Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

Von Gewahrsam und Besitz. 335 
§. 81. Wer eine Handlung, welcher der Andere 7#2) widersprechen konnte, ohne 
dessen Widerspruch''##?) untermimmt "°), der erlangt den Besitz des Rechts, von dem 
grundsat angenommen, daß der Patron für den Besitz des im Patronate einbegriffenen affirmativen 
echts, z. B. Rechnungslegung und Zuziehung bei Austhuung und Einziehung der Kirchenkapitalien 
fordern, den wnii Schutz verlangen kann. Pr. v. 18. März 1857 (Entsch. Bd. XXxV, 
u.384). — Der Anfang des Besitzes einer solchen Abgabe beginnt, wenngleich sie alljährlich postnu- 
merando abgeführt ist, nicht mit dem Aufange des Jahres, für welches sie zuerst gegeben worden, son- 
dern mit dem Tage der ersten wirklichen Cntrichtung. Pr. des Obenr. 2093, vom 26. Jan. 1846 
(Entsch. Bd. XVII, S. 1386). 
(3. A.) Der Besitz einer Wege erechtigket, welche nur nach Oeffnung eines dem Belasteten gehö- 
rigen verschließbaren Thores ausgellbt werden konnte, und durch Vorenthaltung des Schlüssels gestört 
worden war, ist von dem Obertr. in possessorio dergestalt geschütst, daß der Pellagte verurtheilt wor- 
den, dem Kläger und dessen Leuten auf jedesmaliges Erfordern den Schlüssel zur Oeffnung des Thor- 
unet herauszugeben. Erk. v. 17. Dez. 1856 (Entsch. Bd. XXXIV. S. 810. Der Klageantrag hatte 
auf Verurtheilung des Beklagten zur Beinung des Thorweges aus jedesmaliges Verlangen gelautet, 
und war auf Herausgabe des Schlüssels beschränkt worden. Diese Handlung des Beklagten erschien 
dem Obertr. um deshalb ein geeigueter Gegenstand der wossessorienllage, weil diese Handlung des Be- 
klagten nur sekundär in Betracht komme; und sowie nun nach R. N. eine Servitut nicht aushöre, 
eine solche zu sein, weil der zeitige Besitzer dabei für seine Lebenszeit ein facere verheißen, oder solches 
an sich, wie bei der servilus oneris ferendi, zu leisten hatte, ebenso wenig werde das negative Recht 
einer Wegegerechtsame zu einem affirmativen, weil auf dem Wege ein Thor liegt, dessen Oeffnung dem 
Verpflichteten obliegt. Diese Beweisführung erbringt gar keinen Beweis für die Anwendbarleit der 
Besitzklage wegen Unterlassung der Handlung. Das Gleichniß aus dem R. R. (mit einer Ausnahme) 
ist unstatthaft, weil theils ungeschichtlich. Das R. R. kennt weder Servituten, wobei der zeitige Be- 
siter für seine Lebenszeit eim facere, als Bestandtheil der Servitut, verheiben konnte, noch war die 
2#e#tus oneris ferendi eine solche Servitut, welche ein facere des Besitzers in sich trug; vielmehr 
machte diese Servurt die einzige Ausnahme von der Regel nur darin, daß bei deren Bestellung die 
Instandhaltung der belasteten Wand durch ausdrückliche Stipulation ausbedungen und nicht etwa als 
Berbindlichkeit der Person des Besitzers, sondern der Sache als dingliche Last ansgelegt werden konnte. 
Von selbst verstand sich das nicht bei der Konstituirung der servitus oncris ferendl. L. 6, S8. 2 et 5 
D. si serviius vindicetur und L. 33 D. de servit. praed. urb. Nun hörte zwar diese Servitut dadurch, 
daß mit derselben die Last der Luseandzaltung des dienenden Gebändes verbunden worden war, aller- 
dings nicht aus, eine Servitut zu sem, aber damit ist nicht zu erweisen, daß wegen der unterbliebenen 
Instawhaleng die Possessorienkllage anwendbar sei; nach R. R. war diese ganz unmöglich und die 
L. 8, 6. 2 D. al serrlstus vindicetur kennt nur die actio confessoria ad compellendum viclnum relficero 
  
