Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

Bon Gewahrsam und Besitz. 341 
bei solchen Handlungen, welche bloß die Fortsetzung des Besitzes zur Absicht haben, 
stärker, als bei solchen, wodurch derselbe zuerst erworben werden soll. 
§. 102. Ist die Absicht der Verheimlichung klar, so wird der Keier der Besit- 
ergreifung nicht gehoben, wenn gleich der Andere, der getroffenen Vorkehrungen unge- 
achtet, von der Handlung Wissenschaft erlangt hätte. 
§5# 103. Dadurch allein, daß der Pächter eines Gutes, auf eine nur an ihn er- 
angene Anforderung, sich zu einer gewissen Leistung verstanden hat,. wird gegen den 
Eigenthümer der Besitz des Rechts, die Wiederholung dieser Leistung zu fordern (eines 
affinnativen Rechts), noch nicht erworben #7). 
S. 104. Hat aber der Eigenthümer die von dem Pächter geschehene Leistung ge- 
wußt 5#5#), oder ist ihm dieselbe nur durch sein eigenes grobes oder mäßiges Verseten 
unbekannt geblieben: so hat der Andere den Besitz des affirmativen Rechts gegen den 
Eigenthümer erlangt. 
5. 105. Soweit einem Pächter eine Befugniß, über die Sache selbst zu verfü- 
gen, beigelegt") ist, soweit kann durch seine Handlungen oder Leistungen der Besitz 
eines affirmativen Rechtes gegen den Eigenthümer erworben werden. 
§5. 106. Aus Handlungen, Leistungen oder Duldungen, wodurch an sich eine 
Besitzergreifung bewirkt werden könnte, entsteht dennoch kein Besitzrecht “), sobald er- 
hellet, daß der Andere dieselben nicht auf den Grund einer vorhergehenden Verpflich- 
kung. sonderm nur aus Freundschaft und Gefälligkeit vorgenommen, oder gestattet 
abe 64 6) 
§5. 107. Wer etwas thut, oder sich gefallen läßt, was ihm nachtheilig ist, oder 
zur Einschränkung seiner Rechte gereicht, der hat die Vermuthung wider sich, daß bei 
einer solchen Handlung oder Duldung "°v) die Meinung einer vorhergehenden Verpflich- 
tung zum Grunde liege "#). 
  
der jetzige Besitzer sich vi, elam oder precario in den Besitz gesetzt haben muß. Schl. Arch. Bd. V. 
S. 402. Vergl. oben die Anm. 57, Abs. 2 a. E. 
62) Das Gleiche gilt auch von negativen und von Untersagungsrechten. Vergl. Tit. 9, §. 521; 
Tit. 21, §. 91 u. Anm. 65 zu §F. 107 d. T. 
62 à ) Nämlich vorher. Denn die hinterdreiu erlangte Kenntniß ändert die Wirkungslosigkeit 
der Leistung des Pächters (S. 103) nicht. Aber wenn ihm die Anforderung und Leistung nachher be- 
kannt gemacht werden, so muß er Widerspruch erheben, sein Stillschweigen möchte für Zustimmung 
oder Duldung genommen werden. 8. 107 d. T. 
63) Dem Pächter beigelegt ist, also vermöge des Pachtverhältnisses. Was damit gemeint sein 
könnte, ist ungewiß. Ist der Pächter nebender Mandatarius des Eigenthümers, so kommt er nicht 
als Pächrer in Beracht. 
64) Und auch kein Besitz in dem hier in den ##§. 96 ff. gemeinten Sinne, weder eine corporis 
possessio, noch eine jaris quasi possessio; denn alle diese ursprünglich auf den Rechtsbesitz berechne- 
ten Vorschriften sollen auch von dem Sachbesitze gelten. S. o. die Anm. 57. (1. A.) Der Rechts- 
wille (animus joris) zur Erwerbung des Besitzes einer Grundgerechtigkeit muß nothwendig manifestirt 
werden. Erkl. des Obertr. v. 1. Dez. 1857 (Entsch. Bd. XXXVII, S. 172). 
642) (6. A.) Der 8. 106 u. 108 setzen eine bittweise Besitzer greifung voraus, sind also auf 
eine bittweise Fortsetzung eines bereits erworbenen Besitzes unanwendbar. Erk. des Obertr. vom 
26. Juni 1863 (Entsch. Bd. L, S. 68). Doch kann von Demienigen, welcher zu einer gewissen 
Zeit die Erlaubniß zur Ausübung einer Handlung nachsucht, und diese als eine ihm vergünsti- 
gungsweise gestattete ausübte, nicht angenommen werden, daß er dieselbe Handlung vorkber als 
ein Recht ausgeübt und von dein Anderen auf Grund einer diesem obliegenden Verpflichtung ge- 
stattet erlangt habe. Die Annahme des Prekariums wird dadurch allein nicht ausgeschlossen, daß 
dasselbe erst sur eine Zeit nachgewiesen worden, wo die Handlung schon während einer zur Ersitzung 
Prütenden Frist ausgeübt war. Erk. des Obertr. vom 28. Januar 1864 (Arch. f. Rechtsf. Bd. LII, 
221). — Derjenige, welcher zu einer gewissen Zeit ein Recht precario modo ausgeübt hat, hat 
auch in Beziehung auf die spätere Zeit der Ausübung bis zum erbrachten Gegenbeweise die Vermu- 
thung gegen sich, daß die Auslbung des Reches precario wocdo erfolgt (sortgesetzt) sei. Erk. dess. 
dom 6. u. 11. Juli 1865 (Archiv f. Rechtsf. Bd. LX, S. 108). 
65) Die Besitzergreifung auch eines negativen Rechts gegen den Eigenthümer eines Grundstücke, 
Precarium.
	        
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