312 Erster Theil. Sechster Titel.
in der Regel so lange, bis entweder dieselben die Volljährigkeit erreicht haben, oder
der Fall des 8. 102 noch vorher eintritt.
§. 106. Solche Kinder hingegen, welche wegen körverlicher oder Geistesschwä-
chen, auch nach erlangter Vollsährigkeit, sich selbst ihren Unterhalt zu erwerben nicht
im Fin sind, muß der Beschädiger bis zu ihrem Tode, oder ihrer Wiederherstellung,
verpflegen.
*!n 107. In Ansehung der Wittwe des Entleibten dauert die Verpflegungsver-
bindlichkeit des Beschädigers so lange, bis dieselbe wieder heirathet 35 #), oder in Um-
stände kommt, da sie einer solchen Unterstützung füglich entbehren kann.
§. 108. Ueberhaupt hören die Pflichten auch eines solchen Beschädigers unter eben
den Umständen auf, unter welchen der Entleibte selbst, wenn er noch lebte, davon frei
werden würde.
§. 109. Was vorstehend zum Besten der Wittwe und Kinder des Entleibten ver-
ordnet ist (§§. 99— 108), gilt auch zum Besten anderer Personen, welche nach den
Vorschriften der Gesetze üniechalt von dem Entleibten zu fordern berechtigt sein würden.
ewenn ste §. 110. Ist die Entleibung nur aus geringem Bersehen erfolgt, 6 muß die Fa-
ningem Ber milie des Entleibten mit der F. 98 bestimmten Entschädigung sich begnügen.
sehen eriolst S. 111. Bei andern körperlichen Verletzungen, wodurch der Beschädigte nicht ent-
2. Durch an= leibt worden, ist derselbe, in allen Fällen, auf den Ersatz der Cur= und Heilungsko-
derk kerrer- sten 5) anzutragen berechtigt.
legungen. §. 112. egen erlittener Schmerzen können Personen vom Bauer= oder gemei-
Ween er nen Bürgerstande, denen dergleichen Verletzung o) aus Vorsatz oder grobem Versehen
Schmerzen. zugefügt worden, ein billiges Schmerzengeld 6.1) fordem.
565) (4. A.) Das Obertribunal hat, im Widerspruche mit dem Appellationsgerichte in Posen,
angenommen, daß der §. 107 keinen Gegensatz zum §. 102 bilde, und daß keinesweges nur bei einer
durch mäßiges Bersehen derursachten Täödtung der Beschädiger durch die Wiederverheirathung der Wittwe
des Cntleibten von der Verbindlichkeit, ihr den Unterhalt zu gewähren, frei werde, dieses vielmehr
auch bei der vorsätzlichen und grobsahrlässigen Tödtung eintrete. Erk. v. 30. Januar 1861 (Enrsch.
Bd. XIIV. S. 19). Die Beweisführung ist untriftig. Nicht bloß die Fassung und Abtheilung der
für die verschiedenen Fälle gegebenen Bestinnnungen und daß im §. 102 von der Wittwe speciell gar
nicht Rede ist, wie im §. 107, ist dieser Auslegung entgegen, sondern der gar nicht erwähnte innere
Grund, daß die Wittwe, im Falle der vorsätzlichen Tödtung ihres Mannes, eine vollständige Ent-
schädigung zu fordern hat, so daß sie dadurch vielleicht leichter eine Glegendeit findet, sich wieder zu
verheirathen, und das ist der Fall, wenn sie ihrem zweiten Mann den Unterhalt für ihre Person in
die Ehe bringen kann. Darum hat die Nichtberülcksichtigung des Falles der Wiederverheirathung in den
88. 101 u. 102 einen sehr verständigen Grund, der durch die Erwägungen des Obertribunals durchaus
gar nicht berührt wird und ebenso, wie die formellen Gründe, in seinem vollen Gewichte stehen bicibt.
59) Selbstverstanden sind nur die nothwendigen und nützlichen Kosten zu erstatten. Als solche
gelten ohne Weiteres diecienigen, welche durch das Heilverfahren eines approbirten Heilkünstlers entste-
hen. Aber auch solche verfahren bisweilen so ungeschickt und gegen die Regeln der Kunst, daß sie das
Uebel vergrößern und dadurch die Kosten ins Große vermehren. Diese unnützen Kosten können, da
sie keine Folge der ursprünglichen Beschädigung sind, nicht auf Rechnung des ersten Beschädigers kom-
men, sondern diese hat der selbstständig beschdigende Arzt zu erstatten. — (4. A.) Die hier gemachte
Unterscheidung zwischen nothwendigen wie nützlichen und unnützen Kosten ist von der Gerichtspraris
in Beziehung auf den Entschädigungsanspruch angenommen und zur Anwendung gebracht worden. Die
Entscheidung hierüber beruht selbstverständlich auf thatsächlichen Momenten. M. s. das Erk. des
Obertr. vom 1. Dezember 1862 (Archiv f. Rechtsf. Bd. XLVII, S. 197).
60) Dies Gesetz kommt auch dann zur Anwendung, wenn die vorsätzlich oder aus grobem Ver-
sehen unternommene beschädigende Handlung keine äußere *sildr sondern eine Krankheit zur Folge
dabt hat, selbst wenn diese nach der Bestimmung des §. 3 d. T. als ein mittelbarer Schade anzu-
ehen wäre, und diese Art der Beschädigung nicht in der Absicht des Beschädigers gelegen hätte.
Pr. 1189, vom 18. und 27. August 1842.
61) Zur Rechtfertigung dieser Bestimmung sagt Suarez: „Das Schmerzengeld ist beinahe in
gam Deutschland üblich. Stryk, Us. mod. IX. Tit. 2, §. 9. Die Wiederherstellung desselben, we-
nigstens in Ansehung der niederen Stände, scheint daher ebenso unbedenklich, als selbst der Billigkeit
gemäß zu sein." Jahrb. Bd. XLU, S. 8. Nach G. R. wird über die Zulässigkeit des Schmerzengel-