350 Erster Theil. Siebenter Titel.
§5. 147. Eben dieses findet statt, wenn Jemand die Sache 355) oder das Recht
heimlich, durch List oder bittweise 35), von dem vorigen Besitzer an sich gebracht hat.
5. 148. Vorstehende Rechte (S§. 146, 147) kommen demjenigen, welcher sol-
chergestalt seines Besitzes zur Ungebühr entsetzt worden, nicht nur gegen den Entsetzen-
zen und hine Theilnehmer 70), sondem auch gegen deren Erben zu?##. (Tit. 6.
28 Sdd.
Besitzes eines Rechts über dessen bisherige Grenzen hinaus, gerichtete thätliche Abwehr ist als eine
Besitzstörung nicht anzusehen. Pr. des Obertr. v. 1. Mai 1857 (Cutsch. Bd. XXXVI. S. 29).
(4. A.) Der Possessorienklage kann sich auch ein Mitbesitzer gegen den anderen Mitdesitzer bedie-
nen, wenn er dadurch Schut gegen die gänzliche Ausschlehun seinen Mitbesitzes zu erlangen sucht.
Erk. des Der, v. 13. Mai 1859 (Arch. f. Rechtsf. Bd. XXNIV, S. 49). Vergl. Abs. 2 der Anm. 4
zu §. 4, Tit. 17.
Der Verpächter ist zur Possessorienklage legitimirt, wenn sein Pächter in der Benutzung des ge-
pachteten Gegenstandes gebrt wird. Erk. des Obertr. v. 8. Dez. 1854 (Arch. f. Rechtsf. Bd. XVi, S. 89).
Die Verfügung des Eigenthümers über die vermicthete Sache enthält nur dann eine Störung
des Besitzes des Miethers, wenn Ersterer in Bezug auf die Gebrauchs- und Nutzungerechte des Letz-
teren numittelbar in dessen Besitzstand eingegriffen hat. Ob der Eigenthümer seine ihm dem unvoll-
ständigen Besitzer gegenüber verbliebenen Rechte überschritten habe, kann, nach der Meinung des Ober-
tribunals, nur im Petitorienprozesse entschieden werden. Erk. v. 26. Nov. 1855 (Arch. f. Rechtef.
Bd. XVIII. S. 323). Hiergegen s. m. den Aussatz von Stohn a. a. O. S. 365.
Kann ein Possessorienurtheil nicht vollstreckt werden, so kann der obsiegende Possessorienkläger sein
Interesse en Nichtvollstreckbarkeit des Urtheils in Betreff des ihm entzogenen Besies liquidiren,
doch nur in denselben Grenzen, in welchen er aus diesem Urtel Exekution nachzusuchen befugt war,
miuthin weder den Werth der Sache selbst, noch die entbehrten Nutzungen derselben. Erk. des Leerrr-
vom 11. Dez. 1855 (Archw f. Rechtef. Bd. XIX, S. 178).
Wem ein Wald zum Holgfällen Übergeben worden, kann andere Besitzhandlungen, z. B. das Lehm-
graben, nicht ausschließen, da sich sein animus sibi habendi darauf nicht erstreckt. Erk. des Obertr. v.
29. Nov. 1851 (J. M. Bl. 1854, S. 105). — Wenn aus den, auf einzelnen Theilen des Grundstücks
vorgenommenen Handlungen zu schließen ist, daß der animus sibi habendi auf das Ganze gerichtet
war, und wenn damit das physische Vermögen, über die ganze Sache ausschließlich zu versügen, ver-
bunden ist, so kann und muß angenommen werden, daß der Besitz des ganzen Grundstücks ergriffen
worden, z. B. wenn der Besitznehmer einzelne Theile eines Grundstücks mit dem gedachten animus
und Wt Vermögen bepflanzt ha#. Erk. des Obertr. v. 9. Dez. 1853 (ebd.)
88 b) (4. A.) Auch ein Wechsel ist als eine körperliche Sache Gegenstand des possessorischen Schutzes,
gleichwic er auch vindizirt werden kaun. (A. D. W.O. Art. 74.) Doch ist das in Frage gestelll wor-
den. Erk. des Obertr. v. 28. Januar 1867 (Entsch. Bd. XXXV, S. 17).
89) Die bittweise Entziehung des Besitzes liegt nicht in der erbetenen Erlangung der Gewahr-
sam, sondern in der Verweigerung der Rückgabe der erbetenen Sache. (4. A.) Anerkannt von dem
Obertr. in dem Erk. vom 5. Juni 1857 (Archiv f. Rechtef. Bd. XXIV, S. 351), und vom 12. Dez.
1860 (Entsch. Bd. XI IV, S. 41).
90) Wenn es sich nicht um den Ersatz eines aus der Störung des Besitzes erwachsenen Schadens
handelt, sondern um Wiederherstellung des entzogenen oder um Schutz in dem gestörten Besitze, so läßt
sich der possessorische Anspruch keinesweges unter allen Umständen gegen die individuelle Person des
Turbanten richten; vielmehr im ersten Falle, bei geschehenen Eutsetzungen aus dem Besiyc, nur
gegen denjenigen, welcher sich selbst und für sich m den Besitz einer Sack oder eines Rechts gesetzt
hat, und bei Anstellung der Klage sich noch in solchem Besitze befindet (m. s. auch das Erk. des Oberrr.
v. 4. April 1856, Arch. f. Recheef. Bd. XXI, S. 50); in dem Falle bloßer Störung dagegen ist
Bedingung der Besitzstörungsklage, daß die Handlung des Beklagren seine eigene sei, es sei nun
in seinem Interesse, um den Besitz des Gestörten sich anzueignen, oder doch seine eigene Absicht, den
Besitz des Anderen zu stören. Eine solche Absicht zum Stören ist aber alsdann gar nicht vorhanden,
wenn der Störer die Handlung nur im Auftrage eines Anderrn, und in dessen Interesse, otme irgend
ein eigenes Interesse, unternimmt; er ist alsdann gar nicht der eigentliche Störer. So sagt das Obertr.
in den Gründen seines Pl.-Beschl. v. 2. April 1849. (S. o. Anm. 24 zu §. 46, Tit. 6.) Der Be-
weis dieser Behauptungen fehlt und ist aus juristischen Grundsätzen auch nicht zu führen; sie treten in
Konftikt mit den ersten Grundsätzen über unerlaubte Handiungen, welchen man dadurch zu heben ver-
meint, daß man dort in Abrrde stellt, daß die Besitzstörungsklage zu den Delikteklagen gehöre. (Entsch.
Bd. XVIII, S. 16.) Damit sind jedoch die einmal anerkannten und thatsächlich senstehonren Rechts-
institute nicht umzustoßen. (4. A.) In einem jüngeren Erk. v. 18. März 1857 sagt das Obertr., daß,
wenn die gegen die Vorschrift des Machtgebers vom Bevollmächtigten vorgenommenen Handlungen eine
Besiöstörung enthalten, der Machtgeber der desfalle gegen ihn selbst angestellten Klage die Einrede der