254 Erster Theil. Fünfter Titel.
§. 262. Wenn ein jüngerer Vertrag sich auf einen ältern bezieht, so ist anzuneh-
men, daß letzterer nur in den durch den jüngem Vertrag klar bestimmten Stücken hat
abgeändert werden sollen 26°).
#. 263. Undeutliche Stellen eines ausgefertigten Kontrakts müssen nach dem
deutlichen Inhalte der vorhergegangenen Punktation erklärt werden 250).
§. 264. Ist aber eine in der Punktation enthaltene Verabredung in dem hier-
nächst ausgefertigten förmlichen Kontrakte deutlich geändert, so gilt nur das, was in
dem Kontrakte enthalten ist.
§. 265. Sind Verabredungen, die in der Punktation enthalten waren, in dem
förmlichen Kontrakte ganz übergangen worden, so werden sie für aufgehoben geach-
tet 27).
§. 266. Kann ein Vertrag nach vorstehenden Regeln nicht erklärt werden, so
ist derselbe gegen den auszulegen, der in seiner Willensaußerung zweideutiger, eines
verschiedenen Sinnes fähiger, Ausdrücke sich bedient hat.
§. 267. Besonders ist die Auslegung gegen den zu machen, welcher ungewöhn-
liche Vortheile begehrt, die in Verträgen dieser Art nicht eingeräumt zu werden pfle-
en 27 arJ.
8. 268. Wenn alle übrigen Auslegungsregel nicht zutreffen, so muß die zwei-
sühhe Stelle so erklärt werden, wie es dem Verpflichteten am wenigsten lä-
stig ist.
§. 269. Bloß wohlthätige Verkräge sind, im zweifelhaften Falle, allemal zur
Erleichterung des Verpflichteten auszudeuten.
§. 270. In der Regel müssen die Verträge nach ihrem ganzen Inhalte erfüllt
werden 75).
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Mathis Bd. X, S. 500 mitgetheilten Rechtsfalle iu der Art gemacht, daß, da unter Uebernahme
aller Gefahr und Schaden auch die der M (was unrichtig ist) Zufälle zu verstehen
(S. 506), auch die Kriegsbrandschäden von dem Versicherer zu ersetzen seien, wenn er solche auch nicht
auedrücklich übernommen habe. Auf Assekuranzkontrakte bezieht sich wohl der §. 261 zunächst nicht,
vielmehr nur auf den Fall, wenn ein Kontrahent nebenbei mehr, als ihm nach der Natur des Rechts-
geschänns in Ansehung der Folgen des Verschens zu leisten obliegt, übernommen hat.
26 8) (4. A.) Insoweit der Inhalt des jüngeren Verwages dem älteren widerstreiket, ist der letz-
tere aufgehoben. Erk. des Obertr. v. 16. Januar 1855 (Arch. f. Rechtof. Bd. XVI, S. 174). Vergl.
das Erk. dess. v. 13. Juli 1854 über die Anwendung dieses Grundsatzes auf zwei verschiedene Schul
urkunden über dasselbe Darlehn. (Arch. f. Rechtsf. Bd. VI, S. 231.)
26 b) (5. A.) Hierzu ist die Anm. 73#8, Abs. 2 zu 6. 65, Tit. 4 zu vergleichen.
27) Ist eine praesumtio juris et de juro; auf die Punktation kommt weiter gar nichts an, an
deren Stelle ktritt eben der förmliche Kontrakt.
(i. A.) Wenn, argumentirt das Obertribunal, selbst in dem Falle, daß an die Stelle einer
schristlichen Punktation ein förmlicher Kontralt getreten ist, die in letzterem Übergangenen Verabredun-
gen für anfgehoben gelten, so muß dies uinsomehr dann angenommen werden, wenn die dem förm-
lichen Vertragsabschlusse vorangegangenen Verabredungen nur müdndlich getroffen worden sind, wenn
auch in dem schriftlichen Vertrage des frühcren mündlichen Abkommens keine Erwähnung geschieht
und — so muß nach dem Thatbestande ergänzt werden — das mündliche Abkommen Handlungen zum
Gegenstande hatte, welche geleistet worden warcn. Erk. vom 11. Septbr. 1860 (Archiv für Rechtsf.
Bd. XXXIX, S. 43). Der Sag ist richtig, die Folgerung nicht. Der Sah ist nichts anderes als
der römische Rechtsgrundsatz (das A. L.R. spricht ihn nicht aus), daß ##umn Falle des Zusammentreffens
eines förmlichen Kontrakts mit einem Realkontrakte der letztere von dem ersteren absorbirt wird, weil
dieser nur als begonnene Erfüllung angesehen wird. M. Recht der Ford. §. 60, Bd. II (2. A.), S. 60.
(5. A.) Hierzu vergleiche man die Anm. 73a, Abs. 2 zu §F. 65, Tit. 4.
27ay) (5. A.) Zu vergleichen die Aum. 73 #8, Abs. 2 zu §F. 65, Tit. 4.
26) Pacta sunt servanda, d. h. gerade das Versprochene kann erzwungen werden, der Berech-
tigte braucht sich nicht auf sein Interesse verweisen zu lassen. Anwendung: #§. 275 u. 276. (2. A.)
Er ist aber auch nicht befugt, vorhinein sein Interesse zu fordern, ohne auf die Erfüllung vergeblich
gedrungen zu haben. Ausnahme: §§. 408—410. Das ECheverlöbniß macht keine Ausnahme. §. 112
im Wone „beharrlich“, welches eine fruchtlose Klage auf Erfüllung voroussetzt. Pr. des Obertr.