Einschrän-
kungen des
Eigenth
enthü-
mers bei dem
Bauen.
384 Erster Theil. Achter Titel.
§. 65. In der Regel ist jeder Eigenthümer seinen Grund und Boden mit Ge-
bäuden zu besetzen oder sein Gebäude zu verändern wohl befugt.
§. 66. Doch soll zum Schaden oder zur Unsicherheit des gemeinen Wesens, oder
zur Verunstaltung der Städte und öffentlichen Plätze, kein Bau und keine Verände-
rung vorgenommen werden 395).
§. 67. Wer also einen nenen Bau in Städten 3P#) anlegen will, muß davon
zuvor der Obrigkeit zur Beurtheilung Anzeige machen 10).
8. 68. Bei der anzustellenden uifun muß die Obrigkeit zugleich dahin sehen,
daß durch eine richtige und vollständige Beschreibung des abzutragenden Gebäudes,
nach seiner Lage, Grenzen und übrigen Beschaffenheit, künftigen Streitigkeiten von
- in Ansehung des Winkelrechts und sonst, möglichst vorgebeugt
werde 11).
§. 69. Vorzüglich ist eine besondere obrigkeitliche Erlaubniß ##) nothwendig,
wenn, es sei in Städten oder auf dem Lande, eine neue Feuerstelle 42) errichtet, oder
eine alte an einen andern Ort verlegt werden soll.
§. 70. Bauherren und Baumeeister, welche dieser Vorschrift S. 69) zuwider han-
deln, haben jeder eine Polizeistrafe bis zu funfzig Thalern oder Gefängniß
bis zu sechs Wochen 42) verwirkt; selbst wenn der Bau an sich untadelhaft befun-
den werden sollte.
8. 71. In allen Fällen, wo sich findet, daß ein ohne vorhergegangene Anzeige
unternommener Bau schädlich oder gefährlich für das Publikum sei, oder zur groben
Verunstaltung einer Straße oder eines Platzes gereiche, muß derselbe nach der Anwei-
sung der Obrigkeit geändert werden.
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führungegeser. — (4. A.) Nachdem dieser Art. 42 wieder ausgehoben worden (G. v. 14. April 1850,
G. S. S. 353), ist die alte gutsherrliche Ortspolizei-Obrigkeit von Neuem bestätigt. G. d. 14. April
1856 (G.S. S. 354).
392) 6. A.) Die Vorschrift des §. 66 betrifst lediglich den Fall, wo der beabsichtigte Bau unter
der Voraussetzung, daß der Grund und Boden dem Baueuden gehört und verdleibt, also unter den
schon bestehenden Verhältuissen eine Verunstaltung herbeiführt. Der §. 66 kann daher auf ein Sach-
verhältniß, wo die Verweigerung der Erlaubniß zum Baue auf die Vesorderung der brabsichtigten
Anlage eines neuen Stadttheils gegründet wird, nicht bezogen werden. Vielmehr ist der Fiskus den
Eigeurhümer eines Grundstückes, welchem dasselbe mit Gebänden zu besetzen, in Folge einer von der
Staatebehörde im Interesse des Allgemeinen künftig beadsichtigten Einrichtung verboten wird, zu ent-
schädigen verpflichtet, wenn nämlich, so ist nachtraglich in cinem Erk. vom 27. Febr. 1865 (Entsch.
Bd. LIII, S. 45) gesagt worden, die Maßregel eine solche ist, welche im Interesse des Allgemei-
nen erscheint; sonst haben diejenigen Ersatz zu leisten, in deren Interesse die Expropriation erfolgt ist.
Erk. des Obertr. v. 23. April 1863 (Entsch. Bo. XLIX, S. 81). Vergl. oben, Anm. 84, No. I a.
E. zu §. 75 der Einleitung, und Anm. 21, Abs. 2 zu §S. 31 d. T.
395) (3. A.) Oder auf dem Lande; denn diese Vorschrift ist durch Polizeierlasse in den einzel-
neu Provinzen auch auf die Dörfer ausgedehnt, worüber die verschiedenen Provinzial-Polizeivorschris-
ten einzusehen sind.
40) Wenn auch an der Stelle schon vorher ein Gebäude gestanden hat. Der neue Bau begreift
auch die Veränderung oder den Wiederaufbau eines Gebäudes. (3. A.) Ueber Schornsteinbauten:
unten, Anm. 90 „ zu §8. 134.
41) Ueber den Fall des polizeilichen Verbotes der Wiederbebauung einer Baustelle s. Pr. des
Obertr. 220 in der Anm. 21 zu §. 31 d. T.
41 a) (4. A.) Ein Baukonsens kann dritte Personen, an welche eine polizeiliche Verfügung gar
nicht ergangen, niemals verpflichten, im Interesse des Bauenden sich ihrer Rechte zu begeben; inso-
sern ist also ein Baukonsens als eine den Rechtsweg ausschließende olizilion Verfügung“ nicht zu
betrachten. Erk. des Obertr. v. 18. August 1856 (Emsch. Bd. XXXV„, S. 279).
Die Erfüllung der in einem Bau--Erlaubnißscheine von der Polizeibehörde gestellten Bedingung
der unentgeltlichen Abtretung von Land ün Interesse des Allgemeinen, konn wider den Willen des
Betheiligten ohne dessen Entschädigung nicht verlangt werden. Erk. des Obertr. v. 15. Sept. 1859
(Entsch. Bd. XILI, S. 95).
42) Feuerstelle heißt jedes Gebäude mit einer zur Unterhaltung des Feuers bestimmten Stätte.
42 ) Str. G. B. §. 345, Nr. 11 u. 12.