parietem. Wodurch hätte denn auch ein possessorisches Juterdikt wegen bloßer Unterlassung einer Hand- 
lung begründet werden sollen! Durch Nichtsthun und Schweigen kann ein Besitz nicht gestört oder 
Zhegn werden. Das Gleiche ist in dem vorliegenden Fallc von der Handlung der Herausgabe des 
Schlüssels zum Thorwege zu sagen: die Unterlassung begründet auch nach preußischem Rechte keine 
Besitzklage; die vorliegende Rechtsanwendung läßt sich nicht begründen. 
482) (2. A.) Die Sache, welche der Gegenstaud des Rechtes ist, muß also nothwendig eine fremde 
sein. Der Besitz eines negativen Rechte kann daher nicht erworben werden, wenn der Besitzer diese 
Sache als Eigenthümer zu besitzen glaubt. Pr. des Obertr. vom 9. Febr. 1852 (Entsch. Bd. XXII, 
S. 304). (5§. A.) Damit scheint jedoch eine ältere Entsch., mitgetheilt im Archiv f. Rechtsf. Bd. III, 
S. 38, nicht übereinzustimmen. Darnach soll derjenige eine Grundgerechtigkeit durch Verjährung er- 
werben können, welcher das Grundstlick, gegen welches dieselbe ausgestbt worden ist, in der Meinung 
besessen hat, dessen Eigenthümer zu sein. Erk. v. 10. Juli 1851. (J. A. Diese ältere Meinung ist 
durch Pl.-Beschl. (Pr. 2721) des Obertr. v. 3. Män 1862 als Rechtsgrundsat festgestellt. (J. M. Bl. 
S. 115 u. Eutsch. Bd. XLVII, S. 15.) Bergl. unten die Aum. 14, Abs. 2 zu §. 14, Tit. 22. 
48b) Dieser setzt die Kenntniß der Handlung voraus. Anm. 65 zu §. 107 d. Tit. (4. A.) Da- 
her muß der Kläger, wenn der Beklagte bestreitet, von den Besitzhandlungen Überhaupt Kenntniß er- 
langt zu haben, diese Kenntniß als ein Erforderniß seines Klagefundaments beweisen. Erk. des Obertr. 
v. 1. Dez. 1862 (Arch. f. Rechtss. Bd. XLVII. S. 196) und 64. A.) Erk. dess. v. 29. Mai 1865 (Arch. 
f. Rechtsf. Bd. LXIV. S. 2). Dem is jedoch das Obertr. später wieder emgegen getreten #nit der 
Behauptung: außer derjenigen Handlung, welcher der Andere widersprechen konnte, aber nicht wider- 
sprochen hat, müsse nicht noch der Beweis geführt werden über die scientla oder das wissentliche Dul- 
den. „Es kann vielmehr nur darauf kommen“ — heißt es weiter —, „ob solche Besitzhandlungen vor- 
liegen, aus denen die opinio juris des Handelnden zu entnehmen und die sich als fehlerfrei, insbeson- 
dere als nicht heimlich unternommen, darstellen, welche somit vermöge der Art ihrer Vornahme die 
Vermuthung begründen, daß sie dem Auderen wirklich bekannt geworden, oder nur durch seine eigene 
oder durch fäner Stellvertreter Sorglosigkeit und Unachtsamkeit undekannt geblieben sind.“ Dabe ist 
der 8. 99 d. T. allegirt. Erk. vom 13. Sept. 1866 (Archiv für Rechtsf. Bd. LXIV, S. 245). Der 
  
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liven Rechte,
	        
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