Von Gewahrsam und Besitz. 351
§. 149. Auch gehen diese Rechte auf die Erben des Entsetzten über.
S. 150. Alle Rechte, welche demjenigen beigelegt sind, der seines Besitzes durch
Gewalt, heimlich oder mit List entsetzt worden, kommen auch dem zu, welcher in sei-
nem Besitze solchergestalt?) zur Ungebühr??) gestört wird?2).
mangelnden Passivlegitimation nicht entgegensetzen könne. Hier erscheint ja aber der Machtgeber gar
nicht als Störer.
(4. A.) Der Besitzstörer kommt dadurch, daß er dasjenige Grundstück, als dessen Besitzer er die
Besitzstörung gegen den Anderen unternommen hat, vor Anbringung der Possessorienklage verkauft,
nicht aus der Sache. Erk. des Obertr. vom 12. Juli 1858 (Arch. f. Rechtsf. Bd. XXIX, S. 319).
90°) (5. A.) Dem Bekl. steht der Einwand, der Kläger selbst habe den Besitz gegen seinen Vor-
besitzer (einen Dritten in Beziehung auf den Bekl.) fehlerhaft ergriffen (exceptio ex jure tertüh, nicht
zu. Erk. dess. vom 12. Januar 1866 (Arch. f. Rechtef. Bd. LXI1, S. 320).
91) Dieses Gesetz bezieht sich, wie man sieht, auf das interdietum retinendse possessionis, also
auf die Srühstrungen, welche nicht die Entziehung des Besitzes zur Folge haben. Dergleichen
Störungen können nach R. K. nur durch Thätlichkeiten bewerkstelligt werden, doch genügt dazu schon
die Androhung künftiger Thätichkeiten, wie bei der Negatorienklage die bloße Behauptung eines
Reches. Das Obertribunal zwar ist anderer Meinung nach dem Pr. 1252, vom 16. Januar 1843:
„Bloße mündliche Drohungen, eine Besitzstörung vernehmen zu wollen, enthalten für sich selbst noch
nicht eine wirkliche Besitzstorung.“ (3. A.) Und eine Entscheidung v. 22. Febr. 1854 (Arch. f. Rechtef.
Bd. XII. S. 164) fordert zur Turbation ein thatsächliches irgend wie aktiv sich äußerndes Einschreiten,
eine auf den äußeren Zustand thätig einwirkende und ihn verändernde Handlung, so daß das, wenn
auch schriftlich und unter eventueller Drotung, von Thätlichkeiten erfolgte Bestrriten eines Rechts dahin
u rechnen sei. Damit stimmt jedoch nicht Überein die jüngere Entsch. vom 20. Febr. 1856 (Emsch.
d. XXXII. S. 33), nach welcher ein Berbot des Fischens unter Androhung von Mißhandlungen eine
wirkliche Besitzstörung sein soll. Das ist es in der That nach dem hier von mir vertretenen Grund-
satze, keinesweges aber nach dem Grundsatze des Obertribunals. Doch soll nach dessen Meinung dieses
allerdings zutreffen. Denn „der vorliegende Fall liegt anders (als jene beiden Fällc). Das Verbot
ist an Ort und Sielle gegen die in der Ausübung des Rechts befindlichen Personen und unter An-
drohung von Mißdandlungen erfolgt. Die Fischer mußten daher annehmen, daß der Verklagte, wenn
vom Firn nicht abstanden, unminelbar zu Thätlichkeiten schreiten und sie zwingen werde, dem
rbote Folge zu leisten. Der Verklagte hat sich demnach nicht bloß einer, ein künftiges Ereigniß be-
teffenden Drohung, wie die obengedachten Entscheidungen voraussetzen, sondern eines thatsächlichen Ein-
schreitens gegen die in der Ausübung Pestrner Personen schuldig gemacht.“ Diese Beweisführung
stellt durchaus nicht einen solchen Fall sest, welchen die Anwendung des von dem Obertr. behaupteten
Grundsatzes voraussetzt; vielmehr verliert sich das Obertr. ganz und gar in die Durchführung des ge-
gentheiligen Grundsatzes. Denn „ein thatsächliches Einschreiten“ überhaupt genügt zur Begründung
des Interdikts nach dem Prinzipe des Obertr. keinesweges, sonst würden ja bloße Worte und Mienen,
die ja auch gezrumürüge Tharsochen, nicht ein künftiges Ereigniß find, hinreichen, folglich würde keine
ndsätzliche Meinungsverschiedenheit vorhanden sein; vielmehr soll das „thatsächliche Einschreiten“ von
eenmmerr Beschaffenheit sein und eine gewisse Wirkung auf den Gegenstand äußern, nämlich: es sol-
len Thätlichkeiten, im Gegensatze von Wornen, sein, es soll „eine auf den äußeren Zustand thätig ein-
wirkende und ihn verändernde Handlung“ sein. Wo findet sich hier, in dem vorliegenden Pol-,
eine solche thätig einwirkende, den äußeren Zustand verändernde Handlung? Bloße Worte sind gesal-
len, weites ist nichts geschehen; solglich ist das Obertr. unversehens von seinem Prinzipe abgekommen.
Das interdictum retinendae possesslonis wird hiernach von ihm nicht gleichmäßig angewendet und
nach seiner rechtlichen Natur nicht richeig. gewürdigt. — Dieses befiyschlltende Klagerecht ist aber für
den Besitz ganz das Nämliche, was die Negator#enklage für das Recht, und die ungleiche Beurtheilung
in der Begründung und Zulassung ist ein Verstoß gegen die juristische Logik. Dagegen sind intellek-
tuelle Störungen durch Behauptung eines Reches und Aeußerungen ohne Androhung von Gewatt nie-
mals Besitzstörungen, und es ist auffallend, wie sich die Ensscheidung des Obertr. v. 17. Febr. 1842
mit dem Beweise des Satzes, daß der Besitz durch Anstellung einer Klage nicht gestört werden könne,
u bemühen vermag. (Ulrich, Arch. Bd. XI. S. 420.) (4. A.) Ob eine Denunziarion als eine Be-
Estörung anzusehen sei, hängt davon ab, ob die Denunziation so angetdan ist, daß der Besiver ohne
Possessorienklage sich nicht in seinem Besitze zu hatnen vermag, z. B. wenn der Besitzer eines Wald-
hütungsrechts wegen Hürens von dem Förster denunzürt und ihm ein Pfandgeld abgesordert wird;
und der Strafrichter ihm auf den Einwand des Rechts eine Frist zur Ausführung desselben setzt.
Würde dem Besitzer hier das possessorische Rechtsminel nicht zugestanden, so müßte er sich zur Erle-
gung des Pfandgeldes verurtheilt und in Folge dessen aus dem Besitze gesetzt sehen. In solchem Falle
ist also die Denunziation eine Turbation, gegen welche das possessorische Schutzmittel anwendbar ist.
Pr. des Obertr. v. 20. Febr. 1857 (Entsch. Bd. XXXV. S. 22). (5. A.) Ein analoger Fall ist fol-
gender. Ein Grundbesitzer wurde Über Ansübung einer seinem Grundstücke angeblich zustehenden Fahr-