Ausschlag geben muß. 
#. 6. Hat man sich auf diese Weise die Ueberzeugung verschafft, daß eine zur Eichung vorge- 
legte Waage den Anforderungen entspricht, welche die Sicherheit des Publikums nöthig macht, so er- 
solgt die Stempelung ihres Balkens in der Mitte eines jeden Armes, einmal mit dem preußischen 
Adler, und zum anderen mit dem Ortenamen der betreffenden Eichungsbehörde. 
Letztere ist verpflichtet, dem Eigenthümer oder demjenigen, der die Eichungsgeblhren entrichtet, 
einen nach §. 17 der Instruktion vom 14. Dezember 1818 ansgefertigten Beglaubigungsschein zu über- 
geben. 
5. 7. Finden dagegen nach dem pflichtmäßigen Gutachten der Eichungebehörde in Bezug auf 
die in §. 2 genannten allgemeinen Konstruktionserfordernisse wesentliche Mängel statt, oder geben die 
in #5. 3 bis 5 vorgeschriebenen Proben in Absicht auf die Richtigkeit und Empfindlichleit nicht die 
verlangten Resultate, so darf die Stempelung der Waage nicht eher erfolgen, als bis jene Mängel 
vollständig beseirigt find.
	        
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